1602 - Die Lady aus der Hölle
gewesen. Er wusste, dass es keinen Weg zurück gab. Wenn man ihn jetzt erwischte, gab es keine Ausrede mehr.
Lester steckte den Umschlag ein. Die Innentasche seiner Jacke war geräumig genug. Jetzt musste er nur die paar Schritte zur Tür gehen und dann verschwinden.
Es war alles so einfach. Niemand hatte ihn gesehen, niemand würde ihn sehen.
Das dachte er…
Er wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass man ihm bereits auf der Spur war. Er war eben zu gut, ein Perfektionist. Er wusste auch, wo sich die Kameras befanden.
Dass zusätzliche Sicherungen eingebaut sein könnten, daran dachte er nicht. Es hatte in seinem beruflichen Leben bisher alles geklappt, und das hier sollte der große Coup werden.
Er wandte sich dem Ausgang zu. Es war eine Tür aus Glas. Dahinter lag ein Flur. Von dort waren es nur wenige Schritte bis zu einem der Lifts.
Drei Etagen musste er hinter sich lassen, dann war die Sache so gut wie gelaufen.
Er ging auf die Tür zu.
Und da geschah es.
Plötzlich sah er wieder das Gesicht. Aber nicht nur das. Auch der Körper war zu sehen. Ein heißer Schreck durchfuhr ihn. Es war eine Frau, und ihr Gesicht war etwas Besonderes und Widerliches.
Die rechte Seite bestand aus Knochen.
Sein Atem stockte. Wie nebenbei nahm er den Körper wahr. Er war mit einem Kleid bedeckt, dessen Saum die Knie umspielte. Ob auch die Gestalt aus Knochen war, sah er deshalb nicht, aber ihm fiel etwas anderes auf.
In der Hand hielt die Person ein Messer.
Und dessen Spitze zeigte genau auf ihn!
***
Der Raum hatte keine Fenster. Es gab Betonwände, ein eher indirektes Licht und verschiedene Monitore, die die Bilder wiedergaben, die von den Augen der Kameras geliefert wurden.
Büros wurden überwacht. Leere Räume in der Regel, wobei es bei einem Raum nicht der Fall war. Denn dort befand sich ein Mann namens Richard Lester.
Um ihn ging es.
Und um eine Frau, die Jane Collins hieß und vor einem der Monitore saß, um einen Mann zu beobachten, der sich nicht wie ein Dieb verhielt, sondern ganz normal vor dem Bildschirm saß und arbeitete. Nur hatte er um diese Zeit da nichts zu suchen. Er besorgte sich Informationen auf eine noch altmodische Art und Weise, denn der Drucker spuckte das aus, was nicht für fremde Augen bestimmt war.
Jane Collins dachte daran, dass dieser Mann irgendwie verrückt war. Er war Angestellter dieser Firma, aber er wollte sie hintergehen und Unterlagen stehlen.
Genau das hatten gewisse Leute vorausgesehen und Jane Collins engagiert. Sie verdiente ihr Geld als Detektivin und nahm die verschiedensten Aufträge an.
Hier ging es um Industriespionage. Ein gewisser Richard Lester sollte auf frischer Tat ertappt werden. Nur wollte die Firmenleitung das nicht allein dem Sicherheitspersonal überlassen. Man hatte noch eine Detektivin engagiert, und Jane war dies gar nicht mal so unrecht gewesen, denn die Arbeit wurde gut bezahlt und war mal wieder was Neues, auch wenn sie stundenlang im Überwachungsraum bocken musste, zusammen mit den vier Männern vom Sicherheitspersonal Sic waren eingeweiht und konnten sich nur darüber wundern, dass Jane mich als zusätzliche Detektivin engagiert worden war. Zuerst hatten sie gedacht, dass sie kontrolliert werden sollten oder man sie nicht für fähig genug hielt, aber ein Telefonanruf aus der Firmenzentrale hatte sie beruhigt.
Der Chef der kleinen Truppe hieß Marc Burton. Er stand hinter Jane Collins. Mit seinem breiten Körper und dem knochigen Gesicht konnte er Menschen schon Furcht einjagen. Hinzu kam die dunkle Uniform, die für einen gewissen Respekt sorgte.
»Der ist doch blöd«, zischelte Burton. »Der weiß doch, dass er unter Kontrolle steht.«
»Vielleicht auch nicht.«
»Wieso? Er muss sich hier auskennen.«
»Schon klar. Möglicherweise fühlte er sich zu sicher. Wer kann schon in den Kopf eines Menschen hineinschauen?«
»Jedenfalls ist er für mich durchgedreht.«
»Klar. Wer ist das nicht?«, murmelte Jane. Irgendwie gab sie dem Mann recht. Durchgedreht waren viele Menschen, und es wurden immer mehr, das stand auch fest.
Die Welt war verrückt. Davon konnte gerade eine Frau wie Jane Collins ein Lied singen.
Die anderen drei Männer konzentrierten sich auf die übrigen Monitore.
Es war auf den Bildschirmen alles okay. Niemand schlich durch die Büros und geriet in den Bildausschnitt der Kameras.
Es wollte ihr einfach nicht in den Kopf, dass sich jemand so verhielt. Das war nicht zu fassen. Da hatte sich jemand völlig überschätzt,
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