1597 - Die Köpferin
schlichtweg die Sprache verschlagen hatte.
Dafür redete die Blutsaugerin. »Er hat eine Nachfolgerin für mich gefunden oder sie sich selbst geschaffen, und diese Loretta ist nicht mal schlecht, das muss ich zugeben.«
»Ist sie denn unbesiegbar?«, flüsterte Jane.
»Das kann ich dir nicht sagen. Jedenfalls ist sie den Menschen überlegen, das haben John und Suko ja erlebt. Damit müssen wir uns abfinden.«
»Hättest du denn eine Chance gegen sie?«
Die Cavallo musste lachen. »Das weiß ich nicht genau, Jane. Sollte bei ihr etwas auf eine Niederlage hindeuten, wird sie es immer wieder schaffen, sich zurückzuziehen.«
»Ja«, sagte Suko, »sie ist schneller als eine Kugel. Das haben wir erleben müssen.«
»Genau das hat Mallmann gewollt. Es ist schade, dass er noch existiert. Ihr hättet ihn schon längst vernichten müssen.«
Das war mir klar, das brauchte sie uns nicht zu sagen. Ich stellte ihr eine andere Frage.
»Um noch einmal auf den Staub zurückzukommen, woraus besteht er denn? Doch nicht aus normaler Erde?«
»Nein, nein, das nicht. Ich gehe davon aus, dass Mallmann den Staub seiner Vampire genommen hat. Er hat ihn mit Blut vermischt. Er hat dafür gesorgt, dass daraus ein fester Körper wurde, der eine menschliche Form hat. Mehr kann ich euch auch nicht sagen, und ich weiß auch nicht, ob ich recht habe. Ich habe mich nur daran erinnert, von welchen Zukunftsvisionen Dracula II damals gesprochen hat. Da hat er sich wohl eine erfüllt. Eine wie Loretta würde alles für ihren Erschaffer tun. Er kann sie hinschicken, wohin er will. Sie wird ihn nicht enttäuschen. Und sie hat bestimmt eine große Aufgabe erhalten. Sie will und soll uns auslöschen und zugleich die Londoner Unterwelt in Aufruhr bringen, sodass sich die Bosse gegenseitig noch weniger trauen.«
»Wie die Banken untereinander in der heutigen Zeit«, fügte Jane Collins sarkastisch hinzu.
Über die Bemerkung lachte nicht mal sie selbst. Dazu war die Sache zu ernst.
Ich fühlte mich nicht eben wie ein junger Gott, trotzdem dachte ich nicht daran, aufzugeben. Ich holte Luft und presste die Worte hervor: »Egal, was Mallmann auch geschaffen hat, wir können nicht zulassen, dass Loretta weiterhin mordet. Sie hat sich jetzt zurückgezogen und lauert wahrscheinlich in der Vampirwelt. Aber da wird sie nicht immer bleiben, weil sie ja etwas erfüllen muss. Wie ich annehme, Justine, bist du die Einzige, die sie aufspüren kann.«
»Kann man so stehen lassen.«
»Und deshalb könntest du auch an erster Stelle stehen, endgültig vernichtet zu werden. Du bist eine Person, von der sie sich vorsehen muss.«
»Ja. Es ist mir eine Ehre«, erwiderte sie spöttisch.
»Kann man darauf einen Plan aufbauen?«, fragte Suko skeptisch.
»Es kommt darauf an.« Ich wies auf die Vampirin. »Justine könnte so etwas wie einen Lockvogel spielen. Sie will ja auch, dass Loretta vernichtet wird. Da könnte sie sich anbieten. Wir beide waren an der Fundstelle der Köpfe. Könnte ja sein, dass Loretta wieder dorthin zurückkehrt. Wie gesagt, das ist nur ein Vorschlag oder ein Gedanke…«
»John, sie braucht Blut«, sagte Suko. »Und das wird sie sich auf jeden Fall holen.«
Ich schaute Justine an. »Dann ist sie doch eine Vampirin?«
»Was sonst?«
»Ich habe ihre Zähne nicht gesehen. Und wenn ich richtig darüber nachdenke, nicht mal ihr Gesicht.«
Justine schob sich noch weiter zur Seite, damit sie Suko und mich besser sah. Sie öffnete ihren Mund, zeigte ihre Zähne und lächelte dabei.
»Hast du Gesicht gesagt?«
»Sicher!«
»Da muss ich dich wohl enttäuschen. Auch ich habe ihr Gesicht noch nie gesehen.«
»Und warum nicht?« Justine lachte. »So ganz perfekt scheint sie mir nicht geworden zu sein. Ich weiß nicht mal, ob sie ein Gesicht hat.«
»Ein Kopf ist vorhanden«, warf Suko ein.
»Na und? Muss sie dann auch ein Gesicht haben? Eines, wie wir es uns vorstellen? Zwingend notwendig ist das nicht. Eine Köpferin ohne Gesicht, das ist es doch.«
Ob es das wirklich war, ich hatte da echt meine Bedenken. Die behielt ich allerdings für mich. Mallmann konnte auch daneben gegriffen haben.
Er war eben nicht der Schöpfer, sondern nur ein verbrecherisches und magisches Individuum.
»Was machen wir?«, fragte Jane.
»Warten.« Justine rieb ihre Arme. »Es bleibt uns nichts anderes übrig. So sehe ich das.«
Wir hatten ihren Vorschlag gehört. Ich schaute meinen Freund Suko an, der sich Justines Vorschlag durch ein Schulterzucken anschloss.
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