1601 - Die wilde Schlacht
Haus.«
»Das ist gut. Dann will ich auch mal reingehen, obwohl es auch da nicht die absolute Sicherheit gibt, wie ich erleben musste.« Er suchte noch nach den richtigen Worten. »Noch eines dieser Monster haben Sie nicht zu Gesicht bekommen?«
»Zum Glück nicht.«
»Schön.« Er senkte den Blick. »Ich habe auch keinem Menschen etwas davon erzählt. Genau weiß ich nicht, was hier vorgeht. Da sind Sie mir bestimmt einen Schritt voraus. Aber ist es falsch, wenn ich sage, dass uns der Himmel beschützen möge?«
»Nein, das ist nicht falsch.«
»Danke, das reicht mir als Antwort.« Er fragte mich nicht, was ich noch vorhatte, und ging ins Haus.
Ich machte mich auf den Weg und hatte das Gefühl, dass sich Franz Eichler mehr Gedanken machte, als er es offen zeigte. Ich hatte noch einen Blick in seine Augen erhaschen können, und darin stand das Gefühl der puren Angst. Kein Wunder, denn er war von einer dieser Kreaturen angegriffen worden. Wahrscheinlich fühlte er sich auch schuldig, weil unter seiner Leitung die Sprengung durchgeführt worden war. Jetzt hatte er an den Folgen zu knacken.
Ich ging seitlich um das Haus der Eichlers herum. Nur so konnte ich die Rückseite erreichen. Da hatte ich den besten Blick, und als ich an einer bestimmten Stelle im hohen Schnee anhielt, sah ich genau das Bild, das ich schon kannte.
Ich dachte nur darüber nach, ob sich die lange düstere Zunge am Himmel genähert hatte. Das war leider nicht festzustellen. Sie hatte sich auch nicht gesenkt.
War sie dunkler geworden?
Das konnte sein. Ich bewegte mich nicht von der Stelle und konzentrierte mich einzig und allein auf das Gebilde am Himmel. Ich rechnete damit, dass sich darin etwas verbarg.
Aber so sehr ich auch schaute und mich dabei anstrengte, es tat sich nichts in der Wolke. Nicht in ihrem Innern und auch nichts an den Rändern. Hatte sich Anna Eichler geirrt? Das Aussehen der Wolke mochte darauf hinweisen, aber ich glaubte nicht daran. Anna war sensibilisiert worden. Auch das Verhalten ihres Vaters sah ich im nachhinein als ungewöhnlich an.
Da braute sich schon etwas zusammen.
Ich hielt mich nicht weit vom Haus der Eichlers entfernt auf und kam mir trotzdem recht einsam vor. Die weiße Fläche in meiner Umgebung wirkte nicht mehr so prächtig und bereit für eine Postkarten-Fotografie. Ich hatte eher den Eindruck, als läge ein leichter Grauschimmer über ihr, wobei ich nicht wusste, woher er gekommen war.
Der Wind wehte heran und strich über mein Gesicht. Er war nicht so kräftig, dass er die Schneekristalle von der Oberfläche aufgewirbelt hätte, aber er war schon zu spüren und hinterließ auf meiner Haut ein Frösteln. Ich drehte den Kopf. Dabei suchte ich die Sonne oder zumindest eine helle Stelle am Himmel, wo sie hätte sein können. Zu entdecken war nichts, denn auch die Weite über mir hatte sich mit einem Grauschimmer überzogen. Er gehörte nicht zur normalen Dämmerung. Es gab auch keine verschwommene Sicht, die gesamte Umgebung bis hin zu den fernen Bergen trat klar und deutlich hervor.
Und noch jemand war deutlich zu sehen. Eine hoch gewachsene und dunkle Gestalt, die über die weiße Fläche wanderte und sich allmählich dem Haus näherte.
Ich hatte sie zuvor trotz meines Rundblicks nicht gesehen, aber bei Raniel musste man immer mit Überraschungen rechnen.
Ich schaute ihm entgegen und wartete, bis er mich erreicht hatte. Bevor ich ihn ansprechen konnte, übernahm er das Wort.
»Du bist bereits da?«
Ich runzelte die Stirn, weil ich ihn nicht so genau begriff. »Ja, wie du siehst.«
Er nickte. »Und? Hast du es bereits gespürt?«
»Was soll ich gespürt haben?«
»Dass die andere Seite unterwegs ist. Und sie muss nicht warten, bis es dunkel wird. Sie hat alles im Griff, John.«
Ich wies in die Höhe. »Du meinst die Wolke?«
»Was sonst?«
»Und was ist damit? Kannst du es mir genauer erklären, wenn du schon mal hier bist?«
Der Gerechte blickte mich an. Seine Hände hatte er dabei auf den Schwertgriff gelegt. Die Augen waren leicht verengt. Er wirkte wie jemand, der sehr konzentriert ist und trotzdem noch über etwas nachdachte.
»Sie sind in der Wolke, John. Sie verstecken sich dort. Sie kommen langsam näher, aber sie kommen.«
»Auch der Urteufel?«
Er lachte scharf. »Wie kannst du das fragen? Natürlich ist er dabei. Er führt die Armee an.«
Ja, er führte die Armee an. Wie hätte es auch anders sein können, bei einem Wesen, das der wilden Schlacht
Weitere Kostenlose Bücher