1583 - Assungas tödlicher Liebling
Lippen abgelesen. Ich sah auch, dass er blasser geworden war. Seine Wangen zuckten.
»Ich weiß, dass es für Sie schwer zu fassen ist. Für uns gibt es aber keine andere Erklärung. Warum sich diese Wesen hierher in das Freigehege verirrt haben, kann ich Ihnen nicht sagen. Gehen wir einfach davon aus, dass es so gewesen ist.«
»Und das mitten in London«, flüsterte er. Er schüttelte den Kopf und sagte dann mit leiser Stimme:
»Diese beiden Wesen waren bewaffnet. Wir haben so etwas wie Säbel bei ihnen gefunden. Können Sie sich darauf einen Reim machen?«
»Im Moment noch nicht.«
»Und ich dachte immer, dass Vampire keine Waffen brauchen. Denen reichen ihre Zähne. So jedenfalls sieht man es immer in den entsprechenden Filmen.« Er deutete auf die zerfallenen Körper, von denen nur noch das Skelett übrig geblieben war. »Oder gibt es da Unterschiede? Wenn ja, müssten Sie es doch wissen.«
»Nein, Mr. Brown. Im Prinzip ist immer alles gleich. Und trotzdem kann man sagen, dass auch die Wiedergänger mit der Zeit gegangen sind.«
Ich sah, wie es ihn schauderte und ich verstand ihn sehr gut. Es war nicht einfach für einen Menschen, der es gewohnt war, sich in seinem Job an Fakten zu halten, das alles als gegeben zu akzeptieren.
Aber auch ich hatte in diesem Fall meine Probleme.
Es ging um die beiden Waffen. Weshalb hatten die beiden Vampire sie bei sich getragen? Normalerweise brauchten sie so etwas nicht. Sie selbst waren Waffe genug. Um sich zu verteidigen, reichten ihnen ihre Zähne. Und wenn jemand ihnen eine Kugel in den Leib jagte, dann würden sie auch überleben.
Dennoch war es ihnen nicht gelungen, sich gegen die beiden Tiger zur Wehr zu setzen und das trotz der Waffen.
Was war hier geschehen?
Suko erkannte an meinem Gesichtsausdruck, wie scharf ich nachdachte. Er sagte: »Einer der Tiger ist durch die Stichwaffe verletzt worden. Also haben sie sich gewehrt.«
Brown hatte ihn ebenfalls gehört. »Stimmt. Um das Tier kümmert sich bereits ein Tierarzt. Es hat eine Narkose bekommen. Seine Wunde ist nicht lebensbedrohend. Ich würde viel darum geben, wenn ich wüsste, was hier genau geschehen ist.«
»Ich auch«, gab ich zu.
Suko fragte: »Und was ist mit dem Zeugen, der alles entdeckt hat?«
Brown räusperte sich. »Sie meinen Lee Wilson?«
»Genau.«
»Er stand natürlich unter Schock. Später ging es dann. Wenn Sie wollen, können Sie mir ihm sprechen.«
»Wollen wir, John?«, fragte Suko.
Ich nickte. Nach einem letzten Blick über das Freigelände drehte ich mich um. Nachdenklich gingen wir nebeneinander her in den Steinbau und betraten dort einen kleinen Raum, in dem allerlei Dinge standen, die ein Tierpfleger benötigte. Verschiedene Besen, auch Eimer und lange Stangen, an denen die Fleischstücke hingen, wenn sie den Tigern gereicht wurden. Es gab auch eine Liege. Auf ihr saß Lee Wilson. Er hielt mit beiden Händen eine Wasserflasche umklammert, aus der er hin und wieder einen Schluck nahm.
Als wir zu dritt den kleinen Raum betraten, schaute er hoch, sagte aber nichts. Ein kleines Fenster gab es auch.
Es stand offen, sodass frische Luft eindringen konnte.
Suko und ich stellten uns vor.
Der Pfleger nickte nur und sagte: »Noch mehr Polizei?«
Ich lächelte. »Wir können es nicht ändern. Es ist ein ungewöhnlicher Fall.«
Wilson ging augenblicklich auf Gegenkurs. »Mit dem ich nichts zu tun habe. Ich war nicht beteiligt, das müssen Sie mir glauben. Ich habe das alles nur entdeckt.«
»Das wissen wir.«
»Und?«
Ich lächelte. »Könnte es sein, dass Ihnen in der Zwischenzeit noch etwas Wichtiges eingefallen ist, Mr. Wilson?«
Er strich über seinen Nasenrücken und schüttelte dann den Kopf. »Nein, da können Sie fragen, was Sie wollen. Es gibt wirklich nichts Neues. Das kann ich beschwören.«
»Würden Sie uns Ihre Geschichte noch mal erzählen?«
Er sah mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Er redete trotzdem, und wir hörten tatsächlich nichts Neues. Für ihn schien nur wichtig zu sein, dass seine beiden Tiger überlebt hatten.
Mit den beiden Skeletten konnte er nichts anfangen. Er hatte auch nicht gesehen, wie sie in diesen Zustand geraten waren.
»Ich kann mir das alles nicht erklären, Sir.«
»Und eine weitere Person haben Sie nicht gesehen? Ist Ihnen kein Fremder aufgefallen?«
»Nein, nichts. Aber der Anblick hat mich in Angst versetzt, verstehen Sie? Und diese Angst ist noch nicht vorbei. Ich brauche erst mal eine Pause.«
»Ja, das
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