16 Science Fiction Stories
Magen knurrte ein wenig vor Hunger; sie nahm den Geruch der Stadt, das Dröhnen, die Stille der Bäume in sich auf. Die Bäume ragen in die Höhe – zwischen den Steinen der Stadt. Die Knospen springen, Blätter öffnen sich wie Engelsschwingen. Die Wurzelspitzen reichen nach unten in die Dunkelheit. Das sanfte Wippen der Zweige. Wie du, Quincy. Wie das Gefühl deines Körpers, Quincy.
Ihre Augen verfolgten die Linien der Äste, sie folgten den Zweigen. Und als sie an der obersten Spitze des Baumes angelangt waren, sandte sie ihm einen furchtbaren Gedanken – eine Art ekstatische Vereinigung mit dem Leben des Baumes. Und dann blickte sie zu einem Liebespaar, das Hand in Hand den Weg entlanggewandert kam; mit dem geschulten Blick des Künstlers sah sie ihre Körper fast genauso, wie sie den Baum gesehen hatte. Die Körper sehnen sich nach einander. Sind sie nicht wunderbar, Quincy? dachte sie. Schau dir nur die Hüftlinie des Mädchens an, die Schenkel des Mannes. Sie passen wunderbar zueinander.
Kannst du denn an nichts anderes denken?
Ich lasse mir von dir meine Stimmung nicht verderben. Es ist ein zu schöner Abend. Und sie wandte sich einer kleinen Kirche zu. Er verspürte nicht den Wunsch, ihr dahinein zu folgen, und versuchte, sie von der Kirche wegzulenken, indem er ihr Hunger vortäuschte. Aber sie erkannte sein Vorhaben sofort und konzentrierte sich auf ihre eigenen Wünsche. Sie ignorierte seinen Zorn, als sie durch die gewölbte Türöffnung trat. In der dämmerigen Vorhalle kaufte sie eine farbige Kerze und stellte sie vor die Jungfrau.
Es war ein wortloses Gebet. Um Schutz, um Verstehen. Als sie zu der ziemlich grob geschnitzten Statue aufblickte, erkannte sie deren geringe künstlerische Qualität, setzte sich aber darüber hinweg und umgab sie mit einer Vision weiblicher Fülle und Reinheit. Hier war die Frau der Frauen. Wie gut sie versteht, was ich empfinde! So hoch, so schön, und doch versteht sie mich!
Dann erst wandte sie sich von der Jungfrau ab und dem Kruzifix zu. Hier sah sie nur siegreiche, männliche Süße, die an blutigen Nageln hing. Quincy Summerfield versuchte, von ihr loszukommen. Er formulierte ein obszönes Wort, aber wieder achtete das Mädchen nicht auf ihn. Ihre Gefühle waren zu stark. Die Einsamkeit, das Entsetzen, das Wunder und der Ruhm, die in dem Baum, den Knochen und dem Blut aller Menschen in ihren Leiden verkörpert war, wurde in der Figur des Kruzifixes deutlich; das Zeitlose, das sich aus Mitleid zu mir und meiner Schwäche in dem Schmerz der Zeit offenbarte. Einem Impuls der völligen Unlogik folgend, kniete sie nieder; Quincy wand sich in seinem Flugzeug vor Protest. Aber sie war zu unterwürfig. Er fühlte ihren Körper, als sie niederkniete und bemerkte, daß es ihr schwerfiel, das Gleichgewicht zu halten. Er zwang ihr ein kleines Abrutschen des einen Beines auf, und sie fiel lang mit dem Gesicht auf den Boden. Quincy zuckte bei dem Fall selbst zusammen, aber er freute sich trotzdem.
Das ist gemein, mich so zum Narren zu machen.
Auch nicht närrischer, als vor einem Stück Mörtel zu knien. Abscheulich. Was für Unsinn in deinem Kopf steckt. Lauter Unwahrheiten. Sie war wütend. Sie raffte sich auf und starrte auf ihre schmutzigen Hände und auf den Staub an ihrem Frühjahrskleid. Sie dachte an ein Bad und an eine einfache Mahlzeit und verließ schnell die Kirche. Sie beachtete ihn nicht, aber als sie die Treppe zu dem Appartement hinaufstieg, das sie aufgrund von Quincys Drängen einigermaßen aufgeräumt hatte, war sie noch immer wütend.
Für das, was du in der Kirche ge tan hast, solltest du dich schämen, dachte sie. Ich werde es dir schon erklären. Es ist nicht alles Unsinn. Es ist wahr, und du weißt genau, daß es so ist. Warum mußte ich nur von allen Menschen auf der Welt ausgerechnet dir begegnen? Bedächtig entkleidete sie sich vor einem Spiegel und musterte sich, so daß er sie auch sehen würde. Ihr Körper war wohlgeformt, groß, mit vollen Brüsten, schlanker Taille und ebenmäßigen Beinen. Sie glitt mit den Händen darüber hinweg, konzentrierte sich auf das Gefühl ihrer Finger, spürte, wie er darauf einging.
Dann hielt sie plötzlich inne, lief zum Telefon und rief ihren Freund Arthur an. Sie zitterte vor Verlangen, Quincy hielt den Atem an und ballte die Fäuste.
Ich fühle mich einsam, Arthur. Könntest du gleich mal herüberkommen? Ich werde im Bad sein, aber komm nur ruhig herein. Also schön, komm zu mir, wenn du Lust
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