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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Tisch sprangen auf, und als ein feines Tischtuch sich entzündete, schrie eine Frau.
    Gerechtigkeit und Vernunft erschienen vor uns und drehten sich in ihren weiten Kostümen so, dass Prinz Heinrich vor dem Publikum verborgen war. Verzweifelt dachte ich: Warum habe ich es ausgerechnet jetzt mit Schauspielern zu tun, deren Leidenschaft für ihre Kunst selbst das Verlangen überwog, die Beine in die Hand zu nehmen und einfach nur loszurennen?
    Heinrichs Blick glitt über mich, ohne mich zur Kenntnis zu nehmen, und seine Hand wanderte in das aufgeknöpfte Wams.
    Ich lächelte grimmig, als die Mehrzahl der Lichter flackerte und verlosch, Dunkelheit sich in der Höhle ausbreitete und erste Schreie ertönten. Ich packte James mit beiden Händen und riss seinen schweren Leib herum, sodass er hinter mir stand und ich ihn mit meinem Körper vor seinem Sohn abschirmte. Wenn ich einen sechzehn Jahre alten Welpen nicht entwaffnen kann …!
    »Heinrich! Kind!« James löste sich aus meinem Griff, als ich mich anschickte, ihn zu verteidigen, und drängte an mir vorbei dem Jungen direkt in den Weg.
    Prinz Heinrich stieß hart und brutal zu.
    Die Spitze traf James in den Bauch.
    Der englische König grunzte und blickte an sich hinunter.
    Ich schlug mit dem Knauf meiner Waffe auf Prinz Heinrichs Knöchel, und sofort flog sein Dolch in die Dunkelheit davon. Er rang mit den Händen und starrte mich an; nun schaute er auf den Schauspieler neben seinem Vater …
    Ich schlug ihn.
    Im Gegensatz zu dem jungen Prinzen kannte ich keine Hemmungen, jemandem ins Gesicht zu schlagen, egal ob nun mit der Faust oder der Klinge. Schließlich war das Gesicht die verwundbarste Stelle. Warum also sollte ich darauf verzichten, dort anzugreifen?
    Du darfst den Sohn des englischen Königs nicht töten, ermahnte ich mich selbst in einem Augenblick der Ruhe inmitten all des Chaos. Mein Schlag war nicht hart gewesen; ich hatte keine Knochen unter meiner Faust brechen gespürt. Ich fluchte, als Prinz Heinrich Stuart wie ein Sack nach hinten und in den Bach fiel.
    Wahrheit und Mäßigung wichen zurück und kreischten wie die Mädchen, als die sie verkleidet waren. Unser Teil der Höhle war voller dunkler Gestalten, die in der Dunkelheit entweder kämpften oder flohen. Die Vernunft schrie mit der brechenden Stimme eines heranwachsenden Jünglings:
    »Er hat den König getötet! Der König ist tot!«
    »Der König lebt!«, bellte ich noch lauter. Monsieur Saburo, Monsieur Hauptmann Spofforth, Ihr seid ein wenig spät dran …
    James stand einfach nur da, die Hände auf den Bauch gelegt, und starrte mit weit aufgerissenen Augen nach unten. Schweiß lief ihm über die Stirn. Grob riss ich ihn zur Seite und rieb ihm mit der Hand übers Wams. Ich fand kein Blut. Ja! Ein gutes Kettenhemd. Außer einem blauen Fleck wird er keinen Schaden davontragen …
    »Lauft, Euer Majestät!« Ich tat mein Bestes, ihn über den felsigen Untergrund in Richtung der Schauspielerhöhlen zu ziehen. Die Knie des Königs gaben nach – offenbar war es ihm unmöglich, die Beine zu bewegen –, und ich trat auf meinen Rocksaum und fluchte.
    »Ihr hattet Recht, Sire«, versuchte ich, ihn zu ermutigen. »Euer Sohn konnte Euch nicht ins Gesicht stechen.«
    Er sackte zu meinem Füßen zusammen und heulte wie eine Banshee.
    »Vermutlich ist das nicht gerade die beste Vorstellung«, sinnierte ich laut. Der Prinz wollte seinen Vater tot sehen und hatte versucht, ihm den Bauch aufzuschlitzen; viel tröstlicher als ein Stoß ins Gesicht war das auch nicht.
    Lärm ertönte am Haupteingang. Ich hob den Blick und sah über die Köpfe der anderen hinweg Licht flackern – Musketenläufe waren zu erkennen. Das war Saburo, und er hatte Hilfe mitgebracht.
    »Fast aufs Stichwort!« Mit dem Dolch in der Hand bezog ich über James Position. »Saburo! Zu mir! Hauptmann!«
    Cecils Männer schwärmten aus. Ich sah, wie zwei von ihnen einen Mann zum Höhlenausgang schleppten, und ich erkannte, die kleine, buckelige Gestalt des Obersten Ministers. In dem Licht, das die Bewaffneten mitgebracht hatten, sah ich, dass die Festtafel umgekippt war. Ein Mann schrie, als Feuer an seinem kurzen Mantel leckte. Alleyne spähte mit großen Augen vom Boden hinauf, während Mademoiselle Dariole durch den Bach platschte und dabei die Höflinge ignorierte, die von Cecils Männern an ihr vorbeigeschleppt wurden. Rapier in der rechten, Dolch in der linken Hand grinste sie wild über das ganze Gesicht.
    »Passt auf den König

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