1583 - Assungas tödlicher Liebling
Zugleich hörte sie den Bus, der sich ihr näherte.
Rosalie wartete, bis der Doppeldecker gehalten hatte, stieg ein, erwarb beim Fahrer ein Ticket und ging durch den Mittelgang. Kaum ein Platz war besetzt. Sie konnte sich einen Sitz aussuchen, den sie im hinteren Teil des langen Wagens fand.
Nicht weit entfernt saßen zwei junge Typen, die um diese Zeit bereits Schnaps tranken und sich dabei recht laut unterhielten.
Darum kümmerte sich Rosalie nicht. Sie war froh, es bis hierher geschafft zu haben, und sie verspürte den Wunsch, die Augen zu schließen und alles noch einmal an sich vorbeilaufen zu lassen.
Ruhe, Entspannung. Zumindest auf der Strecke in die City, wo ihr Versteck lag. Es war durchaus möglich, dass Assunga mit ihr in Kontakt treten würde, und Rosalie war gespannt, wie die mächtige Hexe es aufnehmen würde, wenn sie hörte, dass sie die beiden Vampire vernichtet hatte. Dass die beiden Tiger einen entscheidenden Anteil daran hatten, musste sie ihrer Herrin ja nicht auf die Nase binden.
Allerdings glaubte Rosalie nicht, dass auch weiterhin alles so glatt ablaufen würde. Einer wie Dracula II würde schäumen und den Tod seiner beiden Kreaturen nicht so ohne Weiteres hinnehmen.
Kaputt oder müde fühlte sie sich nicht. Da die Fahrt länger dauern würde, konnte sie ruhig die Augen schließen und die kurze Erholung genießen.
Assunga hatte ihr das Hexenfeuer gegeben. Es hatte ihr wahrscheinlich das Leben gerettet, auch wenn die Raubkatzen die Vorarbeit geleistet hatten.
Der Dank an die Tiere begleitete sie. Trotz der geschlossenen Augen sah sie die gestreiften Raubkatzen vor sich. Sie hatten einfach wunderbar ausgesehen.
In ihnen verbanden sich Kraft und Anmut. Allein die Bewegungen waren so kraftvoll und zugleich geschmeidig.
Etwas stich an ihrer Nase entlang. Ein übler Geruch. Nach billigem Gin stank es, und sofort war Rosalie alarmiert. Den letzten Halt hatte sie praktisch verdöst, jetzt aber schaute sie auf und drehte ihren Kopf nach rechts.
Im Gang standen die beiden Typen aus dem hinteren Teil des Busses. Eklige Gestalten mit fettigen Haaren und einem schmierigen Grinsen auf den Lippen.
»He, Süße, ich wusste gar nicht, dass du so ein Schnuckelchen bist. Wie wäre es, wenn du dich hierher zu uns auf die Bank setzt? Wir könnten eine Menge Spaß miteinander haben.«
Der Sprecher beugte sich zu ihr herab. Sein Gesicht kam näher, und Rosalie erkannte die dicke, unförmige Nase, die wohl einen heftigen Schlag erhalten hatte.
»Nein, ich will nicht.«
»Ehrlich nicht?«
»Das habt ihr doch gehört.«
Der zweite Typ hielt sich im Hintergrund. Er wollte offenbar noch nicht eingreifen. Erst wenn es nicht mehr ging. So nahm er einen Schluck aus der Flasche und wartete ab.
Der Sprecher schwankte, was nicht nur an den Bewegungen des Busses lag. So betrunken war er nicht, als dass er die Absage nicht verstanden hätte. In seine Augen trat ein böses Glitzern, als er sagte: »Man schlägt mir keine Wunsch ab. Hörst du?«
»Geht wieder an eure Plätze.«
»Klar, aber nur mit dir.«
»Lasst es lieber.«
Der Typ lachte. Er übersah den Blick der Hexe. Rosalie wusste jetzt, dass die Kerle nicht mit normalen Mitteln zur Vernunft gebracht werden konnten. Sie musste etwas dagegen tun. Noch wartete sie ab und hoffte, dass die Kerle einen Rückzieher machen würden.
Es war vergeblich.
Eine Hand packte ihren rechten Arm. Es war ein Klammergriff, und Rosalie wurde von ihrem Sitz gezogen. Dabei gelang ihr ein Blick in den langen Bus.
Die anderen Fahrgäste schauten stur geradeaus. Sie wollten nichts mitbekommen.
»Du sollst mich loslassen!«
»Nein!«
»Ich warne dich zum letzten Mal. Es ist ein Fehler. Wenn du dich mit mir anlegst, könnte es dein Tod sein.«
Die Antwort überraschte den schmierigen Kerl. Er fand keine Gegenantwort und wurde wütend.
Sein Gesicht nahm einen fiesen Ausdruck an, während der erste heiße Schauer durch Rosalies Körper rann. Es geschah genau in dem Arm, der von der Hand des widerlichen Typen festgehalten wurde.
Mir einem Ruck zerrte der Bursche Rosalie an sich heran. Es war der Augenblick, an dem sich die Hexe zu wehren begann. Ihre rechte Hand verwandelte sich in einen glühend heißen Gegenstand, und der Kerl schrie dabei auf. Er ließ Rosalie los und wollte auf seine Handfläche starren. Dazu kam er nicht mehr, denn die Hand der jungen Hexe schien ein Eigenleben zu führen, und die Flammen, die auf ihr tanzten, ließen sich nicht stoppen. Sie jagten
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