1588 - Das Horror-Grab
den kleinen Friedhof und streichelte auch das Gesicht der am Grab stehenden Frau, die in ein Gesicht schaute, das sie selbst trug.
Klara Wellmann hatte die Kapuze ihres Shirts nach hinten gestreift, sodass ihr Kopf frei lag. Aus ihren kalten Augen starrte das zweite Gesicht sie an. Es lächelte Klara böse zu, der das nicht verborgen blieb.
Und so nickte sie der Fratze zu und flüsterte: »Keine Sorge, ich werde meine Aufgabe erfüllen, Schwester. Die Hölle soll siegen. So ist es bei uns vorgesehen. Wir haben uns geschworen, das Töten zur Leidenschaft zu machen. Schade, dass ich allein unterwegs sein muss. Aber ich werde mein Bestes tun, das verspreche ich dir. Du kannst stolz auf mich sein. Das heutige Ziel steht fest. Und auch wenn man mir auf den Fersen ist, ich werde immer besser sein. Ich erreiche mein Ziel so oder so.«
Sie ließ ihre Worte ausklingen und drehte sich um. Dabei sah sie, wie das Gesicht auf der Grabplatte allmählich verschwand. Es sah aus, als würde es in graue Masse eintauchen.
Klara drehte sich um. Sie hob ihre Arme an und strich über das alte Gesicht.
Es sah beinahe so aus, als wollte sie die Haut davon abziehen, um sich zu regenerieren. Und irgendwie traf es auch zu.
Langsam sanken die Hände wieder nach unten, das Gesicht lag frei.
Jetzt stand eine junge hübsche Frau vor dem Grab, die so harmlos und scheu aussah. Ihr Lächeln wirkte ein wenig verloren. Sie sah aus, als hätte sie sich auf dem Friedhof verlaufen.
Klara hielt ihr Gesicht in den Wind und lächelte. Es lief alles gut. Sie würde ihren Job durchziehen. Die Bedingungen waren erfüllt, auch ohne ihre Schwester.
Dennoch war Geli immer bei ihr, auch wenn sie nicht mehr lebte. Aber sie hatte der Hölle nicht abgeschworen. Sie war vernichtet worden, gestorben, wie auch immer. Nur hatte ihre Seele überlebt und war gewandert. Sie steckte jetzt im Körper der Schwester. Sie waren immer ein Paar gewesen, schon von klein auf. Sie waren stets den gleichen Weg gegangen und hatten später der Faszination des Bösen nicht widerstehen können. Sie hatten sich geschworen, füreinander da zu sein, und das weit über den Tod hinaus.
Wenn es eine von ihnen erwischte, würde die andere deren Aufgaben übernehmen.
So war es auch gekommen. Angelika, oder Geli genannt, hatte Pech gehabt. Selbst die Liebe zur Hölle hatte sie nicht vor einem Feuertod retten können. Sie hatte einen Bus in die Luft sprengen wollen, aber irgendetwas war schiefgegangen. Es hatte Geli erwischt, und so war die große Killerin durch ihre eigene Unzulänglichkeit vernichtet worden. So war Klara nichts anderes übrig geblieben, als ihren Job zu übernehmen.
Versprochen war versprochen. Und niemand hatte etwas bemerkt. Der Name Geli war verschwunden. Es gab nur noch Klara und als solche war sie auch bekannt geworden. Von Geli hatte nie jemand gewusst.
Sie hatte sich auf die Insel zurückgezogen und dort ihre Taten verübt.
Klara war in Deutschland geblieben, um da ihre Zeichen zu setzen. Das hatte nicht mehr geklappt. Sie hatte Gelis Job übernehmen müssen, und sie war ihrer Schwester jetzt noch stärker verbunden, da deren Seele oder Geist in ihr steckte.
Er hatte es auch geschafft, sie zu verändern. Sie war Angelika und Klara in einer Person. Das war so weit gegangen, dass sich sogar Gelis Name auf dem Grab in ihren verwandelt hatte.
Klara war aufgewühlt. Das war sie jedes Mal nach einem Besuch auf dem Friedhof. Die Zeit der Ruhe war vorbei. Sie würde wieder ihre Zeichen setzen. Eine neue Aufgabe wartete auf sie, und sie würde im Namen ihrer Schwester handeln und ihr alle Ehre machen. Die Menschen würden aufhorchen, wenn alles vorbei war. Dann hatte die Unbesiegbare wieder zugeschlagen.
Klara warf einen letzten Blick auf die Steinplatte mit ihrem Namen. Wann sie wieder herkommen würde, wusste sie nicht. Die Zeit des Versteckspiels war vorbei.
Auch Victor Fleming war vergessen. Er war für ihre Pläne perfekt gewesen und hatte ihr Unterschlupf gewährt. Der Mann hätte alles für sie getan. Er hatte es auch, und sie hatte ihm gezeigt, was es bedeutete, mit einer Frau zusammenzuleben. Er hatte bei ihr seine Verklemmtheit verloren und dabei einen Sex erlebt, der für ihn einmalig war.
Vorbei, vergessen! Nein, nicht ganz. Sie wusste, dass Victor nicht mehr allein war. Er hatte seine Konsequenzen aus dem Fall gezogen und sich Hilfe geholt. Klara wusste nicht genau, wer die beiden Männer waren.
Gesehen hatte sie die beiden nie zuvor. Aber sie stufte
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