160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
Schweiß ausbrach, wandte er seinen Blick abrupt wieder ihrem Gesicht zu. „An deinen Kleidern ist nichts zu beanstanden, Abby.“ Zumindest nicht an denen, die du in der Öffentlichkeit trägst, fügte er in Gedanken hinzu.
„Aber an meinem Verhalten gibt es einiges auszusetzen.“
„Wenn dem so ist, liegt es nur daran, dass ich dich nicht ausreichend vorbereitet habe. Es tut mir Leid, dass ich mein Versprechen, dich keinen Demütigungen auszusetzen, nicht einhalten konnte. Ich versichere dir, dass ich nicht wusste … mir nicht bewusst war …“
„Dass ich so wenig über gesellschaftliche Gepflogenheiten weiß? Ich habe dir das einige Male zu verstehen gegeben.“
„Und ich habe es nicht beachtet. Aber das werde ich von nun an.“
Abby schüttelte den Kopf. „Es wird kein ‚von nun an 4 geben. Ich kann so nicht weitermachen.“
Spencer wurde von Panik ergriffen. „Aber natürlich kannst du das. Du brauchst nur noch den letzten Schliff und …“
„Und was? Glaubst du, dass die Gesellschaft dann dazu bereit wäre, deine kleine, dumme amerikanische Frau mit offenen Armen aufzunehmen? Nein, das werde ich mir nicht antun.“ Ihre Augen glänzten verdächtig, aber sie reckte ihr Kinn in die Höhe. „Morgen früh wirst du mir eine Bankanweisung über fünfhundert Pfund ausstellen. Das ist nur ein Zehntel der Summe, die dein Bruder mir genommen hat – mehr will ich gar nicht haben, bevor er gefunden worden ist. Es soll nur reichen, um nach Amerika zurückzufahren, mich irgendwo einzumieten und das Geschäft meines Vaters weiterzuführen.“
Himmel, es war ihr ernst! Sie wollte ihn wirklich verlassen. „Abby …“
„Wenn du mir das Geld nicht gibst“, fuhr sie unbeirrt fort, „werde ich diese Lady Brumley aufsuchen und die ganze Geschichte auffliegen lassen. Ich weiß, dass sie mir glauben wird. Und dann hast du deinen Skandal.“
Ihm war, als hätte sie ihm einen Schlag versetzt. „Hasst du mich so sehr?“
Sie schaute ihn betroffen an. „Ich hasse dich nicht.“ Tränen glitzerten in ihren Augen. „Aber … es ist mir wichtig, dass du begreifst, dass ich meine, was ich sage. Ich kann diese Komödie nicht länger mitspielen. Ich gehöre nicht hierher. Ich kann dir nicht helfen.“
„Doch, das kannst du. Du bist die Einzige, die das kann.“ Ohne wahrzunehmen, was er tat, ging er auf sie zu. Er wusste keinen Rat mehr und folgte nur noch seinem Instinkt. Es musste ihm gelingen, sie zum Verweilen in London zu bewegen. Bei ihm. „Du kannst nicht abreisen, noch nicht. Ich werde dich nicht gehen lassen.“
Er überlegte verzweifelt, mit welchem Argument er sie von der Notwendigkeit ihres Bleibens überzeugen konnte. „Was soll aus Evelina werden? Es mag dir gleichgültig sein, dass du einen Skandal über meine Familie bringst – aber was ist mit Evelinas Familie?“
Sie schluckte. „Es wird überhaupt keinen Skandal geben, wenn du mir einfach die fünfhundert Pfund zukommen lässt.“
„Glaubst du das wirklich?“ Er lachte schroff. „Denkst du nicht, dass die Leute sich wundern werden, wenn meine Frau mich nach nur einer Woche schon wieder verlässt? Wie soll ich das erklären?“
„Sag ihnen, dass wir nicht zusammengepasst haben.“ Ihre Stimme klang bitter. „Nach dem heutigen Abend wird dir das jeder glauben.“
Er war jetzt entschlossen, aufs Ganze zu gehen. „Ich werde dir keinen Penny geben. Bevor die Sache nicht ausgestanden ist, werde ich dich nicht gehen lassen. Erzähl dieser Klatschbase, was du willst. Nichts, was sie schreibt, kann schlimmer sein als das, was über mich geredet würde, wenn du mich jetzt verließest.“
Sie blickte ihn wütend an. „Gut. Dann gibst du mir eben kein Geld. Clara hat mir versprochen, dass ich bei ihr wohnen kann, bis dein Bruder wieder auftaucht. Wenn er wieder hier ist, werde ich ihn verklagen. Wie gefällt dir das?“
Verdammt, sie hatte Recht, sie hatte Lady Clara auf ihrer Seite! Sein Ärger verflog, und Resignation machte sich in ihm breit. Alles, was er jetzt noch sagte, würde Abby nur in seiner Abneigung gegen ihn bestärken.
„Was willst du?“ fragte er knapp. Bei dem Gedanken, sie zu verlieren, überkam ihn ein ungewohntes Gefühl der Verzweiflung. „Willst du, dass ich dich bitte? Möchtest du, dass der »allwissende Lord Ravenswood* vor dir auf die Knie fällt, damit du ihm so die Kränkungen des heutigen Abends heimzahlen kannst? Wenn du das willst, hast du schon gewonnen.“
Sie runzelte zweifelnd die Stirn. „Habe
Weitere Kostenlose Bücher