1597 - Die Köpferin
Loretta war uns immer voraus, daran gab es nichts zu rütteln, und das ärgerte mich, aber ich konnte es nicht ändern.
Jane übernahm wieder das Wort. »Justine ist unsere einzige Hoffnung. Sie ist so etwas wie ein Hindernis auf dem Weg dieser Köpferin. Sie muss es überwinden, dann hat sie freie Bahn. Ich denke nicht, dass wir sie unbedingt suchen müssen. Eine wie Loretta wird uns finden.«
Suko und ich konnten nicht widersprechen, auch wenn ich vor Wut und Hilflosigkeit meine Hände ballte.
»Wo wollt ihr sie erwarten?«, fragte ich dann.
»Bestimmt nicht auf der grünen Wiese«, erklärte Jane. »Sie ist ja schon mal zu mir gekommen, um nach Justine zu suchen. Ich denke, dass sich das wiederholt.«
»Man kann sie auch weglocken«, schlug die Cavallo vor.
»Und wohin?«
»Darüber muss ich noch nachdenken. Ich denke an einen einsamen Ort. Da haben wir mehr Bewegungsfreiheit.«
»Du meinst, dass es zu einem Kampf kommt?«, fragte ich.
»Ja, John, denn kampflos gebe ich nicht auf.« Ihre Augen funkelten. »Ich will ihn, sie will ihn ebenfalls, denn erst wenn ich aus dem Weg geräumt bin, hat sie freie Bahn für ihre anderen Taten. Mir ist es im Prinzip egal, wem sie den Kopf abschlägt, ich will nur nicht, dass Mallmann durch sie noch mehr erstarkt.«
Ich verzog die Lippen. Das war wieder die echte Justine Cavallo. Damit hatte sie bewiesen, dass sie trotz ihres menschlichen Aussehens nicht zu den Menschen gehörte, denn irgendwelche Gefühle waren ihr fremd.
»Dann können wir ja fahren«, sagte ich und öffnete die Tür. »Unser Wagen steht in der Nähe. Ich hoffe, dass wir Bescheid bekommen, sollte Loretta auftauchen.« Justine nickte.
Jane gab keinen Kommentar. In ihren Augen allerdings war zu lesen, dass sie von allem nicht überzeugt war und sie sich in ihrer Rolle sehr unwohl fühlte.
Auf dem Weg zum BMW musste ich wieder zum Handy greifen. Sir James wollte mich sprechen.
»Mir sind da so einige Dinge zu Ohren gekommen, John. Sind Sie beschäftigt oder können wir im Büro reden?«
»Wir kommen, Sir!«
»Gut…«
***
»Wann kommt sie?«, fragte Jane, die sich auf das Fahren konzentrieren musste und trotzdem gedanklich mit dem Fall beschäftigt war.
Justine schlug auf ihre Oberschenkel. »Frag nicht, wann sie kommt. Sag lieber, dass sie schon da ist oder erst gar nicht verschwunden ist. Sie will den Sieg, und dafür tut sie alles.«
»Und wo kann sie sein?« Nach dieser Frage musste Jane vor einer Ampel halten.
»Das weiß ich nicht. Es ist mir leider nicht möglich, sie zu lokalisieren. Aber sie bleibt uns auf der Spur.«
Jane nickte und sagte: »Aber sie ist eine Vampirin?«
»Sicher. Warum fragst du?«
»Wie stark ist sie im Tageslicht?«
»Ha, mehr als stark. Das hat sie heute bewiesen. Sie erscheint, schlägt zu und taucht ab.«
Damit hatte Jane ihre Antwort bekommen. Sie wusste trotzdem nicht, wie es weitergehen sollte, und der kalte Schauer auf ihrer Haut wollte einfach nicht weichen…
Der Mord an Dario Sikora hatte mächtig Staub aufgewirbelt, und davon war auch unser Chef, Sir James Powell, nicht verschont geblieben.
Nach unserer Ankunft waren wir sofort in sein Büro geeilt und hatten uns Sätze anhören müssen, in denen ein leicht vorwurfsvoller Unterton mitschwang, was zu verstehen war, denn schließlich hatten wir die Köpferin nicht stellen können.
Als Sir James die Details hörte, da hatte er Verständnis für unsere Niederlage.
Seine Gesichtshaut sah schon leicht grau aus, denn auch er dachte an die Folgen und stellte eine Frage, die quasi auf der Hand lag.
»Ist sie denn unbesiegbar?«
»Das hoffen wir nicht«, sagte ich.
Suko fügte auch noch hinzu: »Unbesiegbar war auch der Schwarze Tod nicht.«
»Das lässt mich dann hoffen.« Sir James lehnte sich zurück. »Und Sie müssen jetzt darauf warten, dass sich diese mörderische Gestalt wieder meldet.«
Ich nickte. »Wie auch immer. Und wir hoffen, dass sie sich zunächst um Justine Cavallo kümmert. Ihr Tod ist für Will Mallmann wichtig.«
»Gehen Sie unbedingt davon aus, dass er derjenige ist, der die Fäden zieht?«
»Wir müssen Justine Cavallo glauben.«
Sir James verzog sein Gesicht. »Ja, manchmal muss man sich mit Beelzebub verbünden, um dem Teufel ein Schnippchen zu schlagen.« Er schaute auf seine Uhr. »Da Sie keinen konkreten Plan haben, was gedenken Sie zu unternehmen? Trotz allem.«
»Wir werden warten müssen, Sir«, sagte Suko. »Im Moment stehen wir nicht an der ersten Stelle. Wir
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