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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschossen von Schimpfwörtern begleitete, in denen er Virtuose zu sein schien und welche gar nicht wiedergegeben werden können.
    Dieses Bombardement machte einen so komischen Anblick, daß wir anderen unwillkürlich in ein schallendes Gelächter ausbrachen. Dieses wurde draußen im Hof vernommen und lockte den Wirt nebst dessen Leuten herbei, welche angesichts des sonderbaren Zweikampfes in unser Gelächter einstimmten.
    Nun kam Halef auf den Gedanken, seinem Freund und Gefährten zu Hilfe zu kommen.
    „Sihdi, tu' den Fuß aus dem Wasser!“ sagte er. Bei diesen Worten hatte er auch schon mein Bein erfaßt und hob es empor. Er ergriff das Gefäß und eilte damit nach der Tür, um dem Arzt die Flucht abzuschneiden. Dann raffte er die Klistierspritze vom Boden auf und begann den Dicken so eifrig und sicher zielend anzupusten, daß derselbe in wenigen Augenblicken triefte, wie ein begossener Pudel.
    „Schön, herrlich, prächtig!“ rief Omar. „Jetzt soll er auch den ganzen Gips zu kosten bekommen. Spritze nur wacker, Halef!“
    Er ergriff das Gefäß und schüttelte das Gipsmehl über sein Opfer aus, während Halef für die nötige Bewässerung sorgte.
    Ich wollte Einhalt tun, kam aber vor Lachen gar nicht dazu, denn der Arzt bot einen Anblick, der nicht anders als ‚schauderhaft-schön‘ zu bezeichnen war. Selbst der galligste Melancholikus hätte hier in die Lustigkeit einstimmen müssen. Die Zuschauer schüttelten sich vor Lachen.
    Am meisten lachte der Wirt. Er war nicht groß, hatte schmale Schultern, ein ansehnliches, spitzes Bäuchlein und ein Paar dünne Beinchen, welche den Leib nur mit Mühe zu tragen vermochten. Sein Stumpfnäschen und sein breiter Mund mit den weißen Zähnen paßten ungemein zu dem lustigen Gebaren. Er hatte die Hände gefaltet und unter den wackelnden Bauch gelegt, um denselben zu stützen. Die Tränen standen ihm in den Augen. Er krähte förmlich vor Entzücken, rief aber ein über das andere Mal:
    „Hai, wai, tenim, wüdschudüm, karnim, midim, dschyjerim, dallakim, böbre-kim, wai hazmim, sindirmim – o wehe, o wehe, mein Leib, mein Leib, mein Bauch, mein Magen, meine Leber, meine Milz, meine Nieren! O wehe, meine Verdauung, meine Verdauung! Patlamarim, patlamarim – ich zerplatze, ich zerknalle!“
    Er sah auch ganz so aus, als ob seine Haut die erschütterten Körperteile nicht mehr zusammenhalten könne.
    Der Jünger Äskulaps hatte sich in die Ecke geflüchtet. Dort stand er und hielt die Ärmel seines Kaftans vor das Gesicht; aber unter diesen Ärmeln heraus schrie, zeterte und schimpfte er mit unversieglicher Kraft. Als die Spritze nicht mehr ziehen wollte, nahm Halef das Gefäß und schüttete ihm den ganzen Inhalt desselben über den Kopf mit den Worten:
    „So muß es einem jeden ergehen, der unseren Effendi einen Übergeschnappten nennt. Osco, hole wieder Wasser herein, daß der Sihdi seinen Fuß kühlen kann. Diesen klugen Mann des Pflasters, der Salben und der hölzernen Beinschienen aber wollen wir hier auf diesen Stuhl setzen, um ihm das Antlitz abzuputzen. Halte still, Freundchen, sonst schabe ich dir dein Näschen mit herunter!“
    Er hatte den Doktor auf den Stuhl gezogen, dann hob er ein hölzernes Spatel vom Boden auf und begann ihm den Gips aus dem Gesicht zu barbieren. Was er herunterbrachte, strich er ihm in die Ohren, und dabei verfuhr er sehr gemächlich.
    Der Barbierte ließ es sich gefallen, schimpfte dabei aber immer weiter. Je mehr seine Zunge von dieser Anstrengung ermüdete, desto gröber wurden die Brocken, die sie über die Lippen stieß. Er brachte die ungeheuerlichsten Beleidigungen zum Vorschein und schien dennoch der Ansicht zu sein, damit noch nicht genug zu tun.
    Der Gips erhärtet bekanntlich sehr schnell; schon nach einigen Minuten wird er zur steinharten Masse. Hier ging dies um so schneller, je rascher die Kleider die Feuchtigkeit aufsaugten. Erst als der Überzug vollständig weiß aussah und fest geworden war, hielt Halef mit dem Schaben inne.
    „So!“ sagte er. „Ich habe dich gereinigt, denn man soll selbst dem Feind nur Gutes erweisen. Aber mehr kannst du nicht verlangen. Deine Sachen magst du dir selbst zusammenlesen, um sie in den Korb zu tun. Stehe auf! Die Kur ist beendet.“
    Der Dicke wollte sich von dem Stuhl erheben, fand aber, daß sein Gewand so steif geworden war, daß es ihn hinderte. Das war auch ein Grund gewesen, daß ich dem Übermut nicht Einhalt getan hatte. Die Möglichkeit, den Gips zum Verband zu

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