1583 - Assungas tödlicher Liebling
denke ich auch.«
Suko hatte keine Fragen mehr, der Kollege Brown auch nicht, und so verabschiedeten wir uns.
Brown blieb an unserer Seite. »Ich denke, dass ich meine Pflicht getan habe und bin froh, dass ich Sie an Bord holen konnte. Wollen Sie jetzt das Ruder übernehmen?«
Ich nickte. »Ich denke schon.«
»Das würde mich freuen, denn ein derartiger Fall ist mir noch nie untergekommen. Da kann ich nur den Kopf schütteln. Auch wenn wir von Vampiren gesprochen haben, ich habe keine Ahnung, wie so etwas möglich ist. Da werden ja Albträume wahr.«
Ich erklärte ihm noch, dass Spezialisten des Yard sich um die beiden Gerippe kümmern würden.
Vielleicht ergab die Untersuchung etwas, woran ich nicht wirklich glaubte. Ich wollte nur nichts unversucht lassen.
Schweigend gingen Suko und ich zu unserem Rover zurück.
»Was kann da passiert sein, John?«
»Ich suche immer noch nach einem Motiv, kann mir bisher aber nicht mal eines vorstellen.«
»Und in der Nacht hat dich ausgerechnet Assunga angerufen.«
»Das war am Abend.«
»Egal. Erkennst du da einen Zusammenhang?«
Ich stand an der offenen Beifahrertür und wiederholte einen bestimmten Satz. »Beschütze meinen Liebling, wenn es sein muss. Das hat sie mir gesagt.«
»Und wer ist ihr Liebling?«
Ich hob die Schultern. »Wenn ich das wüsste, wären wir einen großen Schritt weiter.«
Nachdem wir eingestiegen waren, sagte Suko: »Assunga ist eine Hexe, und ich denke, dass auch ihr Liebling eine Hexe ist.«
»Ja, das sehe ich auch so.«
»Es fragt sich nur, um wen es sich dabei handelt. Wer kann ihr Liebling sein?«
»Keine Ahnung. Die Frage ist, wieso sie die Person nicht selbst beschützen kann.«
»Wenn jemand beschützt werden soll, dann wird er auch gejagt oder befindet sich in einer anderen Gefahr.«
Ich lächelte, weil ich begriffen hatte, worauf Suko hinauswollte. »Du denkst an die beiden Vampire, die sie gejagt haben könnten?«
»Genau. Und es wäre gar nicht mal so unlogisch«, fuhr er fort. »Du weißt selbst, dass Malimann, unser Freund Dracula II, und Assunga nicht gerade Busenfreunde sind. Sie hassen sich. Sie gönnen sich nichts. Erst recht keine Machtfülle.«
»Klar.«
»Es könnte also momentan ein Kampf zwischen ihnen stattfinden, in den Assungas Liebling hineingezogen worden ist.«
»Alles richtig, Suko. Aber es bleibt die Frage, wieso sie ihren Liebling nicht selbst beschützt. Die Macht dazu hätte sie allemal. Darüber denke ich nach.«
Suko startete den Motor. »Ich glaube nicht, dass wir hier und jetzt die Antwort darauf finden.«
»Richtig. Allerdings setze ich auf Assunga.«
»Du rechnest mit einem neuen Anruf?«
»Immer, wenn es um ihren Liebling geht…«
***
Rosalie hatte es geschafft. Sie war ihren Verfolgern entkommen und würde ihre Ruhe haben. Zumindest für eine gewisse Weile. Sie wusste auch, dass es sehr knapp gewesen war.
Zwar war sie stolz auf ihr Hexenfeuer, doch die beiden Blutsauger hätten sie niemals so nahe an sich herankommen lassen, dass die Flammen sie hätten erfassen können. Die beiden Tiger waren ihre Retter gewesen.
Erst mal weg.
Ein neues Versteck finden. Sich in dieser Stadt zurechtfinden. Zudem wollte sie Assunga nicht enttäuschen. Die Hexe hatte ihr Vertrauen geschenkt und sie in die Vampirwelt geschickt. Dort hatte sie ihre Feuertaufe bestanden, zumindest fast, aber danach war es nicht mehr so gut gelaufen. Sie hatte noch mal Glück gehabt, und sie glaubte auch nicht, dass Assunga ihren schützenden Mantel über sie ausbreiten würde. Sie musste sich allein durchschlagen, um stark zu werden, denn sie wollte Assunga nacheifern und irgendwann mal an ihrer Seite stehen, um zusammen mit ihr zu herrschen.
Aber sie hatten Feinde. Mal von den Menschen abgesehen, waren es die Blutsauger, die sie vernichten wollten. Bei ihnen konnte man von einer uralten Feindschaft sprechen.
Dem Gehege war sie entkommen und hatte sich auf den Weg gemacht. Wäre sie nach einem Ziel gefragt worden, so hätte sie nur die Schultern angehoben. Sie hatte keines. Zunächst mal musste sie sich bewähren, ganz gleich, wohin ihr Weg sie führen würde.
Niemand hielt sie mehr auf. Sie lief durch das erwachende London. Der Weg führte in die City, wo sie eine Bleibe gefunden hatte.
Es war ein Hotel, wo niemand sie nach dem Namen gefragt hatte.
Ein Taxi wollte sie nicht nehmen. Es war besser, wenn sie einen Bus nahm. Der Gedanke war ihr gekommen, weil sie nur wenige Meter vor sich eine Haltestelle sah.
Weitere Kostenlose Bücher