16 Stephanie Plum: Der Beste zum Kuss (Sizzling Sixteen)
feucht. Er führte uns durch einen Raum voller Computerarbeitsplätze und Aktenschränke. Daran schlossen sich zwei Einzelbüros mit Fenstern an. Die Türen standen offen, die Büros waren leer. Tische und Stühle. Dasselbe an den Computerarbeitsplätzen. Nur ein paar junge Typen räkelten sich vor ihren Rechnern und spielten Solitär. Nicht viel zu tun. Kein Telefon klingelte.
»Wo sind die alle?«, fragte ich Drager.
»Gleitzeit«, erklärte er. »Fast alle kommen gerne früh und gehen dafür am Nachmittag.«
Wir folgten ihm durch einen langen Flur bis zu seinem Eckbüro. Ein großer schicker Schreibtisch und ein langer, flacher Aktenschrank auf einer Seite. Sitzecke bestehend aus einer kleinen Couch, zwei Sesseln und einem Couchtisch auf der anderen Seite. Drager geleitete uns zur Sitzecke. Bisher schien ihm nicht aufgefallen zu sein, dass Vinnie ein Hobbit war.
»Ich will direkt zur Sache kommen«, sagte er zu ihm. »Ich weiß, dass Sie Wellington bestohlen haben. Ich verlange volle Offenlegung und will das Geld zurück, das Sie unterschlagen haben. Ich will die Namen aller faulen Kautionen, die Sie ausgestellt haben.«
»Jawohl, Sir«, sagte Vinnie. »Ich kooperiere ohne Vorbehalte. Ich weiß nicht, woher ich das Geld nehmen soll, aber ich werde es irgendwie zurückzahlen. Verständigen Sie die Polizei?«
»Nicht wenn Sie das Geld zurückzahlen.« Drager erhob sich und schaute auf die Uhr. »Ich habe noch eine Besprechung. Finden Sie allein hinaus?«
»Aber sicher«, sagte Vinnie. »Kein Problem.«
Drager begleitete uns einen Teil des Weges, verabschiedete sich dann und betrat ein anderes Büro. Vinnie und ich steuerten auf den großen Raum mit den Computerarbeitsplätzen zu. Es war sonderbar still im Gebäude, abgesehen von einem Zimmer zu unserer Rechten. Hinter einer geschlossenen Tür hörte ich eine Maschine arbeiten. Ich öffnete die Tür und schaute hinein. Ein großer Aktenvernichter brummte vor sich hin. Ein gelangweilt wirkender Jugendlicher stand neben dem Gerät. Schwarze Müllbeutel, wahrscheinlich gefüllt mit Papier, stapelten sich an der Wand.
»Was ist?«, fragte der Jugendliche.
»’tschuldigung«, sagte ich. »Ich suche die Damentoilette.«
»Neben den Aufzügen.«
Ich bedankte mich und schloss die Tür. Mit Vinnie sprach ich erst wieder, als wir ins Auto stiegen und den Parkplatz verließen.
»Und, was meinst du?«, fragte ich.
»Er war nervös«, sagte er. »Hatte Angst.«
Vinnie mochte ja ein gruseliger Typ sein, aber er besaß eine hervorragende Menschenkenntnis. Das war einer der Gründe, warum er ein guter Kautionsagent war. Vinnie wusste, ob jemand log, Angst hatte, zugedröhnt, dumm oder verrückt war. Wenn Vinnie nicht gerade absichtlich betrog, stellte er nicht viele faule Kautionen aus. Er wusste genau, wer die Biege machen und wer zu seinem Gerichtstermin erscheinen würde.
»Hast du eine Ahnung, warum Drager so nervös war?«
»Ich schätze, er wird von jemandem unter Druck gesetzt.«
»Von dem Gesprächspartner nach uns?«
Vinnie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nur, dass Drager weder unseren Laden zumachen noch mich ins Gefängnis stecken wollte. Er will nur das Geld.«
»Weißt du, was ich auch seltsam fand? Das Büro. Da haben überhaupt keine Leute gearbeitet. Er hat gesagt, die wären schon gegangen, aber ich habe überhaupt keine Sachen auf den Schreibtischen und in den Büros liegen sehen. Die Papierkörbe waren leer. Das einzige Gerät in Betrieb war der Aktenvernichter. In was für einem Büro gibt es so viele leere Schreibtische und einen riesigen Shredder?«
»In einer Büroattrappe«, erwiderte Vinnie. »Scheiße, ich möchte gar nicht aussprechen, was ich denke.«
»Dass du mit Bobby Sunflower einen noch viel größeren Schwindler beschwindelt hast?«
»Ja.«
»Drager?«
»Drager ist darin verwickelt, aber der steht nicht am Ende der Kette. Irgendjemand legt ihm einen Schraubstock an die Nüsse.«
22
Lula und Connie warteten im Büro auf uns, und da es bald Essenszeit war, fuhr ich auf dem Rückweg bei Cluck-in-a-Bucket vorbei und holte einen Eimer Hühnchen. Langsam hing es mir zum Halse heraus, aber es ging schnell und einfach und war relativ günstig.
Wir nahmen das Hühnchen mit in Vinnies hinteres Büro, stellten noch mehr Klappstühle auf und schaufelten los.
»Was wollte Drager?«, fragte Connie.
»Geld«, sagte Vinnie. »Er will das Geld, das er bei den faulen Kautionen verloren hat.«
Connie hielt inne. »Wie viel ist
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