1584 - Seelenlos
berührte, aber nicht veränderte.
Auch das Licht oder den Lichtstrahl, von dem Jane Collins gesprochen hatte, entdeckte ich nicht.
Aber es war etwas vorhanden, sonst hätte mich mein Kreuz nicht gewarnt.
Es blieb dabei. Einen Angriff erlebte ich nicht. Dennoch war hier einiges nicht in Ordnung. Eine finstere Macht hatte den Basilisken übernommen und wollte sich nun gegen die Menschen wenden, um sie in ihre Gewalt zu bekommen.
Ich schaute noch mal hoch. Die grässlichen Fratzen glotzten auf mich nieder, als wollten sie sich jeden Moment lösen und mich anspringen. Das trat nicht ein. Alles blieb so, wie es war und schon seit langer Zeit so stand. Wichtig war nur das, was nicht zu sehen war. Das Böse, das in diesem Horrorwesen steckte.
Dieses steinerne Trifolium des Schreckens konnte ich wohl nicht bekämpfen. Ich musste mich mit den Auswirkungen beschäftigen, die von ihm ausgingen.
Sehr nachdenklich machte ich mich wieder auf den Rückweg und stieg in den Wagen.
Der junge Fahrer lächelte mich an. »Na, was sagen Sie? Hat Ihnen die Figur gefallen?«
Ich schnallte mich an. »Gefallen ist wohl der falsche Begriff. Es ist schon ungewöhnlich, dass es so etwas überhaupt gibt. Das sieht man nicht alle Tage.«
»Finde ich auch. Aber diese komischen Hinterlassenschaften gibt es überall. Sogar an den Außenmauern der Kirchen. Da hat man auch dämonische Steinfiguren hinterlassen, die nicht eben etwas mit irgendwelchen Heiligtümern zu tun haben.«
»Richtig.«
»Und jetzt möchten Sie zum Hotel gefahren werden?«
»Genau. Und diesmal ohne Umweg.«
»Wird gemacht!«
***
Jane Collins glaubte, sich verhört zu haben. Wie konnte sich Julia von einem Augenblick zum anderen so verändern?
»Was sollst du?« Jane hakte noch mal nach, um wirklich sicher zu sein.
»Ich soll dich töten.«
»Aha.«
Julias Augen zeigten jetzt diesen kalten Glanz. Er füllte sie zur Gänze aus. Da gab es nichts anderes mehr zu sehen als nur diesen schrecklich verfremdeten Blick.
»Hast du einen Grund?«
»Ich werde und ich muss es tun. Es geht nicht anders. Ich bin ohne Seele und ich kann nur gehorchen.«
»Und wem gehorchst du?«
»Der anderen Macht.«
»Aha. Wer ist diese Macht? Kannst du dich genauer ausdrücken?«
»Sie steckt eben in mir.«
»Es ist das Licht, nicht wahr?«
Julia Marin nickte. Sie sah zwar aus wie ein Mensch, aber sie reagierte nicht mehr so. Es war eine starke Veränderung mit ihr vorgegangen. Sie reagierte wie jemand, der unter einem fremden Befehl stand, als hätte man sie hypnotisiert, wie es damals Saladin geschafft hatte, der zum Glück nicht mehr lebte.
Julia war in den Machtbereich einer Person geraten, die den unmittelbaren Kontakt mit dem Basilisken gehabt hatte. Da war Jane selbst Zeugin gewesen. Und dieser Alex Nicolic hatte es geschafft, die verfluchte Veränderung weiterzugeben.
»Ich habe dir nichts getan. Du musst mich nicht töten.«
Julia schüttelte den Kopf. »Es steckt in mir. Ich kann nicht anders. Ich will es auch nicht. Du musst tot sein. Er will es so. Seine Macht muss gestärkt werden.«
»Und wessen Macht ist das?«
»Die des großen Antichristen«, flüsterte sie. »Er wird uns bald beherrschen, verstehst du? Er und kein anderer. Er ist auf dem Vormarsch. Er hat hier in der Stadt sein Zeichen hinterlassen. Lange war er ruhig, doch nun hat er es geschafft.«
Jane nickte. Sie war auf der Brücke gewesen. Alle Fäden liefen dort zusammen. Sie überlegte verzweifelt, wie sie Julia von ihrem Vorhaben abbringen sollte.
Es war nicht zu schaffen. Sie sah keine Möglichkeit. Hier kam etwas zusammen, das ihr über war, und sie wusste nicht, wie sie sich dem entgegenstellen sollte.
Zunächst wollte sie dafür sorgen, dass Julia abgelenkt wurde, und sie fragte leise: »Was geschieht danach, wenn du mich getötet hast? Kannst du mir das sagen?«
»Ich werde zufrieden sein.«
»Du oder er?«
Julia Marin lächelte kalt. »Beide, Jane, werden zufrieden sein. Das ist so.«
»Wer ist der Zweite? Nur dieser Antichrist? Die kalte Fratze auf dem Basilisken?«
»Nicht nur er. Es gibt bereits einen, der ihm gehorcht. Ich habe ihn in der Nacht getroffen. Er hat mir die Botschaft gebracht.«
»Alex Nicolic, nicht wahr?«
Julia nickte. »Ja!«
»Du weißt ja, ich wollte ihn hier in Basel treffen.«
Plötzlich klatschte Julia in die Hände. »Dann gehörst du zu uns, wie?«
Beinahe hätte Jane auf gelacht, denn diese Antwort konnte sie nicht nachvollziehen. »Nein, das auf keinen
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