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158 - Orguudoos Brut

158 - Orguudoos Brut

Titel: 158 - Orguudoos Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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sich dann über die Kehle.
    Aruulas Miene wurde düster. »Soll ich dir was sagen? Ihr beschäftigt euch zu viel und zu oft mit dem Tod! Der Knochen, das tote Kind im Baum, ein Stall voller Tiere, die geschlachtet werden sollen – hier riecht alles nach Verderben!«
    Jem'shiin winkte ab. »Ach, komm! Es ist kein Verlust, die blöden Jingiis nicht zu sehen. Ich zeig dir dafür was anderes, wenn du willst. Was richtig Tolles, Einmaliges! Weißt du, was ein Kamshaa ist?«
    Er hielt ihr die Tür zur Saikhanhütte auf, und Aruula trat ein.
    »Kamshaa«, wiederholte sie nachdenklich. Um ein Haar wäre sie mit Suresh zusammengestoßen, die gerade auf dem Weg zur Herdstelle war. Aruula stutzte. Sie hatte halb erwartet, die junge saikhana mit ein paar Tellern anzutreffen, oder beim Aufräumen.
    Aber Suresh hatte eine Waffe in der Hand – ein großes glänzendes Krummschwert. Ohne den Blick von der Barbarin zu lösen, wirbelte sie es ein paar Mal sehr gekonnt herum.
    Dann erst trat sie zur Seite, unergründlich lächelnd wie immer, und Aruulas Sicht wurde frei auf die anderen Frauen, die bei ihrem Eintreten hastig auseinander gerückt waren. Eine von ihnen hatte geweint, das merkte man, obwohl sie es tapfer zu verbergen suchte. Aruula senkte den Kopf.
    Das ist bestimmt die Mutter, dachte sie mitleidig. Warum nur, bei Wudan, haben sie das tote Kind in den Baum gesetzt, wo die arme Frau es jeden Tag sieht? Gab es wirklich keine andere Möglichkeit? Das muss ich herausfinden!
    ***
    Bei Tagesanbruch, in Karachoto
    Das Klackern der Spitzhacken scholl durch die Mine.
    Ennark und Thurr hatten einen Platz gefunden, der ihnen als Grabstätte für ihren Bruder Uubin geeignet erschien. Es war ein Nebenstollen, der allerdings noch freigelegt werden musste.
    Eine rostige Schienenspur, die unter einem Wall aus Fels und Geröll verschwand, hatte die Männer zu ihm geführt.
    1967 hatte sich dort ein mächtiger Brocken aus der Decke gelöst, war beim Aufprall zersplittert und hatte eine Barrikade aus Geröll aufgetürmt. Man konnte in den dahinter liegenden Stollenteil blicken, wenn man nur hoch auf die Trümmer stieg.
    Das hatte Ennark getan – und eine faszinierende Entdeckung gemacht.
    Jenseits der Barrikade liefen die Schienen weiter und verschwanden irgendwo in ewiger Dunkelheit. Weiter vorn parkte eine gut erhaltene Lore. Alle vier Eisenräder standen noch fest auf den Schienen; das Gefährt war zwar verrostet, ansonsten aber intakt.
    Es zeigt nach Nordosten, hatte Onnar zufrieden gesagt. Das ist schön! So kann Uubins Geist immer auf den Kratersee blicken. In die Heimat.
    Das Faszinierende für die Tongidds war jedoch nicht der Grubenwagen, sondern das, was verstreut im Stollen lag: alte Gerätschaften, drei Stiefel und eine nie zuvor gesehene Händehaut aus Leder. Man konnte sie überziehen. Die Tongidds fanden allerdings keinen vernünftigen Grund dafür, denn sie war heiß und kratzig und nahm einem jedes Gefühl für das, was man berührte. Aber es gab da auch ein paar kopfgroße Dinger, die wie längs halbierte Eierschalen aussahen. Die schlanke, leichte Luuja hatte übers Geröll klettern müssen, um eine davon zu bergen. Inzwischen war sie längst zurück, hatte den Fund ihren Brüdern überreicht und sich in die Vorratskammer getrollt.
    »Warum darfst du das eigentlich tragen und nicht wir?«, fragte Thurr zwischen den Schlägen seiner Spitzhacke. Onnar hatte die seltsame Eierschale untersucht, für brauchbar befunden und sich auf den Kopf gesetzt. Es war ein alter Grubenhelm, an der Seite noch mit dem Namen seines unglücklichen Vorbesitzers beschriftet. Der Tongidd lächelte.
    »Das ist mein Recht als Ältester«, sagte er, legte sein Werkzeug beiseite und begann das zertrümmerte Gestein abzuräumen. Der Wall musste durchbrochen werden, damit man Uubin in den Stollen schaffen konnte. »Aber sei unbesorgt, Thurr! Es gibt ja noch mehr davon. Du bekommst also auch eine Schale.«
    »Die sind gut, die Dinger!«, lobte Maan und klopfte an Onnars Helm. »Warum haben die Leute so was einfach liegen lassen?«
    Onnar griff in einen Hohlraum zwischen den Felsen und stutzte.
    »Vielleicht deshalb«, sagte er und zog eine Knochenhand heraus.
    Man musste es den Brüdern nachsehen: Wären sie im Bergbau tätig gewesen wie viele andere ihres Volkes, hätten sie die Zeichen richtig zu deuten gewusst und sich schleunigst verzogen. Aber die Tongidds führten ein Nomadenleben; sie nutzten Stollen nur als Quartier und hatten wenig Kenntnis

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