1597 - Die Köpferin
von einem Ersatz für Justine gesprochen, und er hat Loretta höher eingeschätzt als sie.«
»Das ist keine Überraschung. Hat er denn nicht gesagt, wann Loretta unsere Köpfe haben will?«
»Das hat er natürlich nicht. Wir haben allerdings den Eindruck, dass er auch in den nächsten Stunden nicht untätig sein will. Das heißt, er wird sich zurückhalten und seine neue Freundin Loretta schicken. Ja, so sieht es aus.«
»Wir warten auf sie, John. Wir sind vorbereitet. Ihr könnt euch noch überlegen, ob ihr nicht zu uns kommen wollt. Zu viert sind wir besser gerüstet. Ist das okay?«
»Wäre es im Normalfall«, gab ich zu. »Aber diesmal kann ich nicht zustimmen.«
»Warum nicht? Was hält dich davon ab?«
»Mallmanns Anruf!«
»Wieso?«
»Ich kann es dir nicht genau sagen, Jane. Ich habe einfach das Gefühl, dass er es mehr auf uns abgesehen hat.«
»Gut, dann warten wir getrennt und drücken uns gegenseitig die Daumen.«
»Das wäre am besten. Und pass schön auf deinen Kopf auf, Jane!«
»Klar, mache ich.« Ihre Stimme hatte gepresst geklungen. Auch mein Gesicht zeigte einen nachdenklichen Ausdruck, als ich jetzt den Hörer auflegte.
Suko hatte auch dem letzten Gespräch zugehört. Seine Stirn warf Falten als er fragte: »Hast du das alles ernst gemeint?«
»Was?«
»Das mit deinem Gefühl.«
»Habe ich, Suko. Das meinte ich todernst.«
Ich lehnte mich zurück. »Warum hat Mallmann uns angerufen? Wollte er sich nur wichtig machen? Nein, das glaube ich nicht. Das hat er auch nicht nötig. Es muss bei ihm einen anderen Grund geben, und ich glaube, dass er speziell auf uns fixiert ist.«
»Dann sieht er in uns für seine Helferin Loretta die gefährlicheren Gegner.«
»Ja!«
»Und was werden wir beide unternehmen?«
»Sie werden etwas tun. Was es genau sein wird, weiß ich nicht. Dracula II ist ein Mann für böse Überraschungen.«
»Das weiß ich.«
Zwischen uns entstand eine Schweigepause. Jeder hing seinen Gedanken nach. Ich für meinen Teil merkte, dass die Spannung in mir anwuchs. Je länger ich über das Telefonat nachdachte, umso unruhiger wurde ich.
Es war sehr still geworden in unserer Umgebung. Wie so oft stand die Tür zum Vorzimmer halb auf. Wir konnten in den anderen Raum schauen, in dem sich keine Glenda Perkins aufhielt.
Und doch hörten wir von dort ein Geräusch. Es klang nicht mal fremd, denn es wurde die zweite Tür geöffnet.
Sofort danach erreichte ein weiterer Laut unsere Ohren. Es konnte sich dabei um ein Stöhnen handeln. Jedenfalls war es ein Laut, der nicht hierher passte.
Suko und ich sprangen zur gleichen Zeit hoch. Und zugleich fielen unsere Blicke in das Vorzimmer.
Es war nicht mehr leer.
Besuch war gekommen.
Loretta, die Köpferin!
Nur war sie nicht allein, denn sie hatte sich eine Geisel genommen.
Es war unser Chef Sir James!
***
Das also war das schlechte Gefühl gewesen, das mich die ganze Zeit nicht hatte loslassen wollen, aber mit einem derartigen Fortgang des Geschehens hatte ich nicht gerechnet und Suko sicherlich auch nicht.
Wir standen da, starrten ins Vorzimmer und hatten das Gefühl, zu Eis geworden zu sein. Es war eine Szene, die man nur als irreal empfinden konnte, obwohl sie der Wahrheit entsprach.
Sir James ging es ziemlich schlecht. Die Köpferin hatte ihn voll im Griff.
Da ihre Waffe eine lange Klinge hatte, brauchte sie den Mann nicht an sich zu drücken. Sie konnte hinter ihm gehen und ihm die Klinge an den Hals halten.
Es war nicht zu übersehen, dass Sir James bereits geschnitten worden war. Aus einer dünnen Wunde war Blut gesickert und hatte den Kragen des hellen Hemdes gezeichnet.
Das Gesicht unseres Chefs war glatt. Es gab keine Bewegung mehr darin. Die Brille war ihm etwas nach vorn gerutscht und drohte von der Nase zu fallen. Noch aber hielt sie.
Ein zweites Gesicht gab es ebenfalls. Es gehörte Loretta, deren Gesicht wir bisher noch nicht gesehen hatten. Auch diesmal war es schlecht zu erkennen. Wenn ich es hätte beschreiben müssen, dann hätte ich es als einen grauen Klumpen bezeichnet, in dem die üblichen Merkmale wie Mund, Nase und Auge nicht normal ausgebildet waren. Da hatte ihr Schöpfer wohl einen Fehler begangen.
Trotzdem existierte Loretta, denn von einem normalen Leben konnte man bei ihr nicht sprechen.
Uns war vieles durch den Kopf gegangen, wir hatten mit vielem gerechnet, aber dass sich die Lage so verschärfen würde, das war für uns im Moment nicht zu begreifen, eben weil es Sir James war, der
Weitere Kostenlose Bücher