1595 - Die sterbenden Engel
einen verwunderten Blick in die Runde.
»Ich spüre hier keinen Optimismus. Oder sollte ich mich da irren?«
»Sie irren nicht, Sir«, sagte Suko.
»Gut. Und was ist passiert?«
»Es gibt Probleme, und die sind nicht eben klein.«
Sir James erfuhr von dem Vorgang abwechselnd von Suko und mir.
Es kam nicht oft vor, dass er Emotionen zeigte. In diesem Fall blieben sie nicht aus. Sein Gesicht zeigte eine Starre, die wir selten bei ihm gesehen hatten.
Und er fragte: »Sollten wir es wieder mit Unsichtbaren zu tun haben? Ein Erbe des Saladin?«
Ich winkte ab. »Nein, das glaube ich nicht. Bei Saladin waren andere Dinge im Spiel. Das sieht auch Glenda so, die praktisch so etwas wie Saladins Erbin ist, wenn wir schon davon sprechen. Suko und ich glauben, dass hier andere Mächte oder Kräfte eine Rolle spielen.«
»Hat es Sinn, wenn ich frage, um welche es sich dabei handelt?«
»Nein, Sir, hat es nicht.«
»Okay, dann haben Sie eine äußerst schwierige Aufgabe zu lösen. Das doch richtig, oder?«
»Völlig richtig, Sir.«
»Und wo wollen Sie beginnen?«
Die Frage sorgte bei mir für ein bitteres Grinsen.
»Ich glaube kaum, dass wir einen Ansatzpunkt haben. Wir müssen uns darauf verlassen, dass sich ein ähnlicher Vorgang wiederholt. Das ist alles.«
Der Superintendent dachte nach. So ganz gefiel ihm das alles nicht.
»Untätig herumzusitzen, ist doch nicht Ihr Ding.«
»Das wissen wir, Sir. Im Moment sind wir dazu verdammt.«
»Und wie wäre es, wenn Sie sich mal mit diesem Steve Miner unterhalten?«
Der Name sagte mir im Moment nichts.
Suko meinte: »Das ist doch der Trucker, der die Tote gefunden hat?«
»Genau.«
»Und was würde es bringen?«
»Das müssen Sie und John entscheiden, Suko. Es war nur ein Vorschlag.«
Ich sagte: »Seine Aussage haben wir im Protokoll. Hat er denn etwas gesehen?«
Da musste Sir James passen. »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass er diese namenlose Tote gefunden hat.«
»Das bringt uns auch nicht weiter«, sagte Suko.
Sir James hob die Schultern. »Tut mir leid, mehr kann ich Ihnen nicht sagen.« Er nickte uns zu. »Ich hoffe, dass Sie trotzdem die richtige Spur finden.«
Nach diesen Worten zog er sich zurück.
Wir schauten uns an, schwiegen und hoben die Schultern. Das war wieder eine Situation, die man nur hassen konnte.
Glenda übernahm das Wort, als ich an der Kaffeemaschine stand.
»Könnte es sein, dass es zu einem Krieg zwischen Engeln gekommen ist?«
Ich drehte mich mit der gefüllten Tasse zu ihr um.
»Und wer kämpft dann gegen wen?«
»Keine Ahnung.«
Suko sagte: »Krieg ist gar nicht mal so falsch, finde ich. Da stehen sich zwei verfeindete Gruppen irgendwo gegenüber, und die Mitglieder der einen suchen Schutz auf der Erde. Zum Bespiel bei dir, John.«
Ich wollte den ersten Schluck trinken, ließ es aber bleiben.
»Wie kommst du auf mich?«
»Aus zwei Gründen. Du hast in der vergangenen Nacht diese seltsame Begegnung gehabt. Vielleicht hat jemand bei dir Schutz gesucht, ohne es letztendlich zu schaffen, weil es einfach zu spät gewesen ist.«
»Und was siehst du als den zweiten Grund an?«
»Dein Kreuz.«
Ich runzelte nur die Stirn.
»Ja, denk mal nach«, fuhr Suko fort. »Da sind die vier Buchstaben. Die Initialen der Erzengel. Kann es nicht sein, dass sie so etwas wie Schutzpatronen für andere Engel darstellen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Aber du würdest es nicht ausschließen?«
»Grundsätzlich schließe ich nichts aus. Möglich ist alles, das haben wir erlebt.« Ich hob die Schultern. »Aber wir selbst können nicht in die Offensive gehen.«
»Wer könnte uns denn helfen?«, fragte Glenda.
»Nur Johns Kreuz«, sagte Suko.
»Aber das hat es nicht getan, als wir vor der Toten standen«, murmelte ich. »Ich hätte es spüren müssen.«
»Und was ist mit Raniel?«
Wir schauten Glenda an, sagten aber nichts.
»Ja, Raniel. Wenn sich jemand mit Engeln auskennt, dann er.« Sie nickte. »Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Er gehört ja fast zu den Engeln. Er kennt sich aus, und er könnte euch bei der Lösung behilflich sein.«
Suko sprang sofort darauf an. »Die Idee ist bestimmt nicht schlecht. Aber niemand von uns kann Raniel einfach anrufen. Wer weiß, ob er sich überhaupt berufen fühlt, da einzugreifen. Es muss nicht unbedingt sein Gebiet sein.«
»Dann weiß ich auch nichts mehr«, sagte Glenda. Trotzdem stellte sie noch eine Frage. »Als diese Frau sich auflöste, habt ihr da nichts bemerkt?«
»Was denn?«,
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