1582 - Herr der Unterwelt
menschenverachtend. Einfach schlimm.«
»Das kann ich mir denken.«
Wir stiegen ein. Bill und ich saßen vorn, und ich war der Fahrer.
»Was könnte er vorhaben?«, fragte Bill mich.
»Rache, Abrechnung mit jenen, die ihm etwas angetan haben. Es wäre ja nicht unser erster Fall, der auf so etwas hinausläuft. Und es wird auch nicht der letzte sein, denke ich.«
»Das sehe ich auch so, John.«
***
Dieser Willow hatte Menschen entführt und sie getötet. Man hatte ihn schließlich zur Rechenschaft gezogen und in seiner eigenen Unterwelt begraben. Jetzt war er wieder frei, und er würde seine Taten auch weiterhin durchziehen. Es war nur zu hoffen, dass er im Ort noch nicht wieder zugeschlagen hatte.
Über dieses Thema sprachen wir auf der Fahrt nach Gilfach und ließen auch die beiden auf dem Rücksitz daran teilhaben.
Jack Clinton war der Meinung, dass wir mit unseren Vermutungen richtig lagen. Irgendwelche Hinweise konnte er uns allerdings nicht geben. Er war nur froh, dass noch nichts weiter geschehen war, und hoffte, dass sich auch in der Zwischenzeit nichts getan hatte. Wenn es so gewesen wäre, hätte der Konstabler über sein Handy Bescheid bekommen.
Zumindest von seiner Frau.
Bill fragte ihn, ob er sich in ärztliche Behandlung begeben wollte.
»Bin ich eine Memme? Ich will dabei sein, wenn wir einen Toten noch mal töten.« Danach lachte er über seine eigenen Worte. Sie kamen ihm einfach zu irreal vor.
Ich hielt mich zurück, weil ich mich auf das konzentrierte, was ich vor mir sah.
Wir rollten auf Gilfach zu. Das Grün der Landschaft war noch vorhanden, es hatte sich allerdings zurückgezogen, als wollte es mit dem kleinen Ort nichts zu tun haben, der aus einer Ansammlung von Zechenhäusern bestand, deren Fassaden die graue Patina des Kohlenstaubs nicht hatten loswerden können, obwohl es manche mit einem Anstrich versucht hatten.
Es war alles fast wie früher, aber die Luft hatte sich schon verbessert und die Hügel der Abraumhalden waren wieder von der Natur erobert worden.
Als ich auf sie zu sprechen kam, sagte der Konstabler: »Ja, unter ihnen gibt es noch zahlreiche Stollen. Nicht alle sind zugeschüttet worden. Das könnte sein Reich sein.«
»Aus dem wir ihn wahrscheinlich herausholen müssen.«
»Wenn das so einfach wäre, Mr. Sinclair.«
Grace Taylor, die bisher nichts gesagt hatte, meldete sich, und ihre Wort schlugen bei mir ein wie eine mittlere Bombe.
Ich trat sogar vor Überraschung auf die Bremse und fuhr langsamer.
»Ich weiß, wo er steckt.«
Bill fuhr herum, so weit es der Gurt zuließ. »Was sagen Sie da?«
»Ich war da.«
»Bei ihm in der Höhle?«
»Ja.«
»Mein Gott. Und weiter?«
»Ich bin ihm entkommen.« Sie fing an zu schluchzen, weil die Erinnerung sie überwältigte.
Ich fuhr links an den Straßenrand und stoppte. Sie sollte in aller Ruhe berichten, was ihr widerfahren war. Das tat sie auch, und sie sprach dabei sehr leise, sodass wir die Ohren spitzen mussten, um alles zu verstehen.
Es dauerte eine Weile, bis sie sich erholt hatte. Dann kannten wir ihre fast unglaubliche Geschichte, und wir wussten auch, welch ein Glück die Frau gehabt hatte.
Ich zog so etwas wie ein Fazit. »Dann wären Sie also in der Lage, uns zu dieser Höhle zu führen?«
»Ja, das wäre ich.«
»Danke.« Ich sah einen hellen Streifen am dunklen Horizont.
Grace als Führerin war bestimmt nicht schlecht, und in unserer Begleitung würde sich auch ihre Angst in Grenzen halten. Sie brauchte ja nicht mit in den Stollen zu gehen. Sie konnte in sicherer Entfernung draußen warten, bis wir mit dem Unhold fertig waren.
Ich fuhr wieder an, und Grace bat uns, dort zu halten, wo sie ihr Zimmer gemietet hatte. Sie wollte sich frisch machen und dann etwas allein sein.
Dafür hatten wir Verständnis und setzten sie dort ab.
Grace betrat das Haus. Als sie nicht mehr zu sehen war, rückte Bill Conolly mit seinem Wunsch heraus.
»Ich würde gern mit Kate Fry sprechen, die sich an mich erinnerte und mich angerufen hat. Leider weiß ich nicht, wo sie wohnt.«
»Da kann ich Ihnen helfen«, sagte der Konstabler. »Bei ihr hat sich in all den Jahren nichts verändert. Alles sieht noch so aus wie früher. Und sie lebt allein.«
Bill nickte. »Ich bin gespannt auf sie.«
Zuvor setzten wir den Konstabler an seiner Dienststelle ab und mussten ihm versprechen, ihn auf dem Laufenden zu halten und ihm Bescheid zu geben, wenn wir losfuhren, um Willow in seinem Stollen aufzuspüren.
»Willst du das
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