1601 - Die wilde Schlacht
zeigte.
Ich durfte auch nicht mein Kreuz einsetzen. Hätte ich es aktiviert, wäre mir ein Sieg gelungen, aber damit hätte ich zugleich Anna Eichler in große Gefahr gebracht.
»Bitte, John, tu nichts!«
Die Angst war aus ihrer Stimme deutlich herauszuhören. Sie brauchte jetzt eine Antwort, die ihr Sicherheit, gab.
»Keine Sorge, du kannst dich auf mich verlassen.«
»Es tut mir leid, ich…«
Ein schriller Schrei unterbrach sie. Der teuflische Engel hatte ihn von sich gegeben. Er echote durch das Kirchenschiff, und ich wartete, bis er verklungen war, dann stellte ich meine Frage, die an Anna gerichtet war.
»Weißt du, was er mit dir vorhat?«
»Nein, John…«
»Kannst du mit ihm kommunizieren?«
»Keine Ahnung. Er wird wohl nicht normal sprechen können, denke ich mir.«
»Davon kannst du ausgehen. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten, Kontakt aufzunehmen.«
»Welche denn?«
»Auf dem telepatischen Weg. Wundere dich nicht, wenn du seine Botschaft in deinem Kopf hörst.«
»Meinst du?«
»Es kann sein.«
»Bisher habe ich noch nichts gehört.«
Ich war froh, dass sich ihre Stimme wieder normalisiert hatte. Ihre große Furcht war verschwunden. Es war nun an der Zeit, dass sich die Gegenseite mal meldete.
Noch hörte ich nichts. Sekunden verstrichen, dann klang Annas leiser Ruf an mein Ohr.
»John, ich höre ihn.«
»Wo?«
»In meinem Kopf. Du hattest recht.«
»Und was will er?«
Die Antwort erfolgte nach einer Verzögerung, und sie klang gepresst.
»Mich…«
Ich schluckte. Eine feurige Welle fuhr durch meinen Körper. Ich wusste, dass es kein Bluff war. Aber ich wusste nicht, was der höllische Engel mit ihr vorhatte.
»Was will er von dir?«
»Ich weiß es nicht«, hörte ich die Antwort von der Decke. »Ich habe keine Ahnung.«
»Kannst du ihn nicht fragen?«
Pause. Möglicherweise versuchte sie es wirklich, aber sie sprach dabei nicht. Schließlich hörte ich wieder einen leisen Schrei. Dabei bewegte sich Anna im Griff der Gestalt.
Ich fürchtete schon, dass ihr Entführer sie loslassen würde, aber das trat nicht ein. Er hielt sie fest, was mich etwas beruhigte.
»Du sollst die Tür öffnen, John.«
»Okay. Will er weg mit dir?«
»Ich denke schon.«
»Und wohin?«
»Mein Gott, das hat er nicht gesagt. Tu es bitte, sonst wird er mich töten.«
Die Angst in der Stimme der Fotografin war nicht gespielt, und auch ich wusste genau, dass Anna sterben würde, wenn ich nicht tat, was ihr Peiniger wollte. Er würde sie sogar oben an der Decke töten. Welche Kraft in diesen Händen steckte, hatte ich bei dem Pfarrer gesehen.
Es dauerte Anna zu lange, und sie rief: »Hast du dich entschieden?«
»Ja.«
»Und?«
Es gab keine andere Möglichkeit. Ich musste die Tür öffnen. Das wiederum gab mir eine Chance. Um die Kirche zu verlassen, musste die Gestalt in die Nähe des Bodens. Da war es unter Umständen möglich, Anna aus ihren Klauen zu befreien.
Noch befand sie sich unter der Decke. Ich war sicher, dass jeder meiner Schritte beobachtet wurde, und deshalb hütete ich mich vor zu heftigen Bewegungen.
Gemessenen Schrittes ging ich auf die nicht weit entfernte Tür zu, und ich fragte mich dabei, warum der Entführer selbst diese Chance nicht genutzt hatte. So wäre es viel unkomplizierter gewesen, mit der menschlichen Beute zu entkommen. Er hatte es nicht getan. Vielleicht war ich zu schnell erschienen. Letztendlich war alles möglich. Wer konnte schon wissen, was im Kopf dieser Kreatur vor sich ging?
Ich zog die Tür auf.
Draußen lag noch immer die dicke Schneeschicht. Der Blick dorthin blendete mich, sodass ich für einen Moment irritiert war. Ich sah keinen Menschen nahe der Kirche und war froh, die erste Bedingung erfüllt zu haben.
Die Tür fiel nicht wieder zu. Sie blieb so stehen, wie ich es gewollt hatte.
Dann ging ich wieder zurück in die Kirche und blickte in die Höhe. Unter der Decke hatte sich nichts verändert. Nach wie vor blieb Anna Eichler in der Umklammerung dieser fremden Gestalt.
Jetzt war ich gespannt, wie es weiterging. Der andere wollte raus. Das beste Pfand hatte er, und nun… »John!«
Ich breitete meine Arme aus. »Ja, ich bin hier.«
»Da ist noch etwas.«
»Die Tür ist offen.«
»Ich weiß.« Die Antwort klang gequält. »Aber er will noch mehr.«
Ich war nicht mal überrascht. Mit etwas Ähnlichem hatte ich gerechnet.
»Was ist denn noch?«
»Du sollst deine Waffen ablegen. Du sollst zum Altar gehen und alles dort
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