1598 - Allein unter Zombies
sie nicht für immer. Das war ihm auch klar. Irgendwann würde alles vorbei sein, und er wusste auch, dass den Menschen dann nur die schnelle Flucht half. Schon jetzt waren seine Freunde ihm aus den Händen geglitten. Es hatte wohl einen Toten gegeben und auch einen Zeugen, aber so genau wusste er das nicht.
Noch war alles in Ordnung, das hoffte Emilio zumindest, und er setzte seinen Weg fort, der ihn durch die Einsamkeit führte.
Zu hören waren nur seine eigenen Trittgeräusche und das Säuseln des Windes, der seinen Kopf umwehte.
Hin und wieder flog ein großer Vogel hoch über seinen Kopf hinweg.
Wäre es völlig still gewesen, er hätte sogar das Schlagen der mächtigen Schwingen gehört.
Es ging weiter bergab, nur nicht mehr so steil. Wenn er nach vorn schaute, glitt sein Blick über die Dächer der Häuser. Von seiner Position aus waren die wenigen Gassen kaum zu erkennen, und er sah auch keine Menschen im Freien.
Das war völlig natürlich. Die Leute - abgesehen von den wenigen Kindern - wussten genau, was hier vor sich ging, und sie würden sich hüten, sich einzumischen.
Emilio hätte zufrieden sein können, weil alles wie immer war. Er war es trotzdem nicht. Ein düsteres Gefühl hatte ihn erfasst. Er kannte den Grund nicht, es war aber da. Verändert hatte sich nichts, das sah er, weil er immer wieder seinem Ziel entgegenschaute.
Der Wald war noch da. Er wartete auf ihn. Die alten Bäume wirkten wie kahl gefressen. Immer dann, wenn das Mondlicht auf die Erde fiel und sie traf, sahen sie wie bleiche Knochen aus. Dann bildeten sie das ideale Bühnenbild für das, was er vorhatte.
Emilio war jetzt nahe genug herangekommen, dass er den alten Friedhof sah.
Er lag links von ihm. Die Mauer an der Rückseite bildete zugleich die Grenze zum Wald hin. Von ihr aus musste er nur noch einige Schritte gehen, um die Bäume zu erreichen.
Er kam aus der anderen Richtung und konnte direkt in diesen Wald hineingehen. Es gab keine grüne Vegetation. Hin und wieder schauten ein paar zähe Grasbüschel aus dem Boden hervor, ansonsten war nur abgestorbenes Holz vorhanden. Alte Äste und Zweige, die dem Druck eines Sturms nicht ausgehalten hatten.
Er legte auch den letzten Rest des Weges zurück und verschwand dann zwischen den ersten Bäumen. Zuvor hatte er sich umgeschaut und war zufrieden, allein zu sein.
Noch…
Emilio betrat den Wald. An manchen Stellen wirkte der Boden wie gefegt.
Da hatte er das Unterholz zur Seite geräumt. Es lief immer wieder nach dem gleichen Ritual ab, wenn er damit anfing, seine Freunde zu locken.
Von einer richtigen Lichtung konnte man bei diesem Wald nicht sprechen, da die Bäume schon recht weit auseinander standen. Es gab überall genügend Platz für ihn, aber eine Stelle im Wald gefiel ihm besonders.
Hier war der Ort, an dem sich alles abspielen und an dem er seine Zeichen setzen würde.
Als er ihn betrat, sah er noch die Reste der Spuren des vergangenen Abends.
Es war die kalte Asche, die sich auf der blanken Erde ausbreitete. Das Holz war verbrannt. Um ein Feuer anzuzünden, musste er neues sammeln. Das war für Emilio kein Problem. Er hatte vorgesorgt und einiges an Unterholz gesammelt. Es lag jetzt in seiner Nähe.
Emilio machte sich an die Arbeit. Er richtete mit dem Holz eine neue Feuerstelle her. Es war eine Arbeit, die er gern tat, weil er wusste, dass sie einfach dazugehörte.
Das Feuer brachte ihm nicht nur die gewünschte Wärme, es sorgte auch dafür, dass die Anderen dieses Zeichen sahen, und nur das zählte.
Es dauerte nur wenige Minuten, da hatte er seine Arbeit beendet und betrachtete zufrieden sein Werk.
Über seine Lippen glitt ein Lächeln, wenn er an die nächsten Tage dachte. Sie würden das Zeichen sehen. Sie würden alle kommen, und es würde wieder seine Zeit beginnen. Er würde erleben, dass es zwischen dem Tod und dem Leben noch eine Stufe gab, von der kaum ein Mensch etwas wusste.
Noch zündete er das Holz nicht an. Es war noch nicht die richtige Zeit.
Erst wenn die Dämmerung hereinbrach, sollte das Holz brennen. So lange wollte Emilio warten. Er war allein.
Später würde er nicht mehr allein sein. Und trotzdem würde er sich dann allein fühlen.
Allein unter Zombies…
***
Was mit meinem Kollegen geschehen war, wusste ich nicht. Ich jedenfalls war durch den Schlag gegen den Kopf nicht bewusstlos geworden. Dafür fühlte ich mich hilflos, denn ich lag am Boden, und es gab keinen Menschen, der mir auf die Beine geholfen hätte.
Um
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