158 - Amoklauf der Werwölfe
Er versuchte, nach den beiden Kosmonauten zu sehen, aber er vermochte den Kopf nicht zu bewegen.
Aufhören! schrie alles in ihm. Warum hört dieser mörderische Andruck nicht auf? Kiwibin glaubte mit dem Zwanzigfachen seines eigentlichen Gewichtes kämpfen zu müssen. Er konnte kaum noch atmen.
Und dann, schlagartig, war es vorbei.
Brennschluß der ersten Stufe.
Schwerelosigkeit setzte ein.
Kiwibins Magen machte sich auf den Weg nach oben. Auf halber Höhe wurde er wieder gestoppt, als die zweite Stufe gezündet wurde. Erneut war der mörderische Andruck da. Kiwibin verlor die Besinnung.
Als er wieder erwachte, herrschte erneut Schwerelosigkeit.
„Du warst eine halbe Stunde weggetreten", informierte ihn Pawel Grusenko, der Zweite Pilot und Astronavigator. „Brüderchen, nimm's leicht. Wir hatten auch zu kämpfen. Dieser neue Treibstoff ist wahrlich ein Teufelszeug. Wir haben bereits eine unerhörte Geschwindigkeit."
Kiwibin räusperte sich.
Er sehnte sich nach einer anderen Art von Treibstoff. Ein Schluck Wodka würde ihm über die momentanen Unpäßlichkeiten hinweghelfen. Aber auf den Wodka mußte er die nächsten Tage ebenso verzichten wie auf seine schwarzen Zigaretten.
„Wann erreichen wir die KOSMOVEGA?" preßte er hervor.
Grusenko sah Iljuschin an. Der Kapitän der TYP-17 lächelte.
„Mach dir keine Illusionen, Brüderchen Kiwibin. Vor vier Tagen ist da nichts zu machen. Immerhin hat das Ding auch ein gewaltiges Tempo drauf, und wir werden auch einige Anpassungsmanöver fliegen müssen, die uns der Computer nicht ausgerechnet hat. Du kennst das Daumen-Peilverfahren?"
Kiwibin winkte ab.
Er hatte sich die Eroberung des Weltraums durch den Menschen wesentlich einfacher und mit weniger Strapazen verbunden vorgestellt. Vier Tage in dieser drangvollen Enge ohne Wodka und Papyrossi - das war die Vorstufe der Hölle.
„Der Teufel soll alle Dämonen holen", brummte er verdrossen.
„Es ist endgültig fehlgeschlagen", sagte Stjepan Lonkin. „Der Versuch, das Raumschiff zu reparieren, mißlang. Wir müssen das Projekt vergessen."
Er sprach in eine Kugel, die unmittelbar vor ihm aus dem Nichts entstanden war. Zakum, der dunkle Archivar und während Luguris Zurückgezogenheit der Lenker der Schwarzen Familie, hatte sich gemeldet.
Ein spindeldürrer, häßlicher Dämon. Aber er besaß unglaubliche Macht. Er hatte einst schon Asmodi gedient, und jetzt diente er Luguri. Aber diente er wirklich nur, oder strebte er nach Höherem? Auch Stjepan Lonkin, das Oberhaupt der russischen und über den gesamten Kontinent verteilten zahlreichen Werwolfsippe, vermochte Zakum nicht so recht einzuschätzen.
„Fehlgeschlagen?" höhnte Zakum aus der Kugel heraus. „Aber zuerst war es eine glorreiche Idee, nicht wahr? Nichts konnte schief gehen. Was, Lonkin, schlägst du nun vor?"
Der Dämon starrte in die Kugel, die Zakum in Lebensgröße zeigte. Es hieß, daß der Archivar sich stets nur über eine magische Kugel mit anderen in Verbindung setzte. Als der große Plan gefaßt wurde, hatten die Lonkins geglaubt, Zakum persönlich vor sich zu sehen, aber daran glaubte Stjepan jetzt nicht mehr. Wahrscheinlich waren sie einer Täuschung zum Opfer gefallen. Möglicherweise hatte Zakum eine neue Methode der Projektion ausprobiert.
„Ich? Ich schlage nichts vor", sagte Stjepan Lonkin. „Immerhin warst du es, der schließlich die Anweisungen erteilte, wie wir vorzugehen hatten. Warum hast du uns nichts von der magielosen Zone erzählt, die das Raumschiff durchflog?"
„Ihr Narren", zischte Zakum. „Ihr hättet damit rechnen müssen. Niemand kann eine magielosen Zustand vorausberechnen. Die Insassen hätten darauf vorbereitet sein und Sicherheitsmaßnahmen treffen müssen. Aber was kann man schon von Werwölfen erwarten? Ihr seid alle miteinander Narren."
Lauf du mir nur mal persönlich über den Weg, dachte Stjepan grimmig. Dann wirst du nicht mehr so große Töne spucken! Laut fragte er: „Was schlägst du denn deinerseits vor, Zakum, um diesen Fehlschlag noch in einen Erfolg zu verwandeln? Du bist doch so überaus klug und weise! Oder irre ich mich da?"
„Elender, räudiger Wolf', fauchte Zakum, der Spott, wenn er gegen ihn selbst gerichtet war, bei weitem nicht so gut vertragen konnte. „Hüte deine Zunge, oder ich reiße sie dir heraus. Ja, ich habe einen Vorschlag. Und ich erwarte, daß er ausgeführt wird. Sie sollen die Plutonium-Bombe trotz allem in Richtung Halleys Komet in Marsch setzen."
„Und wie?
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