1602 - Die Lady aus der Hölle
Flur, um zur Treppe zu schauen.
Der Schrei war verklungen, aber wir hörten Stimmen. Sie warnten uns.
Wir hörten auch das Stöhnen und Jammern einer Frau.
Ich spitzte die Ohren, als ich den Klang der Stimmen vernahm.
Es hörte sich fremd an. Das waren keine Landsleute von uns. Sie stammten aus dem osteuropäischen Raum.
Die Tür zum Wohnraum lag links von uns. Wir hatten die Stimmen auch deshalb hören können, weil sie offen stand, und jetzt gelang uns der erste Blick über die Schwelle.
Mandy Lester hatte Besuch bekommen. Zwei Männer in Ledermänteln standen leicht gebeugt vor ihr und drehten uns ihre Rücken zu. Mandy saß in einem Sessel. Ihr Jammern tat selbst uns weh. Und die Worte, die sie zu hören bekam, erlebten wir fast wie eine geistige Folter.
»Wenn du nicht redest, dann werden wir dir deine Ohren abschneiden. Und glaube mir, wir bluffen nicht.«
Mandy Lester wand sich unter großen Schmerzen. Sie holte Luft, um reden zu können und flüsterte schließlich: »Ich weiß doch nichts. Ich habe keine Ahnung. Mein Bruder und ich lebten nicht zusammen.«
Darauf ließen sich die beiden nicht ein. »Er hat für uns gearbeitet. Er hat es versprochen. Aber er war zu gierig. Er wollte noch mehr Geld. Das ist nicht drin.«
»Ich habe kein Geld.«
»Wo sind seine Unterlagen?«
»Mein Bruder ist tot! Und ich weiß nicht, wer ihn umgebracht hat!«
»Er hat etwas hinterlassen.«
»Das weiß ich nicht.«
»Jeder hinterlässt etwas. Und du bist seine einzige Verwandte gewesen. Es ist vorbei. Wir lassen uns nicht länger belügen.«
»Ich lüge nicht!«, schrie sie gequält auf.
Die beiden Hundesöhne kannten keine Gnade. »Wir nehmen uns zuerst dein linkes Ohr vor. Danach kommt das rechte an die Reihe.« Der Sprecher hatte seine Waffe weggesteckt und stattdessen ein Messer hervorgeholt. Das waren Typen, die nicht blufften und aufs Ganze gingen. Wenn wir noch länger warteten, würde Blut fließen.
Das taten wir nicht.
Ich trat einen langen Schritt vor und drückte dabei die Tür weiter auf.
Leise war ich nicht, aber die Eindringlinge waren so in ihre Aufgabe vertieft, dass sie mich nicht hörten.
Bis ich sie ansprach: »Sie weiß wirklich nichts…«
***
Es war wie der berühmte Paukenschlag, der die Stille zerstörte und die Typen in den Ledermänteln handeln ließ.
Nicht sofort, denn es dauerte zwei, drei Sekunden, bis sie ihre Überraschung verdaut hatten. Dann aber wirbelten sie herum.
Sie rissen in der Bewegung ihre unterschiedlichen Waffen hoch - und erbleichten, als sie die Mündungen von zwei Pistolen auf sich gerichtet sahen.
»Eine Bewegung, und ihr seid tot!«
Sie waren keine Amateure, sie wussten genau, wann sie verloren hatten.
In diesem Fall war ihnen klar, dass wir die besseren Karten in den Händen hielten.
Sie sagten kein Wort. Selbst das Atmen schienen sie zu vergessen. Zumindest hörten wir nichts.
Harte Gesichter. Kalte Augen.
»Und jetzt werdet ihr eure Waffen vorsichtig zu Boden legen und sie wegtreten!«, befahl ich.
Sie starrten uns an. Aber die Pistolen in unseren Händen waren nicht zu übersehen, und deshalb wussten sie genau, was die Stunde geschlagen hatte.
Beide kamen dem Befehl nach. Dabei bewegten sie sich langsam, als hätten sie es geübt. Die Pistole mit dem Schalldämpfer landete ebenso auf dem Boden wie das Messer. Noch bevor beide weggetreten werden konnten, übernahm ich wieder das Wort.
Ich sprach den Messermann an. »Ich glaube nicht, dass Sie sich mit einem Messer zufrieden geben. Ich will, dass Sie alle Waffen ablegen, die Sie bei sich tragen. Ist das klar?«
»Er hat noch eine Pistole«, flüsterte Mandy Lester.
»Na bitte«, sagte ich. »Dann raus damit!«
Der Typ kochte innerlich. Sein Gesicht zeigte plötzlich eine gewisse Röte, aber er gehorchte und holte tatsächlich ein mit einem Schalldämpfer bestücktes Schießeisen hervor.
Auch die Pistole landete auf dem Boden. Jetzt mussten die Dinger nur noch weggetreten werden.
Ich brauchte meinen Befehl nicht zu wiederholen. Es klappte wie am Schnürchen. Die Waffen verschwanden außer ihrer Reichweite.
Jane und ich atmeten auf. Ein weiterer Befehl sorgte dafür, dass sie die Arme anhoben und die Hände im Nacken verschränkten.
»Halt du sie in Schach, Jane.«
»Und was willst du?«
»Ihnen Handfesseln anlegen.«
Die leichten, aber sehr stabilen Achten aus Kunststoff trug ich immer bei mir. Vom Gewicht her waren sie kaum zu spüren. Wenn sie einmal festsaßen, ließen sie sich auch
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