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1595 - Die sterbenden Engel

1595 - Die sterbenden Engel

Titel: 1595 - Die sterbenden Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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früher einsetzen als vorausgesagt, und Melanie Morton wollte nicht nass werden.
    »Ich glaube, du musst jetzt schneller laufen, Gipsy.« Sie schlug zweimal mit den Hacken gegen die Flanken, und das Pferd verstand die Aufforderung.
    Es lief zwar nicht im Galopp, aber doch schneller. Melanie beugte sich nach vorn, um dem Wind weniger Widerstand zu bieten. Ihr Blick war geradeaus gerichtet, und weiter vorn sah sie bereits das Ende des Waldwegs. Dort schien das Licht heller zu sein, wie beim Ende eines Tunnels.
    Nichts hatte sich auf ihrem Ausritt verändert. Es war alles wie immer gewesen, und das Mädchen dachte auch an nichts Böses, als etwas geschah, was es noch nie erlebt hatte. Gipsy scheute!
    Melanie erschreckte sich. Sie hörte das Schnauben, und zugleich stieg das Pferd auf seinen Hinterbeinen hoch. Es verhielt sich regelrecht bockig.
    Melanie schrie auf. Sie rutschte nach hinten und war froh, dass sie die Zügel mit beiden Händen festhielt, sonst wäre sie gestürzt. So aber konnte sie sich halten, als die Stute wieder ihre normale Position einnahm und auf allen vieren stand.
    Das kleine Herz in Melanies Brust schlug wie rasend. Schweiß war aus den Poren gedrungen und lag auf ihrem Gesicht. Sie fand nicht heraus, weshalb sich Gipsy so verhalten hatte. Ein Tier hatte das Pferd nicht aufgeschreckt. Kein Fuchs war über den Weg gelaufen, und Wildschweine gab es hier nicht.
    Melanie tätschelte Gipsys Hals. Sie versuchte es mit beruhigenden Worten, aber ihre vierbeinige Freundin blieb unruhig, was das Mädchen nicht verstand.
    Da musste etwas sein, das sie nicht gesehen hatte, dafür aber das Pferd. Das konnte ihr nicht gefallen, auch deshalb, weil die Stute keinen Schritt mehr weiter ging.
    Zum ersten Mal überfiel Melanie so etwas wie Angst. Nicht unbedingt so stark, dass sie geschrien hätte, aber die Furcht war schon vorhanden.
    Sie atmete heftig, und auch vor dem Maul der Stute dampfte der Atem.
    Melanie Morton sah nichts. Der nicht sehr breite Weg lag frei vor ihr.
    Deshalb konnte sie auch nicht begreifen, was Gipsy so gestört hatte.
    Die Mädchenhand schlug erneut ein paar Mal gegen den Hals der Stute.
    »Na komm, sei brav und geh weiter…«
    Das Pferd gehorchte nicht. Es gab sich nach wie vor sehr unruhig. Es bewegte den Kopf von einer Seite zur anderen, als gäbe es rechts und links des Weges etwas Besonderes zu sehen, was nur für sie sichtbar war, nicht aber für Melanie.
    Aber da war nichts.
    Oder doch?
    Plötzlich bewegte sich an der linken Seite etwas. Zuerst waren es nur die Zweige der Büsche, dann hörte sie ein Rascheln, und Sekunden später erschien eine Frau, die aus dem Unterholz nach vorn stürzte und auf dem Weg stoppte.
    Melanie glaubte, ihren Augen nicht zu trauen.
    Die Frau war nackt!
    ***
    Diesen Anblick zu verkraften war nicht einfach für das Kind.
    Eine nackte Frau hatte Melanie schon gesehen, da brauchte sie nur an ihre Mutter zu denken, aber das hier geschah nicht im Haus, sondern bei kaltem Wetter mitten auf dem Waldweg.
    Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Hinzu kam, dass auch Gipsy nervös war. Die Stute hörte nicht auf zu schnauben und zu wiehern. Sie bewegte zudem hektisch den Kopf. Mal nach vorn, auch zu den Seiten hin, sodass es Melanie nicht möglich war, ruhig im Sattel zu bleiben. Sie hatte jetzt Mühe, sich überhaupt auf dem Pferderücken zu halten.
    Wieder bockte Gipsy, obwohl die Nackte nichts getan hatte. Es musste etwas anderes sein, das sie erschreckt hatte, und dann tat Melanie etwas, was sie noch nie getan hatte. Sie fürchtete sich davor, auf dem Pferd zu bleiben und rutschte an der linken Flanke entlang nach unten.
    Sie kam auf dem weichen Blätterboden gut auf, wollte dann nach dem Zügel greifen, aber Gipsy hatte etwas anderes vor.
    Ein schrilles Wiehern zerriss die Stille, ein kurzes Stampfen der Hufe auf der Stelle, dann rannte die Stute so schnell weg, dass Melanie sie nicht mehr einholen konnte.
    Und plötzlich fühlte sie sich ganz allein, obwohl die nackte Frau noch vor ihr stand. Aber sie tat ihr nichts und traf auch keinerlei Anstalten, ihr etwas zu tun.
    So war Melanie in der Lage, sie sich genauer anzuschauen. Das Alter der Frau konnte sie nicht richtig einschätzen, denn für sie waren auch junge Leute alt, aber sie sah das schwarze, lockige Haar. Sie sah das Gesicht mit der hellen Haut, die sich auch am Körper fortsetzte.
    Die Frau stand mit nackten Füßen im nassen Laub. Sie schien nicht zu frieren, worüber sich Melanie auch

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