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16 Uhr 50 ab Paddington

16 Uhr 50 ab Paddington

Titel: 16 Uhr 50 ab Paddington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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New Scotland Yard», sagte er.
    «New Scotland Yard – aha.» Mr. Wimborne zog die Augenbrauen hoch.
    Dermot Craddock hatte ein einnehmendes Wesen und zog Wimborne zwanglos ins Gespräch.
    «Man hat uns bei diesem Fall zu Rate gezogen, Mr. Wimborne», sagte er. «Da Sie die Familie Crackenthorpe vertreten, ist es, glaube ich, das Beste, wenn ich Sie in einige vertrauliche Einzelheiten einweihe.»
    Niemand verstand es besser als Inspector Craddock, einen Splitter der Wahrheit zu zeigen und ihn als die ganze Wahrheit auszugeben.
    «Inspector Bacon hat nichts dagegen, nehme ich an?», fügte er hinzu und sah seinen Kollegen an.
    Inspector Bacon verneinte mit allem gebotenen Ernst und mitnichten, als sei das Ganze abgesprochen.
    «Es geht um Folgendes», sagte Craddock. «Wir haben infolge gewisser Beweisstücke Grund zu der Annahme, dass die Tote keine Einheimische, sondern erst kürzlich aus dem Ausland nach England gekommen und aus London hergereist war. Wahrscheinlich (aber da sind wir uns noch nicht ganz sicher) kam sie aus Frankreich.»
    Wieder zog Mr. Wimborne die Augenbrauen hoch.
    «Aha», machte er. «Aha?»
    «Aufgrund dieser Wahrscheinlichkeit», erläuterte Inspector Bacon, «fand der Chief Constable, dass die Ermittlung eher ins Ressort des Yard fiele.»
    «Ich kann nur hoffen, dass dieser Fall umgehend abgeschlossen wird», sagte Mr. Wimborne. «Wie Sie sich zweifellos denken werden, bereitet die ganze Angelegenheit der Familie große Sorgen. Obwohl niemand persönlich betroffen ist, ist es doch –»
    Er stockte kurz, aber Inspector Craddock führte den Satz für ihn zu Ende.
    «Ist es doch nicht angenehm, ein Mordopfer auf dem eigenen Anwesen zu finden. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Ich würde mich jetzt gern kurz mit den verschiedenen Familienmitgliedern unterhalten –»
    «Ich verstehe nicht, was –»
    «Was die mir sagen können? Vermutlich nichts von Belang – aber man kann nie wissen. Ich möchte behaupten, die beste Auskunft bekäme ich von Ihnen, Sir. Auskunft über das Haus und die Familie.»
    «Und inwiefern soll das auch nur im Geringsten mit einer unbekannten jungen Frau zu tun haben, die aus dem Ausland hergekommen und hier umgebracht worden ist?»
    «Nun, das ist genau der springende Punkt», sagte Craddock. «Warum ist sie hergekommen? Hatte sie eine Verbindung zu dem Haus? Hat sie zum Beispiel mal als Bedienstete hier gearbeitet? Meinetwegen als Zofe? Oder ist sie hergekommen, um sich hier mit einem früheren Bewohner von Rutherford Hall zu treffen?»
    Mr. Wimborne sagte eisig, Rutherford Hall sei von der Familie Crackenthorpe bewohnt worden, seit Josiah Crackenthorpe den Landsitz 1884 erbaut habe.
    «Ach, das ist ja interessant», sagte Craddock. «Könnten Sie mir wohl einen kurzen Abriss der Familiengeschichte – »
    Mr. Wimborne zuckte die Schultern.
    «Da gibt es nicht viel zu erzählen. Josiah Crackenthorpe hat Pralinen und Salzgebäck hergestellt, Saucen, Pickles usw. Er hat ein riesiges Vermögen gemacht. Und er hat diesen Landsitz gebaut. Heute wohnt hier Luther Crackenthorpe, sein ältester Sohn.»
    «Gab es weitere Söhne?»
    «Einen, Henry, der ist 1911 bei einem Autounfall ums Leben gekommen.»
    «Und der gegenwärtige Mr. Crackenthorpe hat nie daran gedacht, das Haus zu verkaufen?»
    «Das kann er nicht», sagte der Anwalt trocken. «Durch das Testament seines Vaters sind ihm die Hände gebunden.»
    «Würden Sie mir wohl von diesem Testament erzählen?»
    «Warum sollte ich?»
    Inspector Craddock lächelte.
    «Ich kann es mir in Somerset House auch selbst anschauen, wenn’s sein muss.»
    Mr. Wimborne lächelte widerstrebend und griesgrämig.
    «Das stimmt, Inspector. Ich protestiere lediglich, da die von Ihnen erbetene Information nichts zur Sache tut. Was Josiah Crackenthorpes Testament angeht, gibt es kein Geheimnis. Er hat sein beträchtliches Vermögen einer Treuhandgesellschaft überschrieben. Die Zinsen sind lebenslänglich an seinen Sohn Luther auszuzahlen, und nach Luthers Tod wird das Kapital zu gleichen Teilen unter Luthers Kindern Edmund, Cedric, Harold, Alfred, Emma und Edith aufgeteilt. Edmund ist im Krieg gefallen, und Edith ist vor vier Jahren gestorben, so dass das Geld nach Luther Crackenthorpes Ableben unter Cedric, Harold, Alfred, Emma und Ediths Sohn Alexander aufgeteilt wird.»
    «Und das Haus?»
    «Das Haus geht an Luther Crackenthorpes ältesten Sohn oder seine Nachkommen.»
    «War Edmund Crackenthorpe verheiratet?»
    «Nein.»
    «Die

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