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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gelenke zu haben. Sie machten das Fahrzeug höchst bedächtig von der Kette los, griffen dann zu den Stangen und stocherten mit denselben im Wasser herum, als ob sie eine Stecknadel auf dem Grund desselben entdecken wollten. Leider waren unsere Pferde eine solche Überfahrt nicht gewohnt. Wir mußten also im Sattel bleiben, um sie zu beruhigen; sonst hätte ich meinen Begleitern geboten, gleichfalls Hand anzulegen.
    Halef kam auf das richtige Mittel, den Gang des Fahrzeuges zu beschleunigen. Er zog seine Peitsche aus dem Gürtel, wendete sich an den nächsten Fährknecht und sagte:
    „Spute dich besser!“
    Zugleich gab er ihm einen Hieb über den Rücken, und kaum war dies geschehen, so rief der Alte:
    „O Allah, o Wehmut, o Verhängnis! Greift zu, ihr Söhne! Schiebt, stoßt, ihr Männer! Arbeitet, arbeitet, ihr Starken! Je eher wir hinüber kommen, desto größer wird das Bakschisch sein, welches wir von diesen vier berühmten Scheiks und Emirs erhalten.“
    Diese zarte Anspielung fuhr den drei Jungen so in die Glieder, daß sie sich mächtig anstrengten. Das Tempo wurde ein doppelt so schnelles. Natürlich ließen wir den Kahn nicht aus den Augen. Um an dem grad gegenüberliegenden Punkt anzukommen, mußten die Ruderer das Fahrzeug aufwärts halten. Im Uferwasser war das nicht schwer gewesen; je mehr sie sich aber der Flußmitte näherten, desto größere Anstrengungen machten sie. Und dennoch fiel der Kahn so bedeutend ab, daß er sich uns näherte, anstatt sich von uns zu entfernen. Dies schien Suef bedenklich zu machen. Wir sahen aus seinen Gebärden, daß er die beiden Männer zu noch größerer Kraftanstrengung anfeuerte.
    Auch unsere Leute mußten schwer arbeiten. Die Gewalt des Stromes war so stark, daß die Seile dumpfe Töne von sich gaben. Wenn eins derselben riß, so waren wir den Fluten überlassen. Der alte Fährmann suchte seinen ganzen Wortschatz hervor, um seine Leute zur Anstrengung aller ihrer Kräfte zu veranlassen.
    Was den Kahn betrifft, so hatten die beiden Ruderer desselben einen großen Fehler gemacht. Sie hätten zunächst hüben im ruhigen Uferwasser aufwärts rudern sollen, bis sie den Punkt erreichten, wo es nur einer leichten dirigierenden Nachhilfe bedurfte, um sich von dem Strom wieder abwärts und hinüber an das jenseitige Ufer treiben zu lassen.
    Schon war uns der Kahn auf die Hälfte näher gekommen, so daß wir die Gesichter der Insassen deutlich sehen konnten. Der Fährmann verfolgte das schwache Fahrzeug mit sachkundigem Blick.
    „Sie kommen nicht hinüber“, sagte er. „Entweder brechen die Ruder oder – ah, Allah, Allah, sie haben wirklich die Mitte! Beim Scheïtan, das sind kräftige Kerle! Es gelingt ihnen doch noch, denn – – – o Unheil, o Unglück, o Verderben! Jetzt ist's aus!“
    Er hatte recht. Dem einen der Männer war das rechte Ruder aus dem Dollen geschnappt und aus der Hand geprellt. Der Schmerz hatte ihn veranlaßt, auch das linke Ruder fahren zu lassen, so daß beide vom Wasser fortgerissen wurden. Jetzt konnte nur noch der andere arbeiten; aber seine Kräfte reichten nicht aus.
    Drüben am Ufer feierten Hacke und Schaufel. Die Arbeiter standen alle am Wasser und beobachteten den Vorgang mit größter Spannung. Auch wir hatten jetzt die Mitte erreicht. Die Macht des Wassers hob unsere Fähre auf der einen Seite empor: sie konnte sich leicht füllen, und dann war es auch um uns geschehen. Es waren Augenblicke der höchsten Gefahr.
    Da gingen dem Mann in dem Kahn die Kräfte aus. Er zog die Ruder ein und legte die Hände in den Schoß. Die Fluß faßte das Fahrzeug und trieb es grad auf unseren Prahm zu. Es kam in rasender Eile herbeigeschossen. Vom jenseitigen Ufer erscholl der gellende Angstruf:
    „Weib, Weib, halte dich fest!“
    Aber da war es auch schon geschehen. Ein lauter Krach – der Kahn prallte mit unserem Prahm zusammen. Ein einziger, entsetzlicher Schrei erscholl. Er war von den an beiden Ufern stehenden Leuten, von den vier Insassen des Kahnes und von uns, die wir uns auf der Fähre befanden, ausgestoßen worden. Er kam von so vielen Lippen und klang doch wie ein einziger Ausruf des allerhöchsten Schreckens.
    In solchen Augenblicken handeln viele nach einem geheimnisvollen Instinkt, welcher ihnen das Richtige eingibt, obwohl ihre Denkkraft vollständig versagt. Blitzschnell tun sie das Richtige und wissen dann später gar nicht zu sagen, warum sie just so und nicht anders gehandelt haben.
    Andere handeln nach einer klaren,

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