16 Science Fiction Stories
anzusehen, sagte sie: »Es war böse, als Eva auf die Schlange hörte und von dem Baum der Erkenntnis aß. Es war böse, als sie bemerkte, daß sie nackt war. Wenn das nicht gewesen wäre, müßte niemand von uns je alt und krank werden und sterben.«
Wieder fühlte ich Scham in mir aufsteigen. Die Intelligenz hat zwischen mich und all die anderen Leute, die ich einst kannte und liebte, einen Keil getrieben. Früher haben sie über mich gelacht und mich wegen meiner Unwissenheit und Dummheit verachtet; jetzt hassen sie mich wegen meines Wissens und Verstehens. Was,umGottes willen, wollen sie eigentlich von mir?
Sie haben mich aus der Fabrik verstoßen. Jetzt bin ich einsamer als je zuvor …
15. Mai
Dr. Strauss ist sehr böse auf mich, daß ich seit zwei Wochen meinen Tagesreport nicht mehr geschrieben habe. Er hat recht, denn das Labor zahlt mir jetzt ein regelmäßiges Gehalt. Ich sagte ihm, ich wäre zu sehr mit Denken und Lesen beschäftigt. Als ich hervorhob, daß das Schreiben ein so langsamer Vorgang wäre und daß es mich ungeduldig machte, schlug er vor, ich solle Schreibmaschine schreiben lernen. Es ist jetzt viel leichter, denn ich kann fast fünfundsiebzig Worte in der Minute tippen. Dr. Strauss erinnert mich fortwährend an die Notwendigkeit, einfach zu sprechen und zu schreiben, damit die anderen Menschen mich auch verstehen können.
Ich werde versuchen, alles, was während der letzten zwei Wochen mit mir geschehen ist, nachzutragen. Algernon und ich wurden der American Psychological Association vorgeführt, die am letzten Dienstag einen Kongreß für die World Psychological Association abhielt. Wir haben eine ganz nette Sensation hervorgerufen. Dr. Nemur und Dr. Strauss waren sehr stolz auf uns.
Ich fürchte, daß Dr. Nemur, der sechzig ist – zehn Jahre älter als Dr. Strauss – es als notwendig erachten wird, greifbare Ergebnisse seiner Arbeit zu sehen. Zweifellos drängt ihn Mrs. Nemur.
Ganz im Gegensatz zu meinen früheren Eindrücken stelle ich jetzt fest, daß Dr. Nemur ganz und gar kein Genie ist. Er hat einen sehr guten Verstand, der aber ständig mit Zweifeln zu kämpfen hat. Er möchte, daß alle ihn für ein Genie halten. Deshalb ist es für ihn wichtig zu fühlen, daß die Welt seine Arbeit akzeptiert. Ich glaube, daß Dr. Nemur vor weiteren Verzögerungen nur deshalb Angst hat, weil er fürchtet, daß irgend jemand anders eine Entdeckung auf diesem Gebiet machen könnte und den Ruhm statt seiner einsteckt.
Dr. Strauss andererseits könnte als Genie bezeichnet werden, obgleich ich fühle, daß sein Wissen zu begrenzt ist. Er wurde zu einem Spezialisten erzogen; alle anderen Wissensgebiete wurden mehr als notwendig vernachlässigt – selbst für einen Neurochirurgen.
Ich war schockiert, zu erfahren, daß die einzigen alten Sprachen, die er lesen konnte, Lateinisch, Griechisch und Hebräisch waren, und daß er fast nichts über Mathematik weiß – außer den elementaren Gleichungen. Als er mir das eingestand, fühlte ich mich fastverärgert. Es war, als hätte er diesen Teil seines Ichs vor mir verborgen, um mich zu hintergehen. Er gab vor – wie so viele Leute – etwas zu sein, was er gar nicht ist. Niemand, den ich kenne, ist wirklich das, für das er sich nach außen hin ausgibt.
Dr. Nemur scheint sich in meiner Gegenwart unbehaglich zu fühlen. Manchmal, wenn ich versuche, mich mit ihm zu unterhalten, blickt er mich nur seltsam an und wendet sich dann ab. Zuerst hat es mich geärgert, daß Dr. Strauss mir sagte, daß ich bei Dr. Nemur einen Minderwertigkeitskomplex hervorrufe. Ich dachte, er wollte sich über mich lustig machen, und in dieser Hinsieht bin ich übersensibel.
Woher sollte ich wissen, daß ein angesehener Psychoexperimentalforscher wie Nemur keine Ahnung von Hindustanisch und Chinesisch hat? Das ist absurd, wenn man die Arbeit bedenkt, die auf seinem Forschungsgebiet heute in Indien und China vollbracht wird.
Ich fragte Dr. Strauss, wie Nemur Rahajamatis Angriff auf seine Methode und seine Ergebnisse ablehnen könne, wenn er nicht einmal zu lesen vermöge, was dieser geschrieben hat. Der seltsame Blick in Dr. Strauss’ Augen kann nur eines bedeuten. Entweder er will Nemur nicht sagen, was man in Indien über ihn sagt, oder aber – und das macht mir Sorgen – Dr. Strauss weiß es auch nicht. Ich muß mich bemühen, klar und deutlieh zu sprechen und zu schreiben, so einfach, damit die Leute nicht über mich lachen.
18. Mai
Ich bin beunruhigt.
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