1583 - Assungas tödlicher Liebling
bekleidet und trug halbhohe weiche Schuhe.
»Dürfen wir eintreten?«, fragte ich.
»Bitte.«
Wir betraten ein Zimmer, das man als ein viereckiges Loch bezeichnen konnte. Es gab ein recht kleines Fenster, hinter dem sich bereits die Schatten der Dämmerung zeigten.
Als Suko die Tür geschlossen hatte, stellte ich uns noch mal vor und erntete ein Lächeln.
»Ich bin froh, dass Sie da sind.«
»Du kannst John sagen.«
»Und ich bin Suko.«
»Ja, danke.«
Sie hatte sich auf die Bettkante gesetzt und blickte uns an. Dabei bewegten sich ihre Augen zwinkernd. Eine gewisse Unsicherheit konnte sie nicht verbergen.
Mein Kreuz hing versteckt unter der Kleidung vor meiner Brust. Es warnte mich nicht, und auch Rosalie schien seine Ausstrahlung nicht zu bemerken, denn sie gab sich völlig normal und auf keinen Fall ängstlich.
»Dann wäre es interessant zu wissen, wie es nun mit uns weitergeht«, sprach ich sie an.
In ihre dunklen Augen trat ein unsicherer Ausdruck. »Das weiß ich auch nicht.«
»Hat Assunga dir keinen Vorschlag gemacht?«
»Was hätte sie denn sagen sollen?«
»Na ja, sie ist ja nicht dumm. Sie hätte uns einen Ausweg zeigen können. Du willst doch sicherlich nicht allein bleiben oder nur in unserer Gesellschaft, deshalb stellt sich uns die Frage, wohin wir dich bringen sollen.«
»In Sicherheit.«
Nach dieser Antwort musste ich lachen.
»Das ist gut und schön«, sagte ich schließlich. »aber nenne uns einen Ort.«
Sie hob die Schultern. »Ich weiß nur, dass man mich jagt. Es sind die Blutsauger, die mich vernichten wollen, um Assunga zu zeigen, wie stark sie sind.«
»Gut, das begreifen wir«, sagte Suko und fragte: »Warum beschützt Assunga dich nicht? Das wäre ihre Pflicht, meine ich, denn sie nannte dich ihren Liebling.«
»Ich soll mich allein durchboxen«, sagte sie. »Ich muss selbst mit meinen Feinden fertig werden.«
»Wie im Zoo, nicht?«
Sie senkte den Blick.
Suko blieb am Ball. »Was ist dort genau passiert?«
»Ich habe Glück gehabt.«
»Und wie?«
»Es waren die beiden Tiger, die mir halfen.« Sie wusste genau, dass wir mehr erfahren wollten, und so erfuhren wir in den nächsten Minuten die ganze Geschichte, die wir uns auch anhand des Tatorts hatten zusammenreimen können. Aber es war schon interessant, den Tathergang aus ihrem Mund zu erfahren. So konnten wir davon ausgehen, dass die Blutsauger erst richtig vernichtet worden waren, als es hell geworden war.
Da sich die junge Hexe einmal entschlossen hatte zu reden, erfuhren wir auch, dass sie zwei Typen in Brand gesteckt hatte, die sie im Bus belästigt hatten.
Wir sagten nichts dazu, aber für uns stand fest, dass ihr äußeres Erscheinungsbild täuschte. Sie war nicht so harmlos, wie sie auf die Menschen wirkte, und sie gab auch zu, dass in ihrem Innern das Hexenfeuer loderte.
»Und deshalb jagen dich die Vampire«, fragte ich, »nur um das Feuer zu löschen?«
»Nein, es gibt einen anderen Grund. Und der ist noch viel wichtiger.«
»Wir sind gespannt.«
Sie dachte noch eine Weile nach und rückte mit einer Geschichte heraus, die für uns eine Überraschung darstellte.
Assunga hatte sie in die von Mallmann beherrschte Vampirwelt geschickt, um dort zu spionieren.
Das hatte fast geklappt. Erst ganz zum Schluss war sie entdeckt worden, aber sie hatte es geschafft, noch rechtzeitig zu fliehen.
Suko und ich warfen uns einen Blick zu. Dabei dachten wir wohl das Gleiche.
Was Rosalie geschafft hatte, war schon ein hartes Stück. Ihren Auftrag hatte sie gut erfüllt, aber sie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Mallmanns Schergen sie auch nach ihrer Flucht aus der Vampirwelt weiterhin jagen würden.
Und wir sollten sie beschützen.
Ein raffiniert ausgeklügelter Plan der Oberhexe Assunga. Das war schon ein Hammer, denn sie wusste genau, wie sehr wir die Vampire hassten. So schlug sie zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen wurde ihr Liebling beschützt, zum anderen sollten wir unter den Vampiren aufräumen.
»Jetzt wisst ihr alles«, sagte sie leise.
»Ja.« Ich nickte. »Doch wir fragen uns, wie wir dich sehen sollen. Du bist nicht so schutzlos. Du hast zwei Menschen durch deine Hexenkraft getötet. Also bist du für uns eine Mörderin.«
Sie antwortete mit einem glucksenden Lachen. »Wollt ihr mich deswegen einsperren?«
»Das müssten wir eigentlich tun«, erklärte ich ihr. »Aber wir wissen auch, dass Assunga es nicht zulassen würde. Dank ihrer Macht wäre es ihr ein Leichtes, dich zu
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