1584 - Seelenlos
sie auf den Körper der dunkelhaarigen Frau zeigte.
Bewusstlos war Julia nicht geworden. Aber sie würde Probleme haben, sich zu erheben. Leicht verkrümmt lag sie am Boden. Über ihre Lippen drang ein Stöhnen. Hätte Jane Handschellen bei sich gehabt, hätte sie Julia gefesselt.
So aber nahm sie auf der Bettkante Platz und richtete die Beretta auf den Körper der jungen Frau.
Das gelbe Licht in den Augen war nicht verschwunden. So leicht ließ sich der dämonische Einfluss nicht vertreiben. Jane musste die entsprechende Geduld aufbringen, wobei sie hoffte, dass Julia irgendeinen Grad der Vernunft erreicht hatte.
»Kannst du aufstehen?«
»Mein Kopf…«
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben.«
Sie richtete sich auf, bewegte sich dabei langsam und stierte dabei auf ihre rechte Hand, die jetzt leer war.
Jane war der Blick nicht entgangen. Mit einem ironischen Beiklang in der Stimme sagte sie: »Wenn du die Pistole suchst, schau mich an.«
Julia hob tatsächlich den Kopf. Sie sah nicht nur das Gesicht der Detektivin, sondern auch in das runde Loch der Mündung, die auf sie gerichtet war.
»Die Vorzeichen haben sich geändert«, erklärte Jane. »Jetzt bin ich am Drücker.«
»Willst du mich erschießen?«
»Es kommt darauf an.«
Julia lachte hässlich. »Du kannst es ja versuchen. Es ist mir völlig egal. Ich bin nicht mehr wie du. Ich bin eine andere Person geworden. Ich diene einer neuen, aber auch uralten Macht. Das solltest du allmählich begreifen.«
»Der Hölle?«
»Auch.«
»Und wem sonst noch?«
Sie drückte sich leicht in die Höhe und fing an zu knurren. Wahrscheinlich wollte sie danach eine Antwort geben. Dazu kam sie nicht mehr, denn Janes Handy meldete sich.
Die Detektivin konnte sich den Blick auf ihr Display sparen, sie wusste auch so, wer da anrief. Die Beretta hielt sie weiterhin in der Hand und ließ Julia nicht aus den Augen, als sie sich meldete.
»John?«
»Klar.«
»Wo bist du?«
»Unten an der Rezeption.«
Ein Strahl der Erleichterung durchschoss die Detektivin.
»Das ist wunderbar. Dann komm so schnell wie möglich hoch. Ich denke, dass du hier gebraucht wirst…«
Ich steckte mein Handy wieder ein und dachte über die Begrüßung nach. Jane hatte erleichtert geklungen. Es konnte durchaus sein, dass sie einige Probleme hatte.
Ihre Zimmernummer hatte man mir bereits gegeben. Ich bedankte mich noch mal und ging hoch in den ersten Stock, wo meine alte Freundin wohnte.
Dabei schoss mir einiges durch den Kopf. Nur war es schwer, meine Gedanken in eine Richtung zu lenken. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, welche Probleme Jane Collins hatte.
Na ja, gleich würde ich es wissen.
Ich klopfte kurz an, dann drückte ich die Tür auf, schaute in das Zimmer - und meine recht gute Stimmung war von einem Augenblick zum anderen verschwunden, als ich das Bild sah, das sich meinen Augen bot.
Jane Collins war im Moment nicht interessant für mich. Da gab es noch eine junge Frau, die auf dem Boden hockte und auf den zweiten Blick ihr menschliches Aussehen verloren hatte.
Gelbes Licht hatte ihre Augen übernommen. Es gab keine Pupillen mehr, und ich stellte fest, wie sehr diese Veränderung ein menschliches Gesicht entstellen konnte.
In diesem Moment wurde mir klar, dass mein Trip nach Basel kein Spaziergang werden würde, und in meiner Brust zog sich etwas zusammen, das mir das Atmen erschwerte.
Jane bedrohte die mir fremde junge Frau mit ihrer Beretta. Ich sah eine Lampe am Boden liegen, die eigentlich auf den Schreibtisch gehört hätte, und ging davon aus, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war und eventuell ein Kampf stattgefunden hatte.
Die Tür war wieder zu. Wir waren unter uns, und die Erleichterung war Jane Collins anzumerken.
»Das hätte ins Auge gehen können. Ich habe Glück gehabt, dass ich noch lebe«, flüsterte sie.
»Wieso?«
»Dieses nette Geschöpf dort wollte mich mit meiner eigenen Waffe erschießen. Es hat nur übersehen, dass die Beretta nicht entsichert war. So konnte ich sie wieder in meinen Besitz bringen.«
»Das hört sich nach einer längeren Geschichte an.«
»Willst du sie hören?«
»Ich denke schon.«
Da Jane ihre Waffe festhielt, ließ ich meine Beretta stecken und lauschte ihren Worten. Ich war es gewöhnt, unglaubliche Geschichten zu hören, und auch diese hier passte in die entsprechende Kiste.
»Und so hat der Mann, mit dem ich mich treffen wollte, bereits ein erstes Erbe hinterlassen«, sagte Jane am Ende
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