1606 - Der Spieler und die Kartanin
viel zu heiß.
Sie liebten die Kälte und die Trockenheit, die Dämmerung und die Nacht. Im Augenblick herrschte in dieser Stadt von allem das genaue Gegenteil. Es war schwül, und die Sonne brannte.
Tes-Tui-H'ar flog den Schweber nach Westen. In der Tat kam das einzige größere Gebäude rasch in Sicht. Es handelte sich um eine Lagerhalle mit angesetzten Wohnräumen, so primitiv wie alles andere hier.
Vor dem Gebäude landeten sie.
Zwei bewaffnete Wächter hielten sie auf. Von einer Sekunde zur anderen starrten Dao-Lin und Tes-Tui-H'ar in aktivierte Strahlermündungen. „Ich möchte mit eurem Ältesten reden", erklärte sie unbeeindruckt. „Nennt ihm nur den Namen Dao-Lin-H'ay. Dann wird er mich vorlassen."
Einer der Wächter verschwand für einen Augenblick, kehrte aber kurz darauf zurück, als er seine Nachricht weitergegeben hatte. Die Kartanin warteten ab, in brütender Hitze und mit sehnsüchtigen Blicken ins kühle Innere des Gebäudes. „Die beiden sind keine Gegner", raunte Tes-Tui leise. „Nehmen wir ihnen die Waffen ab! Gehen wir hinein!"
„Auf keinen Fall. Wir warten."
Der andere akzeptierte ihre Entscheidung ohne Diskussion.
Zehn Minuten später wurden sie hineingebeten. Eine Gruppe von Bewaffneten führte sie tief ins Gebäude, vorbei an Lebensmittellagern und Labors. Sogar hier herrschte noch die Hitze, in weit größerem Maß, als sie befürchtet hatten. Und kurz darauf standen sie vor einem Vennok, dessen Hautfalten wie nasse Lappen vom Körper hingen. Er trug nicht mehr als ein paar Tücher, die er sich rund um den Hüftbereich zusammengeknotet hatte. Von den Hautfalten perlten dicke Schweißtropfen. „Laßt uns allein!" befahl der Alte. „Aber..."
Der gepfiffene Einwand wurde mit einer knappen Geste beiseite gewischt.
Als sie allein waren, ließ sich der Alte auf einem niedrigen Sessel nieder. Aus einer Karaffe nahm er tiefe Schlucke einer unbekannten zähen Flüssigkeit. Die Besucher ließ er stehen; ungeniert musterte er die Erscheinung der beiden Kartanin. „Ich habe mich oft gefragt", sagte er dann, „wie die berühmte Dao-Lin-H'ay wohl aussieht. Die Galaktische Rätin für Hangay, nicht wahr? Aber ich sehe nur zwei Fellwesen, denen viel zu heiß ist..." Er stieß etwas aus, was bei den Vennok wahrscheinlich als Kichern galt. „Wer von euch beiden ist Dao-Lin?"
Sie trat vor, Tes-Tui-H'ar blieb zurück. „Ich bin es. Und wie ist dein Name?"
„Keoghii. Ja, so darfst du mich nennen. Mich interessiert brennend, weshalb du den Weg in dieses Loch auf dich genommen hast."
„Ich bin hergekommen", erklärte sie, „um einen drohenden Krieg zu verhindern."
„Das kannst du nicht."
„Ich denke, daß ich das sehr wohl kann. Ihr und die Mamositu, ihr greift beide auf Militärberater aus dem Volk der Kartanin zurück. Ich weiß, daß ihr beide im Grunde kein kriegerisches Volk seid, die Mamositu noch weniger als ihr..."
„Du hast nur teilweise recht. In meinem Volk gewinnen die Generäle an Macht und Einfluß. Aber die Generäle sind weit weg, und ich bin der Kriege tatsächlich müde. Mein Leben hat lange gedauert.
Es soll natürlich, nicht durch einen Strahlschuß enden. Krieg hat viel zu lange geherrscht."
Keoghii ächzte und reckte seine Muskeln. Er streckte eine Hand nach der Karaffe aus und trank wieder in ermüdend langsamen Schlucken. „Ich sorge dafür, daß eure Militärberater sich zurückziehen", sagte Dao-Lin. „Dann wird der Aggression ein Teil des Nährbodens entzogen."
„Wenn das deine Absicht ist, Dao-Lin-H'ay, wirst du dieses Gebäude nicht lebend verlassen. Alt bin ich, aber kein Dummkopf. Ich dulde nicht, daß du den Mamositu einen Vorteil verschaffst."
„Es ist dennoch meine Absicht. Aber es werden alle Berater verschwinden, bei Vennok und Mamositu zugleich. Niemand wird hinterher im Vorteil sein."
Keoghii bewegte sich unruhig. Er zuckte mit den Flügeln in alle möglichen Richtungen, und sein Rüssel bewegte sich sinnlos auf und ab. „Wenn du denkst, daß du das bewirken könntest, wäre es ein Signal..."
„Ja, genau das glaube ich auch. Die Fronten werden aufbrechen. Ihr werdet sehen, daß es möglich ist, auch ohne militärische Bedrohung zu einem Ergebnis zu kommen. Die Mamositu wollen keinen Krieg. Bomben und Schüsse gefährden nur ihre Ware."
„Ich will diesen Krieg ebenfalls nicht. Aber Hollerdass gehört meinem Volk. Wir waren es, die Hollerdass vor sechzig Jahren in Besitz nahmen. Also liegen bei uns auch die Schürfrechte. Nicht bei
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