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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber es gibt Leute, denen gegenüber dieses Sprichwort nicht angewendet ist.“
    „Zählst du mich zu diesen Leuten?“
    „Ja.“
    „So sage ich dir, daß du dich in einem großen Irrtum befindest. Man hat mich bei dir verleumdet.“
    „Woher weißt du, daß man von dir gesprochen hat?“
    „Ich schließe es aus deinem Verhalten.“
    „Eben dieses dein Mißtrauen sagt mir, daß man mich nicht belogen hat. Reite also weiter! Ich habe nichts mit dir zu schaffen.“
    „Aber ich mit dir! Ich bin ein ganz anderer, als man mich dir beschrieben hat.“
    „Gib dir keine Mühe! Ich kenne dich“, sagte er mit einer verächtlichen Handbewegung. „Wenn du klug bist, so verläßt du das Dorf. Du befindest dich nicht in einem abgelegenen Ort, wo man dich und die Deinen zu fürchten hat, weil man nicht auf Hilfe rechnen kann. Da, schau den Mann an! Du siehst, daß sich Männer des Padischah bei mir befinden.“
    Es war ein halb und halb militärisch gekleideter Mann unter die Tür getreten. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden ließ erraten, daß sie Brüder seien. Auch er sah mich an wie einen Menschen, dem man keine Freundlichkeit entgegenzubringen braucht.
    „Was gibt es? Was will dieser Fremde?“ fragte er den Wirt.
    „Ich weiß es nicht“, antwortete dieser. „Ich mag es auch gar nicht wissen. Ich habe ihm bereits gesagt, daß er weiterreiten soll.“
    „Das werde ich auch tun“, antwortete ich. „Aber ich beabsichtige, eine Erkundigung einzuziehen, und ich hoffe, daß ihr mir eine höfliche Frage beantworten werdet.“
    „Das werden wir tun, wenn deine Frage eine solche ist, die man beantworten kann“, meinte der Soldat. „Ich bin Hekim askeri (Militärarzt) in Uskub und befinde mich hier bei meinem Bruder auf Besuch. Das will ich dir sagen, bevor du fragst.“
    Jetzt war mir alles klar. Darum fragte ich:
    „Es sind heute morgen fünf Reiter bei euch eingekehrt?“
    Er bejahte.
    „Der eine war verwundet, und du hast ihn verbunden?“
    „So ist es. Weißt du vielleicht, wer ihn verwundet hat?“
    „Ich selbst.“
    „So ist es richtig, was diese Leute uns erzählt haben.“
    „Was haben sie denn erzählt?“
    „Das wirst du viel genauer wissen, als wir. Wenn du weiter nichts zu fragen hast, so sind wir mit dir fertig.“
    Er wendete sich ab.
    „Halt, warte noch!“ sagte ich. „Ich kann mir allerdings denken, daß man euch belogen hat, aber in welcher Weise dies geschehen ist, weiß ich nicht. Da du ein Arzt in Diensten des Sultans bist, so wirst du lesen können. Sieh dir einmal dieses Papier an.“
    Ich zog meinen Ferman hervor und überreichte ihm denselben. Kaum war sein Blick auf die Schrift und auf das Siegel gefallen, so machte er eine tiefe Verneigung und sagte erstaunt:
    „Das ist ja das Siegel und die Unterschrift des Großveziers! Ein solches Dokument wird nur mit der besonderen Erlaubnis des Padischah ausgefertigt.“
    „Allerdings! Und ich freue mich, daß du dies so genau weißt.“
    „Und du bist der rechtmäßige Besitzer dieses Fermans?“
    „Ja; überzeuge dich, indem du das Signalement mit meiner Person vergleichst.“
    Er tat dies, schüttelte den Kopf und sagte zu seinem Bruder:
    „Es scheint, wir haben diesem Effendi unrecht getan. Er ist nicht das, wofür man ihn ausgegeben hat.“
    „Ich bin überzeugt, daß man euch eine Unwahrheit über mich gesagt hat“, stimmte ich bei. „Vielleicht habt ihr die Güte, mir mitzuteilen, was von mir gesprochen wurde.“
    „Du bist also wirklich ein Effendi aus Alemanja, dem Lande, welches der ruhmreiche Kaiser Guillem beherrscht.“
    Als ich bejahte, fuhr er fort:
    „Hier hast du deinen Ferman zurück. Wir sind wirklich belogen worden; man hat uns glauben lassen, daß ihr Räuber seid.“
    „So etwas Ähnliches habe ich vermutet. Aber dieselben Leute, welche bei euch einkehrten, sind Räuber“, erwiderte ich.
    „Sie verhielten sich aber ganz anders.“
    „Ist das zu verwundern? Sie brauchten deine Hilfe; da mußten sie höflich sein.“
    „Und es war einer dabei, den ich kannte.“
    „Manach el Barscha?“
    „Ja. Er war früher Einnehmer der Kopfsteuer in Uskub.“
    „Bist du ihm etwa große Rücksicht schuldig? Er ist doch abgesetzt worden!“
    „Ja, aber er braucht nicht ein Räuber geworden zu sein!“
    „Er ist einer. Hast du vielleicht einmal von den beiden Aladschy gehört?“
    „Sehr oft. Es sind zwei Wegelagerer, welche das ganze Gebiet von den Kerubi- und Bastrikbergen bis zur Dovanitza Planina unsicher

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