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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Arbeitern dort drüben und fährt umsonst. Diese Frau hat schon seit dem frühen Morgen da oben gesessen, aber es wurde eben noch nicht hinübergefahren. Doch was ist das? Sollte dieser Schneider –“
    Während der Erklärung des Alten war nämlich Suef aus der Herberge getreten und in den Sattel gestiegen. Er hatte uns mit einem Seitenblick gestreift und war dann nach der Stelle geritten, an welcher sich der Kahn befand. Dort stieg er ab.
    „Allah il Allah! Der Schneider will in den Kahn!“ rief der Alte. „Er mag sich sehr in acht nehmen, daß er nicht zu viel Wasser schlucken muß. Ich weiß, daß er arm ist und hätte ihn um einen Viertelpiaster oder gar umsonst mitgenommen. Warum kommt er nicht zu mir!“
    Ich hielt es für unnötig, den Alten über den Grund, welchen Suef hatte, aufzuklären. Er mochte unsere Absicht erraten haben und glaubte wohl, mit dem Kahn eher drüben anzulangen, als wir mit unserm schweren Prahm. Wenn er dann schnell in den Sattel stieg und im Galopp davonritt, konnte er uns aus den Augen kommen. An die Spuren, welche er zurücklassen mußte, dachte er nicht.
    Unterdessen kamen auch Halef und Osco eiligst herbei.
    „Sihdi, der Schurke fährt mit einem Kahn über“, meldete der Hadschi. „Er hat dreißig Piaster Lohn geboten, wenn sie ihn hinüberschaffen.“
    „Habt ihr noch etwas erfahren?“
    „Ja, aber nicht viel. Eben als wir eintraten, sprach er mit dem Wirt von den fünf Reitern. Er gab dem Wirt zwar einen Wink, zu schweigen, dieser aber war einmal mitten im Satz und beendete ihn, so daß wir es hörten.“
    „Und was habt ihr gehört?“
    „Daß die fünf den Schneider in Treska-Konak erwarten wollen.“
    „Wo ist dieser Ort?“
    „Das weiß ich nicht, und wir konnten es auch nicht von dem Wirt erfahren. Dieser hält es offenbar mit dem Schneider.“
    „Weiter wurde nichts gesprochen?“
    „Nur über die Fähre-Angelegenheit.“
    „So, daß ihr es hörtet?“
    „Ja. Dieser Suef sah uns dabei recht schadenfroh an. Es schien ihm Spaß zu machen, uns ärgern zu können. Am liebsten hätte ich ihm die Peitsche gegeben. Er meint, eher drüben anzukommen als wir.“
    „Ihr habt ihm nichts gesagt?“
    „Kein Wort.“
    „Das ist gut. Sieh, da zieht er sein Pferd am Zügel hinter sich her – er steigt wirklich in den Kahn, und die Mähre soll hinter demselben herschwimmen. Das wird sie wohl kaum fertigbringen.“
    „O, Sihdi, ich habe den Gaul während unseres vorgestrigen Rittes genau beobachtet: er ist viel, viel besser als er aussieht. Dieses Pferd hat den Scheïtan im Leibe.“
    „Nun, trotz allem, was geschehen ist, sollte es mir leid tun, wenn ein Unglück passierte, besonders um der Frau willen, welche mit eingestiegen ist. Fahren wir über, und zwar möglichst schnell. Vorwärts!“
    Dieser Ruf galt den Fährleuten.
    Der Alte hatte eben seine Pfeife ausgeklopft und zog den Beutel hervor, um sie wieder zu stopfen. Er fuhr trotz meines Befehls ganz gemächlich in dieser Arbeit fort.
    „Hast du gehört?“ fragte ich ihn. „Lege die Pfeife weg! Es wird auch einmal ohne Rauchen gehen.“
    „Nein, Herr“, antwortete er behaglich. „Zu meiner Arbeit gehört ein Tschibuk; davon kann ich nicht abgehen. Das ist Zeit meines Lebens so gewesen und wird auch so bleiben bis zu meiner letzten Überfahrt.“
    „Aber ich will eher drüben ankommen als der Kahn!“
    „Mache dir keine überflüssige Sorge, Herr. Der Kahn wird wahrscheinlich gar nicht drüben ankommen.“
    Der Mann stopfte gemächlich weiter und nahm sich dann mit der bloßen Hand eine Kohle aus dem Feuerchen, welches nur zu dem Zweck, die Pfeife in Brand zu stecken, auf einigen zusammengeschobenen Steinen glimmte. Als er dann einige Züge getan hatte, rief er im Ton eines General-Feldmarschalls:
    „Auf! Greift zu, ihr Braven! Wir müssen die Piaster verdienen, welche wir bekommen haben.“
    In diesem Augenblick sahen wir oben den Kahn aus den Weidenbüschen hervorschießen. Vorn saß die Frau; in der Mitte strengten die beiden Ruderer alle ihre Kräfte an, und hinten hockte Suef, den Zügel in den Händen haltend. Der Kopf seines Pferdes ragte aus dem Wasser empor. Ein Steuer hatte das Fahrzeug nicht.
    Als Suef uns bemerkte, erhob er den Arm und machte eine spöttische Gebärde. Wenn die Fahrt so schnell vor sich ging, wie sie begann, dann war er freilich drüben, bevor wir die Mitte des Flusses erreicht hatten, denn die drei dienstbaren Geister unseres würdigen Fährmeisters schienen gar keine

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