1597 - Die Köpferin
»Und wie geht es bei euch weiter?«
»Erst morgen. Das heißt heute. Ich denke, dass wir uns mit den Leuten beschäftigen müssen, von denen die Toten bezahlt worden sind. Man muss versuchen, die Lage zu beschwichtigen. Es wird schwer werden, denn wer wird uns schon die wahren Hintergründe glauben? Die Bosse werden denken, dass ihre Konkurrenten hinter den Taten stecken.«
»Ist das denn überhaupt ein Job für dich oder Suko?«
»Ich kann es dir nicht genau sagen und nur hoffen, dass uns diese Loretta noch einmal über den Weg läuft.«
»Vergiss aber nicht Justine. Die hat auch noch eine Rechnung mit ihr offen.« Jane verengte ihre Augen. »Ich habe diese Loretta ja gesehen. Mag sie noch so gefährlich sein, aber ich denke, dass es auch für sie gewisse Grenzen gibt. Unbesiegbar ist sie sicher nicht, und das wird auch Justine Cavallo wissen.« Sie lachte über sich selbst und meinte dann: »Es ist komisch, aber ich bin jetzt irgendwie froh, nicht allein hier im Haus zu sein. Da sehe ich Justine nicht mehr als Feindin an. Sie ist für mich eine Beschützerin. Oder wir beschützen uns beide.«
»Ich wünsche es dir.« Noch ein letzter Schluck, dann war die Tasse leer.
Ich bat Jane, mir ein Taxi zu rufen, das bereits wenige Minuten später da war.
Ich verabschiedete mich von Jane mit einem Kuss.
Der neue Tag war bereits angebrochen, und ich war gespannt, was er uns bringen würde…
***
Geschlafen hatte ich trotz allem noch recht gut. Ich war froh, dass es mir häufig gelang, akute Fälle für kurze Zeit aus meinem Gedächtnis zu verbannen, denn sonst würde ich in meinem Leben keine Nacht mehr Ruhe finden.
Suko wusste nicht, was in der Nacht weiter geschehen war. Er war nur überrascht, als ich recht früh an seiner Tür klingelte. Er hatte noch nicht mal gefrühstückt.
»Dann kann ich ja gleich etwas mit essen.«
»Okay.«
Bei Shao und ihm gab es die gesunde Kost. Ich trank auch Tee, und ich berichtete zwischendurch.
Die Augen meiner Zuhörer weiteten sich immer mehr. Sie konnten kaum fassen, was ich erlebt hatte.
»Das ist ja verrückt«, sagte Shao mit leiser Stimme. »Eine Frau, die Menschen die Köpfe abschlägt, treibt hier in London ihr grausames Unwesen.«
»Leider, Shao. Ich hätte es auch gern anders. Wir haben ein ziemliches Problem. Sir James habe ich bereits in der Nacht informiert.«
»Eine Spur hast du nicht?«, fragte Suko.
»Nein, die müssen wir uns noch suchen.«
»Glaubst du denn, dass diese Loretta eine Blutsaugerin ist?«, wollte Shao wissen.
»Das ist die große Frage«, gab ich zu. »Aber spielt es letztendlich eine Rolle?«
»Im Prinzip nicht«, meinte Suko. »Nur dass sie als Vampirin stärker ist als ein normaler Mensch. Wenn Mallmann sie geschickt hat, dann muss sie das einfach sein. Sie saugt ihre Opfer blutleer und schlägt ihnen danach den Kopf ab. Das ist zwar schlimm, aber im Prinzip handelt Justine Cavallo auch nicht anders.«
»Du sagst es, Suko.« Ich hatte meine Schüssel leer gegessen und stand auf.
Mehr Zeit wollten wir nicht verlieren. Ob Justine zu Jane Collins zurückgekehrt war, wusste ich noch nicht. Ich würde die Detektivin vom Büro aus anrufen.
Shao verabschiedete uns mit allen guten Wünschen, dann machten wir uns auf den Weg.
Wir hatten auf der Fahrt zum Yard genug Zeit, über den Fall zu reden.
Diesmal saßen wir in Sukos BMW. Mein Freund war noch immer leicht angefressen, dass er den zweiten Teil der Nacht nicht mitbekommen hatte.
Ich winkte ab. »Was hätte das gebracht? So hat sich nur einer die halbe Nacht um die Ohren geschlagen. Um Jane brauchen wir uns auch keine Sorgen zu machen. Wenn Justine bei ihr ist, wird es diese Loretta schwer haben, einen Angriff zu starten.«
»Ja, das sehe ich auch so.« Suko hielt vor einer Autoschlange. »Ich für meinen Teil glaube eher, dass diese Person sich zu viel vorgenommen hat. Die will uns vernichten und gleichzeitig Zeichen in der Unterwelt setzen. Da hat sich Mallmann eine Menge vorgenommen.«
»Klar, Suko, er will es wissen.«
An diesem Morgen stand die Glücksgöttin Fortuna auf unserer Seite. Es gab nur zwei kleine Staus, und als wir das Büro erreichten, war Glenda noch nicht da.
Das geschah höchst selten, und wir schauten uns fragend an. Nicht nur sie wurde vermisst, auch ihr Kaffee, den ich immer zur Begrüßung getrunken hatte.
Für Glendas Verspätung gab es zahlreiche Gründe, wir wollten uns da nicht unnötig einen Kopf machen. Zudem erhielten wir Besuch, denn plötzlich
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