16 - Geheimagent Lennet läßt die Bombe platzen
stoßen.
»Dann verdanke ich dir mein Leben, Carlito.« Lennet drückte den Arm der Freundin.
»So wie ich dir das meine verdanke, Angelo. Ich hätte ein drittes Mal keinesfalls überlebt, über Bord zu gehen.«
Ernst drückten sich die beiden Freunde die Hände. Dann kniete Lennet neben dem Kommandanten nieder. »Er atmet noch", stellte er fest. »Doch die Befehlsgewalt auf der Oleo III wird Nasri, der zweite Offizier, übernehmen müssen. Den alten Robarra müssen wir in seine Kabine bringen und einen Hubschrauber anfordern, damit er so rasch wie möglich ärztlich versorgt wird.«
Maria Carolina sah Lennet prüfend an. »Hör mal zu, Angelo", sagte sie, »du hast mich ganz schön an der Nase herumgeführt! Es wäre Zeit, daß du mir die Wahrheit sagst. Als du behauptet hast, du seist der Saboteur, habe ich dir kein Wort geglaubt.
Aber ich wußte, daß du keinesfalls ein Schafhirte aus Avila bist.
Es war mir schon vorher komisch vorgekommen. Und jetzt, wo du von ärztlicher Versorgung und Hubschraubern sprichst, wirkst du noch viel weniger wie ein Schafhirte. Du bist nicht vielleicht der Detektiv, den Senor Pagan beauftragen wollte?«
»Nein", erwiderte Lennet. »Der Detektiv ist Miguel Ramirez.
Doch du hast recht, ich bin nicht Angelo. Ich muß dir die Wahrheit sagen. Ich bin französischer Offizier, und ich habe den Auftrag, die Katastrophen, die mit deinen Schiffen geschehen sind, zu untersuchen. Und außerdem weiß ich, wer der zukünftige Saboteur auf diesem Schiff ist. Wir müssen ihn so rasch wie möglich erwischen, damit er sein schmutziges Handwerk nicht mehr tun kann. Mehr kann ich dir im Augenblick nicht sagen. Nimm den Revolver des Kapitäns - ich vermute, daß es Schwierigkeiten mit der Mannschaft geben wird. Komm, Maria, wir gehen zu Nasri!« Nasri saß bequem in seinem Plastiksessel in der Kommandozentrale.
Obwohl draußen der Sturm tobte, las der zweite Offizier seelenruhig in einem seiner Abenteuerromane. Draußen herrschte tiefe Dunkelheit. Die Sicht war gleich null. Nasri war gerade an der Stelle angekommen, wo die Anführer der Meuterer die Brücke stürmen und den Piratenkapitän mit ihren Waffen bedrohen, als sich die Türe öffnete. Er hob den Blick.
Sein Buch fiel ihm aus der Hand. Der Anführer der Meuterer und sein Komplize standen vor ihm, die automatische Pistole und den Revolver im Anschlag.
»Ich ergebe mich!« rief der Piratenkapitän und hob die Arme.
»Es handelt sich nicht darum, daß du dich ergibst", stellte Lennet richtig, »sondern darum, daß du die Führung des Schiffes übernimmst. Kapitän Robarra hat einen schweren Unfall gehabt und kann seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Du mußt an seine Stelle treten.«
»Ich... die Führung des Schiffes...«, stammelte Nasri. In diesem Moment öffnete sich die Tür erneut, und Ramirez trat ein. Er verbarg nicht seine Überraschung, als er Lennet erblickte. »Ich dachte", sagte er trocken, »daß wir übereingekommen waren, daß Sie in Ihrem Gefängnis in Sicherheit bleiben. Halten Sie so Verabredungen ein?«
»Ich konnte nicht wissen, daß Robarra mir die Todesstrafe zugedacht hatte und selbst die Exekution ausführen wollte", erwiderte Lennet. »Ebensowenig wie die Tatsache, daß Maria Carolina das Urteil fast an ihm selbst vollstreckt hätte. Wenig hat dazu gefehlt. Und Sie selbst, haben Sie Cellar verfolgt?«
»Nein. Ich habe den Kapitän gesucht. Auf dem ganzen Schiff.
Ich wollte, daß er die Durchsuchung des Tankers anordnet. Jetzt kann er das wohl nicht mehr tun. Oder?«
»Der Kapitän? Nein, er kann nicht einmal mehr nach seiner Lieblingsflasche greifen. Wie ist es, Nasri, übernimmst du die Führung dieses Schiffes, ja oder nein?«
»Aber ich... ich... ich habe keine Ahnung, wie man das macht", stotterte der zweite Offizier.
»Was heißt das, keine Ahnung? Du hast doch eine Ausbildung als Schiffsoffizier gemacht. Ich sehe doch dein Diplom dort oben an der Wand hängen!«
»Ja", sagte Nasri betreten, »das Diplom habe ich schon. Aber ich habe es gekauft. Für tausend Dollar. Ich bin zum ersten Male in meinem Leben auf einem Schiff.«
»Heißt das, daß Sie von Schiffahrt überhaupt nichts verstehen?« schrie Maria Carolina.
»Nein, Carlito. Ich will sagen: Nein, mein Herr. Nein, das soll heißen, nein, Senorita Maria. Ich habe niemals studiert. Ich habe nur für kurze Zeit einen Fernlehrgang belegt.«
Maria Carolina stürzte zur Wand und riß das Diplom herunter.
Sie warf es aus dem offenen Fenster.
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