Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
Vom Netzwerk:
gefunden?«
    »Nichts.«
    Saburo blickte mich nachdenklich an. »Wir könnten einen Bauernhof suchen und ein paar Pferde stehlen. Oder wir könnten einige Banditen erschlagen und uns ihre nehmen. Dann wären wir schneller, als wenn wir durch den Schlamm waten.«
    »Jetzt werden Wir schon zu Pferdedieben!« Das kam als ein lautes Stöhnen. »Wie genau sind Wir da eigentlich hineingeraten?«
    Dariole lächelte wissend. Ich drehte mich um und verneigte mich vor dem schottischen König von England. »Sire, wenn Ihr uns bitte die Richtung angeben wollt …«
    Plötzlich knackten Zweige, und ich wirbelte herum.
    Schwere Schritte stapften durch die Pfützen.
    Innerhalb von nur zehn Herzschlägen waren wir von allen Seiten von Männern umgeben, die uns aus Freude über den gelungenen Hinterhalt breit angrinsten. Aufgeregt redeten sie miteinander.
    Wenn man unvorbereitet ist, kommt selbst die schnellste Reaktion zu spät.
    Wir haben genau den dummen Fehler begangen, den Flüchtige oft begehen, wenn sie zu lange unter Spannung stehen. Irgendwann vergisst man die Gefahr einfach.
    Über den Lärm und das Plappern hinweg rief ich: »Keine Waffen!«
    Saburo und Dariole blickten mich verwirrt an.
    Ich sagte: »Das sind Bauern!«
    Das waren keine Männer in Jagdausrüstung, keine Männer im Wappenrock des Prinzen. Sie hatten weder Musketen noch Rapiere dabei – und auch keine Pferde. Sie waren zu Fuß, hatten sich mit Knüppeln durch das Unterholz geschlagen und trugen lange, einfache Mäntel und Lederhosen. Landvolk.
    »Eh«, grunzte Saburo. »Man tötet keine Bauern. Ja.«
    Hätte ich eine Silbermünze dabei, dachte ich, hätte ich uns vielleicht aus dieser Situation befreien können. Nichts ist leichter, als einen Bauern mit Geld auf seine Seite zu ziehen – jedenfalls in Frankreich, und ich nahm an, dass das in England nicht anders war. Die Hand voll Pennys von Cecils, die ich noch in den Stiefeln bei mir trug, würden uns in diesem Falle aber wohl kaum helfen.
    Mademoiselle Dariole verspannte sich, und ihre Hand wanderte unwillkürlich zum Heft ihrer italienischen Klinge.
    Aber ein Kampf würde ein paar der Bauern nur unnötig das Leben kosten, und uns würde man vermutlich mit den Knüppeln die Schädel einschlagen – und damit wäre dann auch James Stuart tot und Robert Fludd am Ziel.
    »Passt auf, was Ihr tut, Mademoiselle!«, warnte ich.
    Sie hielt inne. Ich sah, wie sie abzuschätzen versuchte, was ich von ihr erwartete.
    Langsam, sehr, sehr langsam nahm sie die Hand wieder vom Schwert.
    Ich hob die Stimme. »Wer von euch hat hier das Sagen?«
    Ein Mann schob sich nach vorn. Er trug eine Lederkapuze, von der Regenwasser tropfte. Das Haar darunter war ungewöhnlich kurz geschnitten. Falten umrahmten seine Augen, und ich nahm an, dass er viel Zeit im Freien verbrachte.
    Nach mehreren Jahren in den Niederlanden, wo Ladenbesitzer seit nunmehr einer Generation spanische Edelleute umbrachten, war ich von dem Vorurteil geheilt, dass ein Gemeiner einen Gentleman nicht töten könne. Ich schaute den Mann an. In einem Duell würde ich dich mit dem ersten Angriff töten aus Angst, du könntest mich mit dem zweiten erledigen.
    Der Mann war ungefähr in meinem Alter, Mitte vierzig, und er kniff die Augen zusammen, um uns der Reihe nach im nachlassenden Regen zu mustern.
    Er verlangte zu wissen: »Was zum Teufel seid ihr?«
    Ich konnte seinen Akzent kaum verstehen. Tatsächlich war ich mir noch nicht einmal sicher, ob er wirklich Englisch sprach.
    Ich schaute auf ihn hinunter und erwiderte in reinem Englisch und friedfertigem Tonfall: »Wir könnten Euch das Gleiche fragen, Master …«
    »Richard Anselm. Büttel dieser Gemeinde.«
    Eine Idee nahm in meinem Geist Gestalt an.
    Elegant verbeugte ich mich vor dem Mann.
    Mit den Autoritäten kleinerer Städte und Gemeinden hatte ich mich in meinem Leben schon oft auseinander setzen müssen. Selten gab es etwas Beschränkteres, Dümmeres und Stureres. Zum Glück, dachte ich, scheint dieser Anselm lediglich Letzteres zu sein.
    Ich deutete auf meine Gefährten und öffnete den Mund, um uns vorzustellen.
    Anselm ließ das nicht zu.
    »Ihr seid verhaftet«, sagte der Büttel. »Ihr alle. Wegen Landstreicherei.«

Rochefort: Memoiren
Dreißig
    »Fahrende Schauspieler«, verkündete ich.
    Die Steinplatten des Kirchenbodens fühlten sich kalt unter meinen Füßen an. Aufgrund der Dicke der Wände, der schweren Eichentür, vor der ich nun stand, und mangels eines echten Gefängnisses in diesem

Weitere Kostenlose Bücher