16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
Blick betrachtete er uns und sagte:
„Ihr seid ja bewaffnet, als ob wir in die Schlacht ziehen wollten!“
„Die Waffe ist das Zeichen des freien Mannes“, antwortete ich.
„Aber hier habt ihr sie nicht nötig!“
„Wir sind gewöhnt, uns niemals von ihnen zu trennen.“
„Jetzt müßt ihr es aber doch tun, sonst könnt ihr nicht mit dem Schut sprechen. Er duldet nicht, daß man sich ihm bewaffnet naht. Wenn ihr eure Waffen vor der Hütte ablegt, so sind sie ja gut aufgehoben, denn ich werde bei ihnen bleiben.“
„Ich gebe meine Waffen nicht ab“, erwiderte ich, „und wenn der Schut nicht mit uns sprechen will, so werde ich dich gar nicht weiter belästigen.“
Sogleich gab ich den Befehl zum Umkehren. Der Zug wandte sich dem Dorf wieder zu. Der Fleischer aber stieß einen nicht ganz unterdrückten Fluch aus und sagte:
„Halt! Das geht doch nicht! Ich habe den Schut bestellt, und es würde mir sehr übel bekommen, wenn ich euch nicht zu ihm brächte.“
„So sorge dafür, daß er kein so unsinniges Verlangen an uns stellt!“
„Etwas Unsinniges tut der Schut niemals. Ich will aber versuchen, ob ich euch die Erlaubnis erwirken kann, die Waffen zu behalten. Es sollte mich wundern, wenn er eine Ausnahme machen würde.“
Er schritt zornig weiter, und wir folgten ihm wieder.
Es wollte mir gar nicht gefallen, daß er so darauf versessen war, uns waffenlos zu machen. Sollte der Mübarek doch bereits angekommen sein? Wurden wir jetzt in eine Falle geführt, aus welcher es kein Entrinnen gab? Nun, so lange wir bewaffnet waren, brauchten wir uns nicht zu fürchten. Aber wenn wir jetzt unterwegs überfallen wurden! Ich war wehrlos. Die Sänfte bestand aus einer Tragbahre mit einem Häuschen aus hölzernem Gitterwerk. Ich mußte mit untergeschlagenen Beinen sitzen, was mich wegen meines kranken Fußes sehr belästigte, und konnte mich fast gar nicht bewegen. Ehe ich die Tür aufstieß und hinaussprang, hatte ich im Falle eines Angriffes die Kugel im Leib. Und hinausspringen konnte ich überhaupt wegen des Fußes nicht. Ein Schuß hinter einem Busch hervor mußte Halef trotz der drei Gewehre hilflos machen. Osco und Omar trugen die Sänfte; es war ihnen deshalb eine augenblickliche Gegenwehr gar nicht möglich. Wir befanden uns also in einer ziemlich fatalen Lage.
Der Wald war gar nicht so dicht, wie der Fleischer ihn beschrieben hatte. Wir hätten recht gut zwischen und unter den Bäumen hinreiten können. Auch diese Unwahrheit wirkte keineswegs mildernd auf mein Mißtrauen. Ich schob die Tür des Häuschens ein wenig auf und hielt den Revolver bereit.
Wir befanden uns in einem Tal, dessen Wände, wie ich bemerkte, sich einander mehr und mehr näherten. Da, wo sie zusammentrafen, wurde Halt gemacht. Wir hatten ungefähr eine halbe Stunde gebraucht, dieses Ziel zu erreichen.
„Da ist die Hütte“, sagte der Fleischer, als die beiden Träger die Sänfte niedersetzten. „Steige aus, Herr!“
Ich schob die Tür vollends auf und blickte hinaus. Die Felswände stiegen ganz lotrecht empor und hatten da, wo siesich trafen, einen nicht sehr tiefen Einschnitt, eine Spalte, welche vollständig kahl war; denn es gab keinen Vorsprung und keine Ritze in dem Syenit, wo eine Pflanze hätte Wurzel zu fassen vermocht.
Hart an diese Spalte stieß die aus Holzknüppeln errichtete Hütte. Das Dach derselben bestand aus demselben Material und war dann mit Baumrinden gedeckt. Die Tür schien nur anzulehnen.
„Melde mich an, bevor ich aussteige“, antwortete ich.
Er trat in die Hütte und ließ die Tür offen. Ich sah, daß an den Wänden Bänke urwüchsigster Art angebracht waren.
Dem Eingang gegenüber befand sich eine zweite Tür, welche offen stand. Sie war sehr schmal und niedrig, ging nach innen und war mit einer eisernen Krampe versehen, durch welche ein langer Riegel geschoben werden konnte, der jetzt in der Hütte lag.
Das war jedenfalls die hintere, dunkle Abteilung, von welcher der Wirt gesprochen hatte. Jetzt aber deuchte es mir, als ob ein Licht darin brenne.
Auffällig war es mir, daß von dem Dach der Hütte eine zaunartige Knüppelreihe den unteren Teil der Spalte fast unsichtbar machte. Man konnte nicht hindurchsehen. Dort oben konnten leicht mehrere Personen versteckt sein.
Jetzt kam der Fleischer wieder zurück.
„Herr“, sagte er, „der Schut verlangt, daß ihr die Waffen ablegt.“
„Das tun wir nicht.“
„Aber warum denn nicht? Der Schut ist ja allein!“
„Wir fürchten uns
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