1593 - Der Hexentöter
Haare, ein Mantel mit einem hochgestellten Kragen und sehr böse Augen. Das hat sie uns gesagt, wobei ich nicht so recht daran glauben wollte. Jetzt allerdings, wo Sie mich angerufen haben, sehe ich die Dinge mit anderen Augen.«
»Das können Sie auch.«
»Und das heißt, Mr. Sinclair, dass Sie sich um den Fall kümmern werden?«
»Ich bin schon dabei und möchte gern selbst mit der Zeugin reden. Haben Sie ihre Anschrift?«
»Die können Sie haben. Sie wohnt nicht mal weit von Ihnen entfernt in Soho.«
»Danke.«
Wenig später wusste ich Bescheid und konnte aufatmen. Einen ersten Hinweis hatten wir. Ob es auch eine heiße Spur war, musste sich erst noch herausstellen.
Suko nickte mir über unseren Schreibtisch hinweg zu.
»Ich denke, dass wir uns auf den Weg machen sollten. Kann ja sein, dass Emily Spencer uns gegenüber noch etwas mehr einfällt.«
»Du sagst es, Suko.«
Es war zwar noch recht früh, und auch unseren Chef Sir James Powell hatten wir noch nicht informiert, aber das war nicht so wichtig. Da konnten wir uns voll und ganz auf unsere Assistentin Glenda Perkins verlassen, die uns riet, nur gut auf uns aufzupassen.
»Keine Sorge, ich bin ja dabei«, sagte Suko und verließ vor mir das Vorzimmer.
***
Es gibt ja auch ein neues Soho. Oder ein neues zwischen dem alten. In einem derartigen Haus wohnte Emily Spencer.
Es war drei Stockwerke hoch und hatte zur Straße hin große Glasfenster, die bis zum Fußboden reichten. Wer sich hier einmietete, musste jeden Monat einen ziemlich hohen Mietzins bezahlen.
Das schien Emily Spencer durchaus zu können. Offensichtlich gehörte sie nicht zu den ärmsten Menschen.
Wir hatten sie bewusst nicht angerufen und wollten sie überraschen.
Sechs Parteien wohnten in dem Haus, das zwischen zwei alten Fassaden eingeklemmt war. An der linken Seite gab es sogar eine Zufahrt zu eine Tiefgarage. So etwas gehörte auch nicht zum Standard.
Unser Rover stand schräg auf dem Gehsteig. Aber das Blaulicht lag gut sichtbar auf dem Fahrersitz, und so würde kein Kollege in Versuchung geraten, uns abschleppen zu lassen.
Es gab eine Klingel und die dazugehörige Gegensprechanlage.
Hinter uns rauschte der Morgenverkehr, und wir hatten Mühe, die Frauenstimme zu verstehen, die aus den Rillen der Gegensprechanlage drang.
»Ja, wer sind Sie?«
»Scotland Yard«, sagte ich.
»Warum das denn?« Die Stimme klang leicht schrill. »Was wollen Sie von mir?«
»Wir haben nur einige Fragen.«
»Ich habe alles gesagt.«
»Würden Sie uns trotzdem empfangen, Mrs. Spencer?«
Etwas zögerlich antwortete sie: »Wenn es denn nicht anders geht, okay.«
»Danke. Es wird auch nicht lange dauern.«
Wenig später hörten wir den Summton.
Wir betraten ein sehr helles und sauberes Treppenhaus, hätten auch einen Lift nehmen können, aber der Weg zur ersten Etage war nicht lang.
Emily Spencer stand bereits in der offenen Tür.
Sie war eine nicht mehr ganz junge Frau. Ich schätzte sie um die fünfundvierzig Jahre. Sie hatte ein volles Gesicht, das noch die Spuren dessen zeigte, was sie in der Nacht erlebt hatte. Zudem sah sie verschlafen aus.
Da passte alles zusammen. Das schwarzgraue Haar war nach hinten gekämmt und mit einer Spange festgesteckt. Bekleidet war sie mit einem dunklen Hausanzug. Unter dem Stoff des Oberteils zeichneten sich die Umrisse recht großer Brüste ab.
Wir stellten uns vor, zeigten auch unsere Ausweise und durften eine Wohnung betreten, in der es nach Zigarettenrauch roch. Durch das große Fenster war der Wohnraum recht hell. Die schallgeschützte Scheibe hielt den Verkehrslärm ab.
Eine moderne Einrichtung. Dieser Raum war Wohn-und Arbeitszimmer zugleich. Auf einem Schreibtisch aus hellem Kunststoff stand der PC, daneben ein voller Aschenbecher. Auch eine Kanne und eine Tasse mit Kaffee sahen wir.
»Ich habe schon gedacht, dass mein Ex kommen würde, als es geklingelt hat«, sagte die Frau.
»Wäre das schlimm gewesen?«, fragte Suko.
Sie deutete auf zwei Sessel mit einem weichen Blumenmuster.
»Ja, das wäre schlimm gewesen«, sagte sie, als wir unsere Plätze eingenommen hatten. »Er lässt mich einfach nicht in Ruhe. Er verfolgt mich nicht nur normal, sondern auch in meinen Träumen, und das ist einfach furchtbar.«
»Was will er denn von Ihnen?«
Sie setzte sich auch und funkelte uns an.
»Mich, was sonst? Er kann es nicht überwinden, dass ich ihn verlassen habe.« Jetzt sagte sie etwas Wichtiges. »Seinetwegen habe ich Melinda Blake
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