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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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tat die letzten paar Schritte hinauf. Zwei groß und muskulös gebaute Schimären warteten hier mit teilnahmslosen Gesichtern.
    Tatsächlich – sie zeigten ihre Gesichter.
    Metallplättchen und -spitzen waren in Stirn, Kinn, Nase und Wange eingearbeitet worden. Sie wirkten wie fleischgewordene Maschinen, die man nach Belieben ein- und ausschalten konnte.
    »Dort hinein!«, befahl Izo’sch, der an den Wächtern vorbei starrte. Es war ihm anzusehen, dass auch er sich in der Gegenwart der beiden Männer nicht wohl fühlte.
    Aruula marschierte zwischen den Schimären durch, drückte die verrostete Klinke einer Türe nach unten.
    Ein Schrei, animalisch und von furchtbaren Qualen durchdrungen, ertönte plötzlich. Er schien aus den Wänden und dem Boden zu dringen. Aruula duckte sich instinktiv, auch wenn keine unmittelbare Gefahr drohte.
    Grelles Licht ergoss sich von einem Moment zum anderen über sie. Der Raum, in dem sie nun stand, war groß; viel größer, als dass er in jene Säule gepasst hätte, durch deren Inneres sie hierher hinaufgestiegen waren. Sie musste sich bereits innerhalb des Deckenbereichs der Krustenhöhle befinden.
    »Willkommen in meinem Reich«, sagte Moogans Stimme, diesmal entzerrt und nicht hallend.
    Aruula hob die Hände vors Gesicht, um gegen das blendende Licht etwas erkennen zu können. Eine Gestalt schob sich in den Vordergrund, kam langsam auf sie zu.
    Moogan lächelte sie an.
    So hatte sie sich den Peiniger der Schimären wirklich nicht vorgestellt.
    ***
    Sy’cho schleppte sich zurück nach Hause. Hinab in die Kruste.
    Dorthin, wo sein Herr auf ihn wartete.
    Er war tot, innerlich wie äußerlich.
    Während des Marsches hatte er die letzten Kraftreserven verbraucht; lediglich die Willenskraft hielt ihn aufrecht.
    Moogans Willenskraft. Der Herr zeigte ihm den Weg zurück und leitete ihn.
    In Sy’chos Herzen war nichts mehr. Jeglicher Gedanke an Rium’li war vergessen. Nichts zählte mehr, nichts war von Interesse.
    Er tat die letzten taumelnden Schritte, vorbei an stumpf vor sich hin glotzenden Schimären, ohne sie wirklich zu bemerken.
    Nur noch Moogan zählte. Der Einzigartige, dem es zu dienen galt.
    Warum war er eigentlich an die Oberfläche gegangen? Was hatte er dort zu suchen gehabt?
    Auf dem kleinen Versammlungsplatz blieb er stehen, aufrecht gehalten vom Willen seines Herrn.
    Er wartete, bis sich Männer und Frauen um ihn geschart hatten, einen Kreis um ihn bildeten, ihn mit stummen, vorwurfsvollen Gesichtern anstarrten. Er musste etwas Schreckliches getan haben – nur was? Verwirrung griff nach ihm. Er konnte sich einfach an nichts mehr erinnern.
    Dann ließ Moogan es ihn wissen, und Sy’cho begann zu schreien.
    ***
    »Ich bedaure, dass ich dich warten ließ«, sagte Moogan, »aber andere Dinge verlangten meine Aufmerksamkeit.« Er lächelte, verbeugte sich und küsste galant ihre rechte Hand.
    Was für ein Prachtbild von einem Mann! Und die Ausstrahlung, die ihm anhaftete! Konnte dies denn tatsächlich jenes Wesen sein, das ein ganzes Volk in seinem Bann hielt, die Schimären nach seinen Vorstellungen formte und ihnen den freien Willen raubte?
    »Setz dich zu mir«, sagte Moogan, berührte sie sanft an der Schulter und geleitete sie weiter in den Raum hinein.
    Aruulas Verwirrung steigerte sich noch. Nur schwer gelang es ihr, sich auf ihre Umgebung zu konzentrieren und ihre Blicke von Moogan zu lassen. Ein Versuch zu lauschen scheiterte an einer Barriere, die sich wie ein glatt poliertes, eisernes Tor ohne Schlösser präsentierte.
    Breite Spiegel fingen das Licht mehrerer grell brennender Fackeln im Raum ein und strahlten es in alle Richtungen ab.
    Der Boden war von wertvollen, glitzernden Steinen bedeckt.
    Tische, Stühle und Kästen aus prachtvoller Handarbeit, die den besten Handwerkern Eurees zur Ehre gereicht hätten, zeugten vom auserlesenen Geschmack des Mannes. Wände und Decken waren in warme Rottöne getaucht.
    »Überrascht?« Ein leicht spöttisches Lächeln umspielte Moogans Mundwinkel. »Die meisten meiner Gäste erwarten etwas ganz anderes, wenn sie diese Räumlichkeiten das erste Mal betreten.«
    Er gab Izo’sch einen beiläufigen Wink. Der Schimäre entfernte sich hastig im Rückwärtsgang.
    Aruula fühlte, wie sie nach und nach der Faszination des weißhaarigen Mannes erlag. Moogan mochte auf die Sechzig zugehen, doch sein Körper war drahtig und schlank. Unter der knapp geschnittenen Lederkleidung zeichneten sich sehnige Muskeln ab. Er war eine gute

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