1607 - Totenlied der Diva
Handy hatte sich gemeldet.
Der Anruf erreichte mich aus Südfrankreich, was ich auch flüsternd bekannt gab, bevor ich mich meldete und zugleich den Lautsprecher anstellte.
Drei Köpfe beugten sich gespannt vor, um mir zuhören zu können. Und jeder von uns vernahm Sophie Blancs Stimme, die alles andere als fröhlich klang.
»John…?«
»Ja.«
»Mein Gott, ich weiß jetzt, wer sich hinter der Gestalt dieses Landru verbirgt.«
Da zuckten wir alle zusammen, denn das war eine Neuigkeit, mit der keiner von uns gerechnet hatte.
»Und wer ist es?«
»Eine Sängerin und ein Sänger. Eine männliche Diva. Man kann auch Zwitter sagen.«
»Was?« Das eine Wort drang als Schrei aus meinem Mund, und ich sah, dass meine Freunde eine angespannte Haltung einnahmen. Sie schienen plötzlich vereist zu sein.
»Ja, du hast richtig gehört.«
Ich pustete den Atem aus und wusste, dass mein Blick hart geworden war.
»Weißt du mehr, Sophie?«
»Ich denke schon. Deshalb rufe ich auch an. Es ist alles sehr verzwickt und letztendlich trotzdem zu begreifen. Hast du Zeit, mir eine Weile zuzuhören?«
»Natürlich.«
Ich hörte zu. Aber nicht nur ich. Auch meine Freunde bekamen jedes Wort mit und ich sah, wie ihre Gesichter immer mehr zu Masken wurden.
So erfuhren wir, wie es Godwin ergangen war und dass seine Frau noch immer den Kontakt zu ihm hielt, weil sie den Würfel besaß, der sie nicht im Stich gelassen hatte.
»Godwin gibt nicht auf, John. Er will diese Welt verlassen, aber nicht ohne Landru. Er hat ihn mitgenommen, weil er ihn aus diesem Kreislauf herausbringen will.«
»Schafft er das denn?«
Im nächsten Moment trat eine kleine Pause ein. Wahrscheinlich musste Sophie erst nachschauen.
»Ja«, sagte sie dann. »Wie ich sehe, sind sie unterwegs. Bisher ist alles gut gegangen.«
Ich fragte noch mal nach. »Und das genaue Ziel ist dir nicht bekannt, oder?«
»Nein, John. Ich kann nur hoffen, dass Godwin es schafft. Auch dass der Knochensessel und der Würfel die entsprechende Verbindung halten. Sonst kann es grausam werden.«
»Ja, ich weiß.«
Sophie dachte nicht nur an ihren Mann, sie wollte auch wissen, wie es bei uns war.
»Wir werden sehen. Eine dieser Gestalten existiert nicht mehr. Sie konnte vernichtet werden.«
»Dann sind sie nicht unbesiegbar?«
»So ist es.«
»Das gibt mir wieder Hoffnung.« Sie stöhnte leise auf. »Ich versuche, auf der Spur zu bleiben. Sollte sich etwas ereignen, rufe ich dich wieder an.«
»Ja, tu das.«
Das Gespräch war beendet. In Bills Arbeitszimmer schauten wir uns gegenseitig an.
»Bringt uns das weiter?«, fragte Suko.
Ich steckte mein Handy weg. »Nicht unbedingt. Wir wissen jetzt, wer dieser Landru ist.«
»Klar«, sagte Bill. »Einer, der ebenfalls tot ist und trotzdem noch lebt oder existiert.«
»Ein Sänger«, fügte Johnny hinzu. Er hob die Schultern. »Irgendwie verstehe ich das alles nicht.«
»Es ist auch nicht leicht«, sagte ich. »Aber wir hatten schon mal das Problem. Der Schwarze Tod ist in diese Welt geholt worden, in die Parallele. Eine Welt, die der unseren gleicht. Gegründet von den Verstoßenen, die ihr Reich immer mehr der unseren Welt angepasst haben. Es gibt sie, aber sie ist bisher nur wenig in den Vordergrund getreten, und das ist auch gut so. Man kann auch sagen, dass sie eine Welt unter vielen ist. Wir wissen ja nicht, wie viele Dimensionen und andere Welten oder Reiche noch existieren. Ebenso wenig, wie niemand die Zahl der Engel genau benennen kann, wobei einige Menschen der Meinung sind, dass sie in die Trillionen gehen. Das soll uns nicht kümmern. Die spezielle andere Seite bleibt für uns wichtiger, wobei ich zugeben muss, dass ich mich geirrt habe. Ich hatte gedacht, dass diese Welt der verlorenen Engel nicht mehr existieren würde.«
Suko mischte sich ein. »Ich glaube, dass wir damals nur einen Teil zerstört haben, und gehe weiterhin davon aus, dass sie verschiedene Gesichter hat.«
»Das wird wohl leider so sein«, murmelte ich.
»Und sie hat verschiedene Bewohner, die sich von Menschen nicht unterscheiden«, fügte Suko hinzu. »Und genau das kann sehr gefährlich werden.«
Das stimmte. Es war nur zu hoffen, dass wir auch diesmal die Sieger blieben. Zumindest Teilsieger.
Bill stand mit einem Ruck auf. »Verdammt, ich wollte doch nach Sheila schauen.«
»Wo kann sie denn sein?«, fragte ich.
»Sie habe sie ins Schlafzimmer gebracht, wo sie sich etwas ausruhen wollte.«
»Dann komm.«
Wir hatten es beide plötzlich
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