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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den ersten Häusern des Dorfes anhielten. „Setzen wir gleich über?“
    „Nein“, antwortete ich. „Wir reiten beiseite und warten, was Suef tun wird; dann folgen wir ihm dahin, wohin er reitet. Wir wissen nicht, wo Karanirwan liegt; er wird also unfreiwillig unser Führer sein.“
    „Nein, Effendi; er wird klug genug sein, uns in die Irre zu führen.“
    „Und wir werden uns nicht von ihm betrügen lassen. Du mußt bedenken, daß ihn seine Füße entsetzlich schmerzen. Er hat sie zwar im Bügel und braucht sie nicht anzustrengen; aber das Reiten verursacht ihm dennoch Qual. Er wird also sein Ziel baldigst zu erreichen suchen, und wenn er auch beabsichtigt, uns irre zu leiten, so wird er doch nicht allzuweit von seiner Richtung abschweifen.“
    „Aber er wird alles mögliche versuchen, um uns aus den Augen zu kommen!“
    „So werden wir alles tun, um es zu verhindern. Also machen wir uns auf die Seite!“
    Wir ritten noch ein Stück weiter, so daß Suef in erwünschter Entfernung an uns vorüber und zur Fähre kommen konnte. Da blieben wir halten, doch so, daß ich mich mit dem Gesicht nach ihm zu befand. Wir taten übrigens, als ob wir ihn gar nicht beobachteten; doch konnte er sich denken, daß dies Verstellung von uns sei.
    Sonderbarerweise ritt er nicht nach der Fähre. Er drängte sein Pferd einmal vor und dann wieder zurück und sah aufmerksam hinüber nach der Eisenbahn, wie wenn das dortige Treiben ihn sehr interessierte.
    „Er will nicht“, lachte Halef. „Er ist gescheiter als wir.“
    „Wollen sehen. Er tut so, als ob er nur Augen für die Bahnarbeit habe, aber ich bemerkte doch, daß er oft seitwärts blickt – hinüber zu jenem weiß getünchten Hause. Es befindet sich dort eine Stange vor der Tür, wahrscheinlich zum Anbinden der Pferde. Vielleicht ist dieses Gebäude ein Khan, und er hat die Absicht, dort einzukehren. Tun wir also, als ob wir überfahren wollten.“
    Wir ritten nach der Fähre. Es war aus Brettern ein Pfad gebildet, um trockenen Fußes über den überschwemmten Teil des Ufers zu gelangen. Da dieser Pfad nur für Fußgänger bestimmt war, mußten wir ein Stück durch das Wasser reiten, welches den Pferden bis an den Leib ging.
    Die Überfahrt war eine nicht ganz unbedenkliche Sache. Der alte Prahm schien halb verfault zu sein. Die Seile, an denen er hing, waren verdächtig, und die Bedienungsmannschaft, bestehend aus einem alten Mann und drei halbwüchsigen Burschen, konnte kein großes Vertrauen einflößen. Dazu war der Wogengang sehr schwer. Der Fluß brachte allerlei schwimmende Gegenstände mit, welche er von den Ufern losgerissen hatte. Es hatten sich Wirbel gebildet, in welche man leicht geraten konnte. Kurz und gut, als wir uns jetzt auf der Fähre befanden, war es mir ziemlich unheimlich zumute.
    Der alte Fährmeister saß auf dem Rand und rauchte. Er betrachtete uns aufmerksam und nickte dann seinen drei Gehilfen verständnisvoll zu.
    Ich hatte mich so gestellt, daß ich Suef im Auge behielt. Kaum befanden wir uns auf dem Prahm, so trabte er fort, auf das beschriebene Haus zu, stieg ab, band sein Pferd an und humpelte mühsam durch die Tür.
    „Halef und Osco, rasch auch hinein! Ihr müßt unbedingt erfahren, was er dort tut und spricht. Laßt ihn nicht aus den Augen!“
    Die beiden trieben ihre Pferde hurtig an das Ufer zurück und ritten dem Hause zu. Keine halbe Minute später, nachdem Suef in dasselbe getreten war, gingen auch sie hinein.
    Jetzt wendete ich mich an den Alten:
    „Was haben vier Reiter zu bezahlen, um hinüber zu kommen?“
    „Zwanzig Piaster“, antwortete er mir die Hand entgegenhaltend. Ich gab ihm mit der Peitsche einen gelinden Hieb auf dieselbe und sagte:
    „Ich werde dir gar nichts geben.“
    „So bleibst du hüben!“
    „Nein, du fährst uns über. Du hast den fünffachen Preis verlangt. Das muß bestraft werden. Du wirst uns überfahren und dann drüben für jeden Piaster einen Streich auf die Sohlen erhalten. Hier blicke in diesen Ferman des Großherrn! Da wirst du sehen, daß ich kein Mann bin, der sich betrügen läßt.“
    Er warf einen Blick auf das Siegel, nahm seine Pfeife aus dem Mund, legte die Hände über der Brust zusammen, verbeugte sich und sagte in unterwürfigem Ton:
    „Herr, was Allah sendet, ist gut. Ich werde euch überfahren und dafür zwanzig Streiche erhalten. Allah segne den Padischah und seine Kindeskinder!“
    So geht es zu ‚da hinten in der Türkei‘! Ich aber war kein Türke, zog zwanzig Piaster

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