1589 - Der steinerne Templer
brachte es aber nicht mehr über die Lippen, denn ich spürte die Veränderung in meiner Umgebung.
Nach wie vor zeigte sie sich so, wie ich sie kannte. Es war eben nur die Botschaft aus dem Unsichtbaren verschwunden. Diese leichte Kälte, und als ich auf mein Kreuz schaute, sah ich ein leichtes Funkeln, das schnell wieder verging.
Ein Fazit? .
Es war leicht zu ziehen. Ich stand kurz davor, in ein Wespennest zu stechen, wobei ich schon einmal kurz hineingegriffen und etwas aufgescheucht hatte.
Es ging um den steinernen Templer.
Maurice Vidal hatte ihn entdeckt. Oder auch nur über ihn gelesen. So genau hatte er sich ja nicht ausgelassen, aber das würde ich noch herausfinden.
Ich ging eine letzte Runde durch den Raum. Die Helfer des Templers blieben verschwunden. Aber sie würden erscheinen, wenn sie gebraucht wurden, das stand für mich fest.
Mir fielen wieder Voltaire und Maurice Vidal ein. Sie hatten die anderen Zimmer durchsuchen wollen. Es konnte ja sein, dass ihnen dabei etwas aufgefallen war.
Ich ging in den Flur und rechnete damit, ihre Stimmen zu hören, doch ich vernahm nichts.
Unruhe erfasste mich.
Der Blick in die kleine Küche.
Nichts!
Im Bad fand ich sie auch nicht. Als letzte Möglichkeit blieb das Schlafzimmer. Dessen Tür stieß ich auf und sah die beiden vor mir. Aus großen Augen schauten sie mich an und wunderten sich über meine Erleichterung.
»Was hast du denn, John?«
Ich grinste schief. »Eigentlich nichts. Ich wollte nur sehen, wie es euch geht.«
»Nicht anders als sonst.«
»Und ihr habt nichts gefunden?«
»So ist es.« Der Kommissar schob sich am Fußteil des Bettes vorbei.
»Du denn?«
»Gefunden habe ich nichts. Ich hatte nur einen unsichtbaren Besuch, und ich weiß jetzt, um was es geht.«
Das wollte der Kommissar gar nicht wissen. »Was ist denn mit den beiden Einbrechern?«
»Tut mir leid. Die habe ich nicht entdeckt.«
Nach dieser Antwort fühlte sich Maurice Vidal angegriffen.
»Aber ich habe sie gesehen! Das war keine Einbildung! Und die Schießerei im Parkhaus ist doch auch keine Fata Morgana gewesen.«
»Ich weiß.«
»Und das nehmen Sie so einfach in?«
»Nein, das tue ich nicht, Monsieur Vidal. Ich habe nicht aufgegeben. Im Gegenteil, es fängt jetzt erst richtig an.«
»Das verstehe ich nicht«, flüsterte der Kommissar.
»Keine Sorge, das wird sich geben.«
Maurice Vidal schaute mich an, als hätte er mich durchschaut.
»Sie wissen mehr, nicht wahr?«
»Das kann sein.«
»Und was wissen Sie?«
»Dass wir auf jeden Fall jemanden so schnell wie möglich finden müssen. Und zwar den steinernen Templer, der noch nicht vernichtet ist und darauf wartet, zuschlagen zu können…«
***
Es war nicht mehr die normale Welt, sondern die Welt in einer Tiefe, die lange kein menschliches Auge mehr erblickt hatte. Es war kaum vorstellbar, dass Menschen überhaupt in diese Welt gelangten, sie war einfach zu düster und unheimlich.
Es war kein Keller, es war kein Verlies, diese Welt konnte man als einen unterirdischen Dom bezeichnen. Von Säulen ausgehende Rundbögen stützten die mächtige Decke ab, die über einem Boden aus Stein schwebte, bei dem Platte an Platte lag. In der Mitte dieser unterirdischen Halle befand sich das, was den Raum beherrschte.
Zwei große ovale und flache Platten lagen übereinander. Der untere war größer als der obere, sodass jemand zwei Stufen hochgehen musste, um das eigentliche Zentrum zu erreichen, das auf dem oberen Oval stand.
Es war ein steinernes Gebilde, das zu einem Sessel mit hoher, runder Rückenlehne geformt war. Der Sessel war nicht leer, denn in ihm saß eine Gestalt, die beim ersten Hinschauen an ein ebenfalls steinernes Wesen erinnerte.
Der Bildhauer musste ein Meister seines Fachs gewesen sein, dass er diese Figur so naturgetreu hatte schaffen können. Sie saß auf dem Sessel wie auf einem Thron. Sie trug ein langes Gewand, das man auch als Kutte bezeichnen konnte. Dazu gehörte eine Kapuze, die über den Kopf des Mannes gezogen war, das Gesicht aber frei ließ. Es war oder schien das Gesicht eines Toten zu sein, denn nicht eine Falte zeigte sich darin. Es war völlig glatt. Geschlossene Augen. Ein starkes Kinn, eine kleine, etwas dicke Nase. Das Gesicht passte zu dieser starren Haltung, zu der auch die Haltung der Arme beitrugen.
Sie waren schräg nach vorn ausgestreckt, ebenso wie die Beine. Diese bildeten so etwas wie die Pfeiler einer Brücke, auf denen ein langes Schwert lag, dessen Griff von der
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