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1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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vorbei ist?" fragte Amdan Cutrer mißtrauisch. „Das weiß ich selbst noch nicht", gab Dorina Vaccer zu.
    Sie blickte auf das Fach, in dem sie den Zellaktivator verwahrt hatte. „Irgend etwas stimmt nicht mit den Aktivatoren", sagte sie nachdenklich. „Sie arbeiten nicht so, wie sie es tun sollten. Ich habe den Verdacht, daß sie ihre Träger beeinflussen."
    „Sie machen euch zu Dienern der Superintelligenz", vermutete Amdan Cutrer. „Und das ist es doch wohl auch, was ihr von Anfang an sein wolltet!"
    „Nein!" erwiderte Dorina Vaccer heftig. „Du weißt, daß das Unsinn ist. Wir sind Friedensstifter.
    Wir dienen unserem Volk und niemandem sonst. Wir schlichten Streitigkeiten und verhindern Kriege."
    „In letzter Zeit habt ihr eher Kriege und Streitigkeiten heraufbeschworen, als daß ihr sie verhindert hättet!" sagte Amdan Cutrer eisig. „Und das kann ich beweisen!"
    Dorina Vaccer sah zu ihm auf und erkannte, daß es ihm gut tun würde, endlich all das auszusprechen, was er die ganze Zeit hindurch in sich hineingefressen hatte.
    Für sie selbst würde es weniger wohltuend sein.
    Aber hier bot sich ihr eine Gelegenheit, auf unverfängliche Weise wertvolle Informationen einzuholen und gleichzeitig etwas für ihren Schüler zu tun.
    Es würde möglicherweise die letzte Gelegenheit dieser Art sein. „Sprich weiter!" befahl Dorina Vaccer leise. „Sage mir die volle Wahrheit über alles, was wir Friedensstifter in der letzten Zeit getan haben!"
    Amdan Cutrer gehorchte diesem Befehl.
    Seltsamerweise war ihr nichts von dem, was sie zu hören bekam, im eigentlichen Sinne unbekannt. Sie erinnerte sich an alle Ereignisse, über die Amdan Cutrer berichtete.
    Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, daß es Lücken in ihrem Gedächtnis gab.
    Erst allmählich kam sie dahinter, woran das lag.
    Es hatte etwas mit der Perspektive zu tun.
    Amdan Cutrer sah all diese Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel als seine Meisterin.
    Es ist seine Individuelle Realität, die ich sehe, überlegte sie. Merkwürdig - warum ist mir denn vorher noch nie aufgefallen, wie groß die Unterschiede zwischen unseren Weltbildern sind? Dann kam ihr die Erleuchtung: Ich habe in der letzten Zeit auf einer ganz anderen Ebene gedacht. Ich habe mein Weltbild aus einer viel größeren Höhe betrachtet. Ich war so weit oben, daß sogar Amdan Cutrer selbst nur noch ein winziger Bestandteil eines Musters war.
    Gleichzeitig spürte Dorina Vaccer, daß sie sich Schritt für Schritt wieder jener Ebene näherte, auf der sich die Denkprozesse ihres Schülers abspielten.
    Zurück in die Grube! dachte die Friedensstifterin deprimiert. Wieder hinab zu den kleinen, bodennahen Problemen, mit denen ich mich früher befaßt habe.
    Sie hörte Amdan Cutrer reden, aber es fiel ihr schwer, seinen Worten zu folgen.
    Die Erschöpfung machte sich immer stärker bemerkbar. Nie zuvor in den vergangenen Tagen war die Versuchung so groß gewesen, etwas dagegen zu unternehmen. Dabei ging es nicht nur darum, diese entsetzliche Müdigkeit loszuwerden.
    Nur noch ein einziges Mal diese Euphorie erleben! dachte Dorina Vaccer sehnsüchtig. Das enge Gefühl in der Kehle spüren, wenn der Blick sich weitet und neue Muster in der Tiefe sichtbar werden. Fühlen, wie die geistigen Schwingen sich entfalten. Hinaufsteigen in jene Höhen, die uns Linguiden sonst versperrt sind!
    Sie sagte sich, daß das wahrscheinlich mit gutem Grund so war und daß sie dort oben nichts zu suchen hatte.
    Aber dieser Gedanke gefiel ihr nicht.
    Es könnte nicht schaden, wenigstens noch einen einzigen Schritt nach oben zu tun, bevor ich dorthin zurückkehre, woher ich gekommen bin, überlegte sie. Schon das nächste Muster könnte die Erklärung für all das liefern, was ich jetzt noch nicht verstehe.
    Auch für das scheinbar unverständliche Verhalten der Friedensstifter.
    Dort war das Fach, in dem der Aktivator für sie bereitlag.
    Sie brauchte nur die Hand auszustrecken.
    Aber inzwischen war Amdan Cutrer in seinem Bericht bei einer Wallfahrt angelangt, zu der Balasar Imkord die Bewohner von Drostett gezwungen hatte.
    Damit endete jeder Gedanke an einen neuen Höhenflug.
    Dorina Vaccer erinnerte sich voller Entsetzen an Taumond und an ihren eigenen, entarteten Kima-Strauch. „Habe ich auch so etwas getan?" fragte sie. „Nein", erwiderte Amdan Cutrer. Sie atmete heimlich auf. Amdan Cutrer beendete seinen Bericht. Dorina Vaccer hielt den Kopf gesenkt und dachte nach. „Gut", sagte sie schließlich. „Das

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