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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Samurai entgegen, zog den Hut ab und verneigte mich vor Seiner Majestät. »Über die London Bridge, Sire, und dann nach Whitehall?«
    Das war eine rhetorische Frage. Einen Augenblick später dachte ich: Warum habe ich bis jetzt eigentlich noch nicht gelernt, dass man Machtmenschen keine solche Gelegenheiten gibt?
    »Nicht nach Whitehall!«, erwiderte James Stuart mit fester Stimme. Er deutete mit dem Finger auf mich. »Habt Ihr die Nachrichten denn noch nicht gehört?«
    »Was für Nachrichten, Sire?«
    Er schnipste mit den fetten Fingern. »Bringt den Boten!«
    Alleyne, der unter all seinem Speck recht kräftig war, sprang vom Podium, packte einen dürren Pagen am Kragen und zerrte ihn zu uns. Der junge Mann war in dem Alter, da Hände, Füße und Nase zu groß für den Rest des Körpers sind, und er wurde abwechselnd rot und weiß ob der Behandlung, die ihm widerfuhr.
    »Feiglinge!« Der Junge weinte fast vor Zorn. Ich packte ihn am Kinn und drehte seinen Kopf in meine Richtung, um ihn zu mustern. Sein Gesicht war voller Wut. Die Farben seiner Livree waren die von Robert Cecil, Earl of Salisbury.
    »Was für Nachrichten verbreitest du?«, verlangte ich zu wissen.
    »Uns werdet Ihr nicht täuschen! Die Lords in Whitehall schicken jeden Soldaten los, den sie haben!«
    Vom Sattel hinab bemerkte James Stuart: »Offensichtlich lebt Robert Cecil noch, Master de Rochefort. Der Herr Minister hat eine Proklamation verfasst, die in jeder Stadtgemeinde verlesen werden soll.«
    Der Page riss sein Kinn aus meinem Griff. Mit brechender Stimme sagte er: »Lord Cecil warnt alle Einwohner, sich vor Euch Verschwörern zu hüten! König James ist tot. Gott schenke seiner Seele Frieden. Und dieser Mann ist einfach nur ein Schauspieler, ein Schwindler!«
    Neben mir murmelte Dariole gerade leise genug, dass James sie im Sattel nicht hören konnte: »Glaubt der Herr Minister nun, dass sein König tot ist, oder sitzt er jetzt schon beim neuen feist drin?«
    »Euer Majestät darf sich davon nicht abschrecken lassen«, drängte ich James. »Die tapferen Untertanen Eurer Majestät sind auf Eurer Seite …«, auch wenn sie mit ihren Waffen noch nicht einmal eine Katze ängstigen könnten. »Und ich bin sicher, dass die Truppen in Whitehall niemals auf ihren König feuern werden.«
    »Aye, aber wer ist der König hier?«, verlangte James zu wissen. »Ein Schwindler, Master de Rochefort. Sie nennen Uns einen Schauspieler! Dieser verdammte Robert Cecil und Unser Sohn … Ihre Soldaten werden den Schwindler niederschießen, und dann wird man Uns irgendwo verscharren!«
    Das königliche ›Wir‹ hätte man in diesem Fall auch durch ein ganz profanes ›uns‹ ersetzen können, sinnierte ich. Es bedurfte nur eines Mannes, der gewillt war, die Befehle zu befolgen und die Waffe auf seinen König zu richten …
    Über den Lärm einiger Trompeten hinweg, die ein paar Miliztrupps offenbar zu dieser Heerschau mitgebracht hatten, sagte ich: »Euer Majestät ist sehr weise.«
    »Aye. Das wissen Wir. Aber was nun, Master de Rochefort?«
    Saburo stieß ein Grunzen aus und bot an: »Nehmt Euch eine Burg in einem anderen Teil des Landes. Sammelt eine Armee um Euch, kommt zurück, und führt eine Schlacht. Nehmt die Hauptstadt mit Waffengewalt ein.«
    Ich suchte nach Dariole. Sie schaute sich die Bewaffneten an. Ich sah, wie sie bemerkte, dass wir alle drei sie anblickten: Spion, Samurai und König.
    »Und Eure Empfehlung, Mademoiselle?«, drängte ich sie. »Wie Caterina gesagt hat, seid Ihr die Unberechenbare unter uns.«
    Kurz presste sie die Lippen fest aufeinander. »Sagt mir, Messire: Wenn Ihr an Heinrichs Stelle wärt, in Whitehall, würdet Ihr den König töten?«
    Ich spürte, wie ich puterrot anlief. James warf mir einen Blick zu, der mir verriet, dass Cecil ihm gegenüber zumindest angedeutet hatte, dass ich etwas mit der Ermordung des Königs von Frankreich zu tun haben könnte.
    »Was das betrifft … Ich muss zugeben, das wäre möglich. Und nicht nur durch die Hand des Prinzen.«
    James Stuart nickte. »Cecil. Und Northumberland. Wie viele dieser Männer, glaubt Ihr, hat er um sich? Und Unser Prince of Wales. Er ist gerissen«, James Stuart seufzte, »Unser ältester Sohn. Für meinen Geschmack kommt er ein wenig zu sehr nach seinem Großvater. Wir glauben, wenn er Cecil hinter sich hat, werden Wir die Stufen des Palastes nicht lebend erreichen. Welchen Tag haben wir heute, Monsieur?«
    Nach kurzem Nachdenken antwortete ich: »Den 20. Juli,

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