1601 - Die wilde Schlacht
dich nicht geirrt.«
Sie war neugierig. »Und, John? Ist etwas geschehen? Entschuldige meine Neugierde, aber ich würde es gern wissen.«
»Ich habe mich vorbereiten müssen.«
»Und wie?«
»Mehr innerlich.«
»Hast du denn so etwas wie einen Weg oder einen Trost gefunden? Beides ist wichtig.«
»Das streite ich nicht ab. Es geht mir vor allen Dingen um den Trost. Und den habe ich wohl gefunden.«
»Das ist gut.« Sie meinte es ehrlich. Das war ihr anzusehen. »Und wie hast du es geschafft?«
Ich hob die Schultern. »Es ist leicht, dir eine Erklärung zu geben, aber es ist nicht einfach, diese zu begreifen.«
»Versuch es trotzdem, bitte. Ich denke, dass wir in einer Lage wie dieser zusammenhalten müssen.«
»Ja, das finde ich auch.« Anna Eichler war eine Frau, der ich vertrauen konnte und auch musste. Und so erfuhr sie von mir, welche Botschaft mir das Kreuz übermittelt hatte.
Ihre Augen weiteten sich. »Himmel, das klingt ja wie ein Wunder.«
Ich nickte. »Tja, Anna, manchmal glaube ich es selbst.«
Sie lehnte sich auf dem Bett zurück und legte die Hände gegen ihre Wangen.
»Erzengel«, flüsterte sie, »das - das - hinterlässt bei mir einen Schauder. Wie gesagt, ich bin nicht besonders gläubig. Durch meinen Job habe ich eine Kruste auf meine Seele bekommen. Die ist jetzt gebrochen. Engel und Erzengel - das erinnert mich wieder an meine Kindheit hier im Dorf. Besonders zu Weihnachten. Haben Engel nicht die Frohe Botschaft verkündet?«
»Ja, so steht es geschrieben.«
»Und jetzt hast du ebenfalls eine Botschaft erhalten.«
»Die man auf keinen Fall mit der biblischen vergleichen kann.«
Anna winkte ab. »Das ist mir egal, John. Was du mir gesagt hast, hat auch mir Hoffnung gegeben. Möglicherweise können wir es doch schaffen. Was meinst du?«
»Nicht wir.«
Sie war irritiert. »Was bedeutet das?«
»Ich denke, dass du außen vor bist. Es ist mehr eine Sache, die Raniel und mich etwas angeht. Wir beide müssen uns stellen. Du solltest dich zurückhalten.«
»Aber ich stecke doch mit drin, John. Ich habe diesen Teufel gesehen. Ich stand vor ihm und schaute in seine glühenden Augen. Ich weiß über ihn Bescheid und er über mich. Das musst du doch einsehen. Ich glaube nicht, dass ich mich heraushalten kann. Außerdem wollte man mich holen. Diese beiden Geschöpfe haben mich bestimmt nicht zufällig überfallen.«
Davon war ich nicht überzeugt. »Was denkst du, hätte dahinterstecken können?«
»Ich war eine Zeugin, John. Ja, das kann man nicht bestreiten. Deshalb, so glaube ich, wollte man mich holen und auch opfern.«
Ich wusste nicht, ob sie recht hatte. Es war alles möglich. Wir kannten schließlich die Pläne der anderen Seite nicht. Selbst Raniel musste da passen.
»Wie du es auch drehst und wendest, John, ich stecke mit drin. Ich bin nicht stolz darauf, es macht mir auch keinen Spaß, aber ich sehe keine Chance, dem zu entkommen.«
»Ja, das kann sein.«
»Und deshalb wirst du mich nicht los, John. Das würde die andere Seite auch nicht zulassen.« Sie nickte, stand auf und bewegte sich auf das Fenster zu. Stumm beobachtete sie die Umgebung und sagte dann mit leiser Stimme: »Es ist eine so traumhaft schöne Landschaft. Eine winterliche Idylle. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es damit vorbei sein soll.«
Ich wollte ihr Hoffnung machen und sagte: »Keine Sorge, Anna, es wird zurückkehren.«
»Meinst du?«
»Man muss dran glauben.«
»Aber glauben heißt nicht wissen. Wenn die andere Seite zuschlägt, wird es keine Hoffnung mehr geben. Davon gehe ich aus. Sie ist so mächtig. Der Vorgang in der Kirche war banal, wenn man das Eigentliche betrachtet, das auf uns zukommen wird.«
»Gut, Anna, das ist alles noch eine Theorie. Und noch haben wir Zeit. Es steht auch nicht fest, ob die andere Seite tatsächlich bei Anbruch der Dämmerung zuschlägt. Du könntest…«
»Nein, John. Ich kann nicht.«
Ihre Stimme hatte so hart und entschlossen geklungen, dass ich mich wunderte.
»Was ist denn los?«
»Bitte, komm mal zum Fenster.«
»Und dann?«
Sie drehte mir den Kopf zu. »Komm, das musst du sehen.«
Jetzt machte mich ihr Verhalten misstrauisch. Während unseres Gesprächs hatte sie kein Gefühl der Angst gezeigt. Das war jetzt nicht mehr der Fall. In ihrem Gesicht erkannte ich zudem eine gewisse Unsicherheit.
»Was ist denn?«
Sie trat zur Seite, damit ich eine bessere Sicht hatte.
»Schau es dir selbst an, John.«
Ich warf einen Blick durch das gekippte
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