16 Uhr 50 ab Paddington
angenehmere Bewegungsform als das bloße Spazierengehen.»
«Außerhalb unseres Anwesens kann man nirgends spazieren gehen», knurrte Mr. Crackenthorpe. «Nur Gehwege und erbärmliche kleine Hutschachteln von Häusern. Alle wollen bloß mein Land in die Finger kriegen und noch mehr Häuser draufstellen. Aber nur über meine Leiche. Und ich werde nicht so bald sterben, bloß um irgendwem einen Gefallen zu tun. Das kann ich Ihnen sagen! Ich tue niemandem einen Gefallen!»
Emma Crackenthorpe legte sich ins Mittel:
«Nun lass doch, Vater.»
«Ich weiß doch, was die vorhaben – und worauf sie bloß warten. Alle, wie sie da sind. Cedric und dieser schlaue Fuchs Harold mit seinem süffisanten Grinsen. Und bei Alfred wundere ich mich bloß, dass er nicht längst versucht hat, mich kaltzumachen. Hat er an Weihnachten vielleicht auch. Da hatte ich ganz komische Krankheitsanzeichen. War dem alten Quimper ein Rätsel. Hat mir jede Menge dezente Fragen gestellt.»
«Jeder bekommt mal eine Magenverstimmung, Vater.»
«Schon gut, schon gut, sag doch ruhig, dass ich zu viel gegessen hatte! Darauf willst du doch hinaus. Und warum habe ich zu viel gegessen? Weil zu viel Essen serviert wurde, viel zu viel. Alles Luxus und Verschwendung. Da fällt mir ein – Sie da, junge Frau. Fünf Kartoffeln haben Sie zum Mittagessen aufgetischt – und zwar ziemlich große. Niemand isst doch mehr als zwei Kartoffeln. Also servieren Sie in Zukunft nicht mehr als vier. Die fünfte war heute verschwendet.»
«Sie war nicht verschwendet, Mr. Crackenthorpe. Ich wollte sie heute Abend für eine spanische Omelette verwenden.»
«Pfui Deibel!» Als Lucy mit dem Kaffeetablett das Zimmer verließ, hörte sie ihn noch sagen: «Patente junge Frau, das, nie um eine Antwort verlegen. Kocht gut – und hübsch ist das Mädchen auch.»
Lucy Eyelesbarrow nahm ein leichtes Eisen aus dem Golfschlägersatz, den sie in weiser Voraussicht mitgebracht hatte, ging in den Park hinaus und schwang sich über den Zaun.
Sie schlug eine Reihe von Bällen. Nach etwa fünf Minuten landete ein augenscheinlich angeschnittener Ball am Bahndamm. Lucy ging hinterher und suchte ihn. Sie sah zum Haus zurück. Es war weit weg, und niemanden kümmerte ihr Tun. Sie suchte weiter ihren Golfball. Ab und zu schlug sie Bälle vom Bahndamm ins Gras hinunter. Im Lauf des Nachmittags suchte sie etwa ein Drittel des Bahndamms ab. Nichts. Sie spielte ihren Ball zum Haus zurück.
Am Tag darauf fand sie etwas. Ein auf halber Höhe des Bahndamms wachsender Dornbusch war abgeknickt. Einzelne Zweige lagen verstreut am Boden. Lucy untersuchte den Strauch. An einem Dorn hatte sich ein Pelzfetzen verfangen. Er hatte fast dieselbe Farbe wie das Holz, ein blasses Braun. Lucy begutachtete ihn kurz, dann holte sie eine Schere aus der Tasche und schnitt ihn vorsichtig durch. Die abgeschnittene Hälfte schob sie in einen Briefumschlag und steckte ihn in die Tasche. Dann stieg sie den steilen Hang hinab und hielt Ausschau nach weiteren Anhaltspunkten. Sorgfältig suchte sie die unebene Wiese ab. Sie glaubte, eine Art Trampelpfad auszumachen, der durch das hohe Gras führte. Aber er war kaum zu erkennen – weit weniger deutlich als ihre eigenen Fußspuren. Er musste schon vor einiger Zeit entstanden sein und war nur so schwach zu erkennen, dass sie ihn sich vielleicht bloß einbildete.
Gewissenhaft pirschte sie direkt unterhalb des Dornbuschs durch das hohe Gras am Fuß des Bahndamms. Endlich hatte ihre Suche Erfolg. Sie fand eine Puderdose, ein kleines billiges Ding aus Email. Sie wickelte sie in ihr Taschentuch und steckte es in die Tasche. Sie suchte weiter, fand aber sonst nichts.
Am folgenden Nachmittag stieg sie in ihren Wagen und besuchte ihre gebrechliche Tante. Emma Crackenthorpe sagte netterweise: «Lassen Sie sich ruhig Zeit. Bis zum Abendessen können wir Sie entbehren.»
«Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber um sechs bin ich spätestens zurück.»
Nr. 4 Madison Road war ein kleines graues Haus in einer kleinen grauen Straße. Es hatte blitzsaubere Vorhänge aus Nottinghamer Spitze, eine glänzende weiße Eingangsstufe und einen blank polierten Türknauf aus Messing. Die Tür wurde von einer hoch gewachsenen, sauertöpfischen Frau geöffnet, die Schwarz trug und das Haar zu einem großen stahlgrauen Knoten geschlungen hatte.
Sie beäugte Lucy misstrauisch und abschätzig, als sie sie zu Miss Marple führte.
Miss Marple bewohnte das Hinterzimmer mit Blick auf ein kleines,
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