1583 - Assungas tödlicher Liebling
stand dort in einer wachsamen Haltung. Der Zuhälter hatte unsere Warnung verstanden und war nicht wieder zurückgekehrt. Auch von seinen Leibwächtern war nichts zu sehen. Einer von ihnen würde sicherlich noch schlafen.
Die Treppe war nicht so breit, als dass zwei Personen hätten nebeneinander gehen können. Deshalb ging ich vor, und Rosalie befand sich auf der Stufe hinter mir.
Als wir den Bogen erreichten, hielt sie plötzlich an. Ich sah, dass sie ihren Kopf senkte und zugleich nach rechts drehte, um einen besseren Blickwinkel zu haben.
Was für sie so interessant war, sah ich sofort, als ich selbst hinschaute.
Hinter der Theke lag eine Gestalt und rührte sich nicht. Ich konnte einen Teil der Beine erkennen und stellte fest, dass es sich um eine Frau handelte. Auch das Kittelkleid kannte ich. Margie hatte es getragen.
Rosalie drehte mir ihr Gesicht zu, nachdem sie auf der Stufe eine Kehrtwendung vollführt hatte. Mit kaum verständlicher Stimme sagte sie: »Das ist Margie, nicht?«
»Sieht so aus.«
»Ist sie tot?«
»Zumindest bewegt sie sich nicht mehr«, erwiderte ich leise.
Suko hatte die Frau nicht gesehen. Er wunderte sich nur darüber, dass wir nicht weitergingen.
»Was habt ihr?«
Ich sagte es ihm.
»Moment.« Er setzte sich in Bewegung, und wir gingen ebenfalls den Rest der Stufen hinab.
Als wir die Treppe hinter uns gelassen hatten, war Suko schon hinter dem Tresen verschwunden. Da er sich gebückt hatte, war er für uns nicht zu sehen. Er kam aber schnell wieder hoch, und ich sah seinem Gesicht an, dass etwas Ungewöhnliches geschehen sein musste.
Bevor ich ihn fragen konnte, sagte er: »Sieh selbst nach, John.«
Ich ging hinter die Anmeldung und betrachtete die Frau, die auf dem Rücken lag. Den Kopf hatte sie zur rechten Seite gedreht. So lag die linke Halsseite frei.
Und dort entdeckte ich die Wunden.
Sie war gebissen worden, aber nicht von einem Tier, sondern von einem Vampir…
***
Sie waren also schon da!
Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, und er ließ mich für einen Moment zur Bewegungslosigkeit erstarren.
Sie wussten also genau, wo sich Rosalie aufhielt, und hatten ihre Konsequenzen gezogen.
Sie waren da. Und ich glaubte nicht, dass es sich nur um einen einzelnen Vampir handelte. Das waren sicherlich mehrere.
Rosalie hatte sich bisher zurückgehalten. Sie stand auch nicht mehr hinter mit, sondern vor dem Tresen, über den sie sich beugte und einen Blick dahinter warf.
Es vergingen nicht mal zwei Sekunden, da drang ein leiser Schrei aus ihrer Kehle. Ihre Hände krallten sich an den Kanten der Theke fest. Als sie sich wieder aufgerichtet hatte, schaute sie mich an.
»Es war ein Vampir - oder?«
Suko antwortete ihr. »Ja, so sieht es aus. Er hat ihr Blut getrunken, um sich zu stärken, und du weißt, was mit dieser Frau hier geschehen muss.«
»Töten!«, zischte sie.
»Nein«, sagte Suko. »Erlösen, das ist es. Wir müssen ihr dieses untote Dasein ersparen.«
»Und dann?«
»Sehen wir weiter.«
Ich hatte mich bereit gemacht und war dabei, mein Kreuz hervorzuholen. Wir hätten auch schießen können oder es mit der Dämonenpeitsche versuchen, aber ich wollte, dass Rosalie mein Kreuz sah, und war gespannt, wie die junge Hexe darauf reagierte.
Sie schaute mich an und ahnte auch wohl, dass ich etwas Bestimmtes vorhatte.
Das Kreuz fühlte sich zwar warm an, aber das konnte auch an meiner Körpertemperatur liegen.
Sichtbar hielt ich es in der Hand.
Rosalie wich etwas zurück. Dabei schaute sie mit skeptischen Blicken auf meinen Talisman, aber sie fürchtete sich nicht vor ihm.
»Nun, was sagst du?«
»Ich kenne es.«
»Woher?«
»Assunga hat davon gesprochen und mich auch gewarnt. Es soll sehr mächtig sein, wenn es seine Kraft entfaltet.«
»Das kann man wohl sagen. Aber hier muss ich es nicht aktivieren. Du musst keine Sorgen haben.«
»Das habe ich sowieso nicht. Du bist schließlich zu mir gekommen, um mich zu beschützen.«
Ich erwiderte nichts darauf. Dann ging ich hinter die Theke. Suko wartete am Kopf ende der Frau darauf, dass sie erlöst wurde.
Ich beugte mich über sie. Noch lag sie still. Der magische Keim musste erst wirken, und das dauerte eine Weile. Wenn sie dann erwachte, war sie zu einer Wiedergängerin geworden.
Ich visierte ihre Brust an und brauchte das Kreuz nicht einmal auf die nackte Haut zu legen. Der Kleiderstoff hielt nichts ab. Die Berührung war kaum geschehen, da setzte die Kraft meines Talismans sofort ein. Die
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