16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren
aufzufressen!“
Ein höhnisches Gelächter begleitete diese Worte; dann wurde über uns eine helle Öffnung sichtbar. Wir sahen einen doppelten Strick, an welchem die Gestalt des Schwarzen hing und durch die Öffnung hinausgezogen wurde. Dann fiel oben die Klappe zu, welche die Öffnung verdeckte, und wir befanden uns in undurchdringlicher Finsternis.
Das alles war so schnell geschehen, daß es unmöglich verhindert werden konnte. Hätte ich nicht in der Sänfte gesessen und hätte ich nicht einen kranken Fuß gehabt, so wäre es diesen Halunken vielleicht nicht so leicht geworden, uns in dieser Falle einzusperren.
„Allah!“ rief Halef. „Da ist der Schwarze durch das Loch hinaufgefahren, und wir haben es ruhig geschehen lassen, ohne ihm eine Kugel mitzugeben. Es war doch Zeit genug dazu.“
„Das ist wahr. Herr, sind wir dumm gewesen!“ meinte Osco.
„Ja“, lachte Halef. „Bisher waren wir stets nur einzeln dumm, jetzt aber waren wir es gemeinschaftlich, der Sihdi auch mit uns.“
„Freilich, Halef, hast du recht“, bestätigte ich. „Doch, horch!“
Draußen vor der Tür erhob sich ein wüstes Geheul. Man donnerte mit Fäusten gegen dieselbe, und dann nannte jeder einzelne seinen Namen und knüpfte daran die schaurigsten Verwünschungen. Man malte uns unser Schicksal in allen Farben aus. Es war kein Zweifel, daß wir hier eingesperrt bleiben sollten, um zu verschmachten.
„Sihdi, es fehlt keiner; sie sind alle da“, sagte Halef. „Allah! Wenn ich hinaus könnte, wie wollte ich ihnen meine Peitsche zeigen!“
„Sprich nicht von ihr! Sie kann uns nicht retten.“
„Also verhungern sollen wir! Meinst du, daß wir das tun werden?“
„Hoffentlich nicht. Wir wollen zunächst diesen Raum untersuchen. An den beiden Seiten gibt es keinen Ausweg, sondern nur vorn durch die Tür oder nach oben.“
„Herr, hast du nicht dein Laternchen bei dir, das kleine Fläschchen, in welchem Öl und Phosphor ist?“ fragte mich Halef.
„Ja, das habe ich stets bei mir. Da, nimm es!“
Wenn man ein Stück Phosphor in ein kleines Fläschchen mit Öl tut, so leuchtet der Phosphor, sobald man den Stöpsel öffnet, weil dadurch Sauerstoff hinzutreten kann. Das gibt je nach der Größe des Fläschchens und nach der Reinheit des Glases einen mehr oder weniger hellen Glanz.
Ich trage stets ein solches Fläschlein bei mir, auch wenn ich nicht auf Reisen bin. Es leistet beim Steigen fremder Treppen und beim Passieren dunkler, unbekannter Orte ganz vortreffliche Dienste. Geschliffenes Glas ist natürlich am geeignetsten dazu.
Halef nahm dieses winzige Laternchen, ließ Luft zu dem Öl und konnte nun die Tür hinreichend beleuchten. Dieselbe war innen mit starkem Eisenblech beschlagen, an eisernen Angeln befestigt, und die Haken derselben steckten im Gestein, mit Blei eingegossen. Vielleicht konnten wir die Angelhaken locker machen und dann die Tür hinausschieben. Aber vorher mußten wir sehen, ob es nicht etwas anderes gab.
Nun durchsuchten wir genau den Raum. Der Boden bestand aus hartem Fels, wie die beiden Winkelwände. Die Mauer war aus spröden Syenitsteinen errichtet und so gut vermörtelt, daß es unmöglich war, ein Loch zu machen. Das starke Eisenblech der Tür war überdies mit dickknöpfigen Nägeln versehen; da war mit den Messern nichts auszurichten. Und oben durch die Decke? Omar stieg auf Oscos Schultern und konnte sie doch nicht mit der ausgestreckten Hand erreichen. Wir mußten einstweilen auch auf diesen Ausweg verzichten.
Das nächste blieb also, die Angelhaken zu entfernen, und meine drei Gefährten machten sich rüstig an die Arbeit. Die Messer kreischten und knirschten im Gestein; draußen aber erhob sich darob ein schallendes Gelächter.
Freilich war der Rettungsgedanke nicht gar zu verlockend. Selbst wenn es uns gelang, die Tür zu öffnen, mußten wir von Schüssen empfangen werden, noch ehe wir einen einzigen abfeuern konnten.
So vergingen fast mehrere Stunden. Die Arbeit machte keine Fortschritte. Oscos Messer zerbrach, und ich gab ihm mein gutes amerikanisches Bowiemesser.
Ich sollte nicht mitarbeiten. Die Zeit wurde mir lang, und so kroch ich auf den Knien nach der Tür und untersuchte, wie tief man gebohrt hatte. Leider keinen halben Zoll! Ich ergriff nun selbst das Messer und begann zu bohren, aber mit solchem Mißerfolg, daß ich schon nach einer Viertelstunde wieder aufhörte. Es war schade um die Kräfte, welche so erfolglos verschwendet wurden, und nun zerbrach auch noch
Weitere Kostenlose Bücher