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16 Uhr 50 ab Paddington

16 Uhr 50 ab Paddington

Titel: 16 Uhr 50 ab Paddington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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genügen», sagte Miss Marple. «Wenn wir in drei Wochen nichts herausgefunden haben, können wir die ganze Sache als blanken Unsinn abtun.»
    Miss Marple verabschiedete sich, und Lucy rief nach kurzem Überlegen eine Stellenvermittlung in Brackhampton an, deren Leiterin sie gut kannte. Sie erklärte ihren Wunsch, eine Stelle in der Gegend anzutreten, um ihrer «Tante» nahe sein zu können. Nachdem sie mehrere reizvollere Stellen abgelehnt hatte, was schwierig war und einiges Geschick erforderte, fiel der Name Rutherford Hall.
    «Genau das suche ich», sagte Lucy in festem Ton.
    Die Stellenvermittlung rief Miss Crackenthorpe an, und Miss Crackenthorpe rief Lucy zurück.
    Zwei Tage darauf war Lucy auf dem Weg aus London nach Rutherford Hall.
     
    II
     
    Lucy Eyelesbarrow fuhr in ihrem Kleinwagen durch die Flügel eines imposanten Eisentors. Gleich dahinter stand ein ehemaliges Pförtnerhäuschen, das inzwischen völlig verfallen war, aber es war schwer zu sagen, ob durch Kriegsschäden oder bloße Vernachlässigung. Eine lange, gewundene Auffahrt führte durch große düstere Rhododendrongruppen bis zum Haus. Lucy schnappte nach Luft, als sie das Haus sah, eine Kleinausgabe von Windsor Castle. Die Steintreppe vor dem Eingang konnte Pflege gebrauchen, und die Kieswege waren von Unkraut überwuchert.
    Lucy läutete eine altmodische schmiedeeiserne Glocke, deren Lärm im Gebäude verhallte. Eine nachlässig gekleidete Frau öffnete, wischte sich die Hände an der Schürze ab und sah Lucy misstrauisch an.
    «Werden erwartet, was?», sagte sie. «Miss Irgendwas-barrow, hat sie gesagt.»
    «Ganz recht», sagte Lucy.
    Im Haus war es unglaublich kalt. Ihre Führerin brachte sie durch eine dunkle Halle und öffnete eine Tür zur Rechten. Lucy war überrascht, als sie sich in einem anheimelnden Salon mit Bücherregalen und Chintzsesseln wiederfand.
    «Ich werde Sie melden», sagte die Frau, ging und schloss die Tür hinter sich, nachdem sie Lucy mit unverhohlenem Missfallen gemustert hatte.
    Nach einigen Minuten ging die Tür wieder auf. Lucy fand Emma Crackenthorpe vom ersten Augenblick an sympathisch.
    Diese war eine Frau mittleren Alters ohne auffällige Merkmale, weder schön noch hässlich, zweckmäßig gekleidet in Tweedrock und Pullover, die schwarzen Haare aus der Stirn gekämmt, mit ruhigen kastanienbraunen Augen und angenehmer Stimme.
    «Miss Eyelesbarrow?», fragte sie und hielt ihr die Hand hin.
    Dann verzog sie zweifelnd das Gesicht.
    «Ich frage mich, ob diese Stelle wirklich das Richtige für Sie ist», sagte sie. «Wissen Sie, ich brauche keine Wirtschafterin, die den Haushalt beaufsichtigt. Ich brauche ein Mädchen für alles.»
    Lucy sagte, das bräuchten die meisten Leute.
    Emma Crackenthorpe sagte entschuldigend:
    «Viele Menschen glauben, mit ein wenig Staubwischen sei alles getan – aber das bisschen Staubwischen kann ich selber erledigen.»
    «Ich verstehe», sagte Lucy. «Sie brauchen jemanden, der kocht, abwäscht, putzt und einheizt. Das geht in Ordnung. Das mache ich alles. Ich bin nicht arbeitsscheu.»
    «Das Haus ist sehr groß, fürchte ich, und unpraktisch. Wir bewohnen natürlich nur einen Teil davon – mein Vater und ich. Er ist nahezu invalide. Wir führen ein ruhiges Leben, und es gibt einen Aga-Herd. Ich habe mehrere Brüder, aber sie kommen nur selten her. Wir haben zwei Zugehfrauen, eine Mrs. Kidder am Vormittag und Mrs. Hart, die an drei Tagen die Woche kommt, das Silber putzt und anderen Kleinkram erledigt. Sie haben ein eigenes Auto?»
    «Ja. Es kann im Freien stehen, falls Sie keine Unterstellmöglichkeiten haben. Das ist es gewohnt.»
    «Oh, alte Ställe gibt es in Hülle und Fülle. Das dürfte kein Problem sein.» Sie runzelte die Stirn und sagte dann: «Eyelesbarrow – ein ziemlich seltener Name. Freunde haben mir mal von einer Lucy Eyelesbarrow erzählt – die Kennedys?»
    «Das stimmt. Ich habe in North Devon bei ihnen gearbeitet, als Mrs. Kennedy das Kind erwartete.»
    Emma Crackenthorpe lächelte.
    «Ich weiß noch, sie haben gesagt, sie hätten es noch nie so gut gehabt wie in der Zeit, als Sie sich um alles gekümmert haben. Aber ich dachte, Sie seien schrecklich teuer. Das Gehalt, das ich Ihnen nannte –»
    «Das genügt mir», sagte Lucy. «Schauen Sie, mir liegt besonders daran, in der Nähe von Brackhampton zu arbeiten. Ich habe eine alte Tante mit angegriffener Gesundheit und möchte in ihrer Nähe sein. Deswegen ist das Gehalt für mich zweitrangig. Das Nichtstun

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