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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sondern ein Christ.“
    „So freut es mich noch mehr. Ich bin eine Kyzyl elma katolika (römische Katholikin), und mein Bräutigam gehört demselben Glauben an.“
    „Nun, ich war in Rom und habe den Baba mukkades (Heiliger Vater) gesehen, umgeben von den hohen Kardnalalar (Kardinäle).“
    „O, wenn du das mir erzählen könntest!“
    Dieser Wunsch war wohl auch ein wenig von der weiblichen Neugierde diktiert, kam aber aus einem guten Herzen. Das sah man ihren offenen, leuchtenden Augen an.
    „Ich wollte es wohl gern tun, aber ich werde dich wahrscheinlich nicht wiedersehen.“
    „Du bist hier fremd, wie ich sehe. Wo willst du bleiben?“
    „Bei Murad Habulam.“
    „Tanry walideji aziza – heilige Gottesmutter!“ rief sie erschrocken aus.
    Schnell trat sie näher, ergriff meinen Bügelriemen und fragte mit gedämpfter Stimme:
    „Bist du etwa der Effendi, der mit drei Begleitern hier erwartet wird?“
    „Ein Effendi bin ich, und drei Begleiter habe ich. Aber ob ich erwartet werde, das kann ich nicht wissen.“
    „Kommst du heute von Sbiganzy?“
    „Ja.“
    „So bist du es.“
    Und indem sie sich auf die Zehen erhob, raunte sie mir noch leiser als vorher zu:
    „Nimm dich in acht!“
    „Du darfst laut sprechen, Anka. Diese drei Männer dürfen alles hören; sie sind Freunde von mir. Vor wem soll ich mich hüten?“
    „Vor Murad Habulam, meinem Herrn.“
    „Ah, du dienst bei ihm?“
    „Ja, und Janik auch.“
    „Hast du einen Grund zu deiner Warnung?“
    „Man trachtet euch nach dem Leben.“
    „Das weiß ich bereits. Kannst du mir vielleicht sagen, in welcher Weise man das tut?“
    „Noch nicht. Ich habe gelauscht und Janik auch. Wir haben einiges vernommen, aus dem wir ahnen können, daß etwas Schlimmes mit euch geschehen soll.“
    „Willst du meine Beschützerin sein?“
    „Gern, sehr gern, denn du bist meines Glaubens und hast den heiligen Vater gesehen. Ich werde dich beschützen, und sollte mein Herr uns fortjagen!“
    „Wenn er das tut, so werde ich für euch sorgen.“
    „Wirst du es wirklich tun, Effendi?“
    „Ich gebe dir mein Wort.“
    „So wirst du es auch halten, weil du ein Christ bist. Ich kann dir jetzt nichts mehr sagen, denn ich habe keine Zeit; ich muß in die Küche gehen, weil die Herrin nach Uskub auf Besuch gegangen ist. Sie hat sogleich fort gemußt, als die Kunde von eurer Ankunft kam. Hütet euch vor Humun, dem Diener, welcher der Vertraute des Herrn ist und mich haßt, weil Janik mir lieber ist als er. Ihr werdet im Kulle jaschly anaja (Turm der alten Mutter) wohnen, und ich sorge dafür, daß ihr Nachrichten erhaltet. Wenn ich nicht selbst kommen kann, so werde ich Janik zu euch senden, dem ihr vertrauen könnt.“
    Sie hatte das in fliegender Hast gesprochen und rannte dann davon.
    „Herr, was haben wir da gehört!“ sagte Osco. „Welch eine Gefahr bedroht uns da! Wollen wir nicht lieber in den Gasthof gehen?“
    „Nein. Dort würden wir ebenso bedroht sein, ohne uns wehren zu können. Hier aber haben wir Helfer und Freunde, von denen wir erfahren werden, was wir zu tun haben.“
    „Der Sihdi hat recht“, stimmte Halef mir bei. „Allah hat uns diese Freundin und ihren Bräutigam gesandt, um uns zu beschützen. Das Christentum muß doch gut sein, da es sofort die Herzen verbindet. Da ich ein Moslem bin, kann ich kein Christ sein; aber wenn ich kein Moslem wäre, so würde ich ein Anhänger von Isa ben Marryam (Jesus, Mariens Sohn) werden. Seht! Dort winkt der Schneider, der Verräter!“
    Wir waren an die Mauerecke des Gartens gekommen und ritten nun längs der einen Seite hin. Dort stand ein Tor offen, und vor demselben hielt der Schneider, um uns zu erwarten.
    „Kommt, kommt!“ rief er uns entgegen. „Ihr seid hoch willkommen! Der Herr erwartet euch!“
    „Kann er uns nicht selbst entgegenkommen?“
    „Nein, denn er hat kranke Beine und kann nicht gehen.“
    „So bereiten wir ihm große Störung und Unbequemlichkeiten?“
    „Gar nicht. Er freut sich, in seiner Einsamkeit Leute zu haben, mit denen er sich unterhalten kann, denn das Schlimmste bei seiner Krankheit ist die Langeweile.“
    „Nun, da ist zu helfen. Wir werden ihm Kurzweile und Beschäftigung bringen.“

SECHSTES KAPITEL
    Im Turme der alten Mutter
    Wir ritten durch das Tor. Nach der Beschreibung, welche uns der Schneider gemacht hatte und nach dem Eindruck des Gebäudes von der Ferne aus hatte ich ein schloßähnliches Bauwerk erwartet. Aber wie sah es aus!
    Es war allerdings lang

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