1588 - Das Horror-Grab
Wellmann?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, nur Klara.«
»Was willst du dann? Es gibt nicht wenige Klaras, auch wenn der Name schon ungewöhnlich ist. Es kann sein, dass dort ein Kind begraben wurde, von dem nur der Vorname auf der Grabplatte steht. Hast du mal darüber nachgedacht?«
»Ganz und gar nicht. Das brauche ich auch nicht. Ich habe nicht vergessen, dass sich auch dein Gesicht dort auf der Steinplatte gezeigt hat. Ja, es war dein Gesicht, aber das zweite, das schreckliche Gesicht oder auch die Fratze, die man kaum noch als menschlich bezeichnen kann. Das habe ich alles gesehen und auch in der vergangenen Nacht erlebt. Dabei bleibe ich.«
»Dann hast du geträumt.«
»Neben mir im Bett hat eine fürchterliche Gestalt gelegen, die aufstand und den Weg zum Friedhof eingeschlagen hat.«
»Nun ja, wenn du meinst.«
»Das meine ich auch, und ich werde davon nicht abgehen.«
Klara schloss für einen Moment die Augen und ließ sich zurücksinken.
Auf ihren Lippen erschien ein Lächeln, das ihrem Gesicht wieder einen mädchenhaften Charme verlieh.
Victor kam sich plötzlich vor wie jemand, der zu weit gegangen war und fast bereute er sein Geständnis.
»Ach ja, Vic, ich glaube, dass die Dinge nicht so liegen, wie du sie siehst.«
»Willst du mich einen Lügner nennen?«
»Nein, Vic, bitte. Reg dich nicht auf. Das würde ich nie tun. Ich sehe das nur etwas anders.«
»Ach ja, und wie?«
»Du bist kein Lügner. Du bist nur ein wenig überspannt. Man kann dich auch als übernervös bezeichnen. Ein wenig von der Rolle. Dir ist vieles über den Kopf gewachsen. Vielleicht solltest du dich eine Weile ausruhen.«
»Und wo? Oder wie?«
»Das weiß ich nicht. In Urlaub fahren. Ein paar Tage ausspannen.«
»Aha, ich habe verstanden. Du willst mich also loswerden?«
»Nein, Vic, so darfst du das nicht sehen. Ich meine es wirklich nur gut mit dir.«
»Du willst deinen eigenen Weg gehen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil du mich wegschicken willst.«
»Wir können auch gemeinsam fahren, wenn du willst.«
Sein Ärger verrauchte etwas. »Und wohin?«
Sie hob die Schultern. »Wenn du willst, in meine Heimat. Davon habe ich dir ja erzählt.«
»Ja, von diesem komischen Sauerland.«
Sie lachte. »Gratuliere, den Namen hast du gut behalten. Aber dieses Land ist alles andere als komisch. Es ist einfach wunderschön. Du glaubst gar nicht, wie viele Menschen dort ihren Urlaub verbringen. Großstädter aus der Nähe, die Ruhe und Erholung suchen. Es gibt wunderbare Wälder, in denen man herrlich wandern kann. Eine derartige Entspannung würde dir bestimmt gut tun.«
Er hob die Schultern. »Ich weiß nicht.«
»Du kannst es dir ja noch überlegen, Vic.«
Fleming kämpfte mit sich. Er wollte die nächste Frage nicht sofort stellen.
»Und wann sollte das sein? Hast du da auch schon einen bestimmten Plan?«
»Nein, den habe ich nicht. Wie könnte ich auch? Die Idee ist mir erst vor ein paar Minuten gekommen. Aber wir können noch gemeinsam darüber nachdenken.«
»Ja, mal schauen.« Fleming lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Viel klarer sah er das Ganze immer noch nicht. Ein komisches Gefühl blieb dennoch bei ihm zurück.
Er merkte, dass sich die Sitzfläche neben ihm bewegte, schaute jedoch nicht hin, was Klara tat. Erst als er ihre Schritte hörte, schaute er auf und sah sie bereits an der Tür.
»Wo willst du hin?«
Sie lachte ihn an. »Keine Sorge, Vic, ich gehe nicht weg. Ich möchte nur kurz duschen.«
»Ah ja.«
»Bis gleich.«
Er blieb sitzen und fühlte sich schlapp. Klara hatte ihm gesagt, dass sie duschen wollte. Genau das war immer so toll gewesen, denn oft genug hatten sie sich zu zweit unter die Dusche gestellt, auch wenn es sehr eng gewesen war. Sie hatten sich gegenseitig eingeseift und scharf gemacht.
Ob sie das erneut so wollte?
Victor wusste es nicht. Er konnte es sich auch nicht so recht vorstellen.
Es war einfach zu viel passiert, auch wenn sie es nicht zugeben wollte.
Wie ging es weiter?
Victor Fleming glaubte, dass es in seinem Leben einen Einschnitt gegeben hatte. Es ging nicht mehr alles so glatt wie noch vor wenigen Tagen. Er war hier in etwas hineingeraten, das für ihn kaum zu begreifen war.
Diese Frau, der er regelrecht verfallen war, barg ein gefährliches Geheimnis. Er konnte nicht vergessen, was er in der Nacht erlebt hatte.
Und dass er sie unter Zeugen noch mal auf dem Friedhof gesehen hatte, war auch nicht zu begreifen. Da musste es wirklich ein
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