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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Ihr werdet ihn nicht töten.«
    Sie hörte auf, den Reis und den Fisch zu kauen, stocherte stattdessen mit einem Stäbchen darin herum und schaute mich lange an.
    Dann aß sie weiter, ohne ein Wort zu sagen.
    Ich blickte zu Gabriel.
    Ah … ich verstand. Er hatte sie angewiesen, nicht mit mir zu streiten.
    Was ich mir vor allem wünschte, war, die Arme um sie zu legen, wie ich es in London getan hatte. Doch das – das wusste ich – wäre noch verheerender gewesen als ein Streit über einen abwesenden Robert Fludd.
    So lehnte ich mich zur Tür hinaus und bellte den Gang hinunter nach einem Krug Sake.
    Das Haus, in dem wir logierten, mochte ja von üblem Ruf sein, aber es war auch diskret. Die Tage vergingen. Nicht nur Europäer, sondern auch die hiesigen Samurai kamen dorthin, um das ekelhafte cha - Gebräu zu trinken, zu reden und zu spielen. Ich stellte mich mit allen gut, sofern mir das möglich war, und verbesserte dabei auch mein Wissen um die Sprache Nihons, weshalb ich bei den Einheimischen scheints willkommener war.
    Aber so sehr ich auch suchte, so sorgfältig ich mich auch erkundigte, niemand schien von einem Mann namens Robuta Furada oder von Tanaka Saburo gehört zu haben.
    An den Hof des Königs von Japan wollte ich mich jedoch nicht wenden. Ich ging davon aus, dass dieser sofort Fludd würde haben wollen, sollte er von ihm hören; doch mehr und mehr wurde mir klar, dass mir keine andere Wahl blieb.
    Nach unserer Landung hatte ich über einen holländischen Kaufmann eine Nachricht an einen Engländer mit Namen Adams gesandt, von dem es hieß, er stünde hoch in der Gunst des abgedankten Shoguns Ieyass. Nach mehreren Wochen begriff ich jedoch, dass ich weder eine Antwort noch Hilfe von ihm zu erwarten hatte.
    »Diese Leute können einen namban nicht vom anderen unterscheiden«, sagte ich zu Gabriel, als der Frühling nach Nagasaki kam. »Man sollte aber glauben, dass sie einen der ihren erkennen würden. Aber niemand hat etwas von Tanaka Saburo gehört.«
    »Vielleicht sind sie auf dem Weg hierher ertrunken.« Die Vorstellung schien Gabriel zu gefallen. »Sag ihr das, Raoul, dann können wir nach Hause gehen.«
    Dariole befahl einem einheimischen Schneider, ihr einen Anzug aus jenen Teilen zu machen, die – so erinnerte ich mich – Saburo kosode und kabakama genannt hatte: eine Art Hemd und Hose, nur wesentlich weiter als unsere Kleidung.
    Dariole zog die Sachen an, schlang sich einen langen Stoffgürtel um die Hüfte und hob sich damit trotz ihrer wie gekocht aussehenden Haut kaum noch von der Menge draußen ab.
    »Wie ich sehe, kleidet Ihr Euch immer noch wie ein Mann, Mademoiselle«, bemerkte ich und reichte ihr ihren Hut – eine große, breite Strohschüssel, die man umgedreht auf dem Kopf trug.
    »Ist Euch das noch nicht aufgefallen?« Sie deutete auf die Menschen, die an uns vorbeikamen. »Hier tragen alle das Gleiche.«
    Ein Grinsen erschien auf ihrem Gesicht, und ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das freute.
    »Ihr könntet genauso gut sagen, dass Ihr und Messire Gabriel versucht, Euch wie Frauen zu kleiden …«
    »Ihr könntet das sagen, aber wenn Gabriel in der Nähe ist, würde ich das an Eurer Stelle lieber lassen«, bemerkte ich. »Außerdem würde ich jetzt einfach einmal behaupten, dass man hier von Frauen nicht anders denkt als in Europa, auch wenn alle Kleider und Waffen tragen.«
    Dariole schnaufte verächtlich, schwieg aber, und nach einer Weile legte sie die Hand ans Rapier – eine Waffe, die, nebenbei bemerkt, zusammen mit nihonesischer Kleidung doch ein wenig … gewöhnungsbedürftig aussah.
    »Röcke und Unterkleider sind kein Gewand für einen Soldaten!«, bemerkte ich ein, zwei Tage später Gabriel gegenüber, als er es Dariole nachtat und ebenfalls kosode und hakama anlegte.
    »Ich habe ein Sprichwort in ihren Trinkhallen gelernt.« Gabriel grinste mich an, zog den weiten Hosenrock hoch und ließ mit lautem Donnern einen Wind fahren. »›Wohin soll in Stiefel und Hose ein Furz entfliehen?‹«
    Er klopfte sich die Schenkel und lachte so laut, dass ich schon glaubte, er würde ersticken. Das ist es, was an Dienern so peinlich ist … Als ich darüber nachdachte, dies gegenüber Mademoiselle Dariole zu bemerken, die am Hauseingang lehnte, brach diese mit der typischen Ausgelassenheit eines jungen Mannes ebenfalls in lautes Gelächter aus. So verzichtete ich auf jedweden Kommentar. Vierzig Jahre Erfahrung hatten mich wenigstens etwas an Vorsicht gelehrt.
    Außerdem war

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